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Hard News

Hard News

Titel: Hard News
Autoren: Jeffery Deaver
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Dann gehen Sie zur juristischen Fakultät oder machen Sie eine Kollekte zu seiner Verteidigung und holen ihn raus. Wir sind hier eine Nachrichtenabteilung. Sozialfälle gehen uns nichts an.«
    »Nein, das wäre eine echt gute Story. Und es wäre irgendwie, also …« Rune hörte ihre schwerfälligen Worte und verstummte. Die muss mich für ’ne Vollidiotin halten. Sutton zog die Augenbrauen hoch, und Rune fuhr vorsichtig fort. »Wenn wir ihn freibekommen, werden alle anderen Sender und Zeitungen unsere Meldung übernehmen.«
    »Unsere?«
    »Na ja, die von Ihnen und Current Events. Weil der Typ aus dem Gefängnis gekommen ist.«
    Sutton winkte ab. »Das ist eine kleine Story. Eine Lokalangelegenheit.« Sutton fing an, etwas auf das Blatt zu schreiben, das vor ihr lag. Ihre Handschrift war elegant. »Das ist alles.«
    »Na ja, wenn Sie vielleicht nur das an sich nehmen könnten.« Rune öffnete ihre Tasche und überreichte Sutton eine Mappe mit einer Zusammenfassung der Story. Die Moderatorin schob sie unter ihre Porzellankaffeetasse am anderen Ende des Schreibtisches und wandte sich wieder dem Dokument zu, das sie anfangs gelesen hatte.
    Vor dem Büro der Frau blickte die Sekretärin entsetzt zu Rune auf. »Wer sind Sie?« Ihre Stimme war schrill vor Schreck.
    »Wie sind Sie hier hereingekommen?«
    »Sorry, hab mich verlaufen«, sagte Rune bedrückt und ging weiter in Richtung der mit dunklem Holz verkleideten Aufzüge.
    Die Aufzugtüren hatten sich gerade geöffnet, als Rune eine Stimme wie Stahl auf Stein vernahm. »Sie«, rief Piper Sutton und zeigte auf Rune. »Hierher zurück. Sofort.«
    Rune eilte in das Büro zurück. Sutton ragte mit fast einsachtzig über ihr auf. Ihr war nicht aufgefallen, dass die Moderatorin so groß war. Sie hasste große Frauen.
    Sutton knallte die Tür hinter sich zu. »Setzen.«
    Rune gehorchte.
    Nachdem Sutton selbst Platz genommen hatte, sagte sie: »Sie haben mir nicht gesagt, dass es sich um Randy Boggs handelt.«
    »Er ist nicht berühmt«, sagte Rune. »Sie haben gesagt, Sie seien nicht interessiert an Leuten, die nicht …«
    »Sie hätten mir alle Fakten mitteilen müssen.«
    Rune schaute schuldbewusst. »Tut mir Leid. Das hab ich nicht bedacht.«
    »Schon gut. Boggs könnte eine Nachricht wert sein. Erzählen Sie mir, was Sie herausgefunden haben.«
    »Ich hab den Brief gelesen. Und mir die Bänder angeschaut – eines von dem Prozess und das von ihm im Gefängnis vor einem Jahr. Er sagt, er sei unschuldig.«
    »Und?«, blaffte Sutton.
    »Und das wär’s.«
    »Was meinen Sie mit ›das wär’s‹? Halten Sie ihn deshalb für unschuldig? Weil er es gesagt hat?«
    »Er hat gesagt, die Polizei hätte bei dem Verbrechen nicht richtig ermittelt. Sie hätten nicht versucht, noch mehr Zeugen zu finden und sie hätten sich keine Zeit genommen, um mit denen zu reden, die sie gefunden haben.«
    »Hat er das seinem Anwalt gesagt?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Und das ist alles?«, fragte Sutton.
    »Es ist einfach so, dass ich … ich weiß nicht. Ich hab mir sein Gesicht auf dem Band angesehen, und ich glaube ihm.«
    »Sie glauben ihm?« Sutton lachte. Sie öffnete eine Schublade in ihrem Schreibtisch und holte eine Packung Zigaretten heraus. Mit einem silbernen Feuerzeug zündete sie sich eine an und nahm einen langen Zug.
    Rune schaute sich in dem Raum um und versuchte, sich eine Antwort einfallen zu lassen. Von Piper Sutton gemustert zu werden fegte fast sämtliche Gedanken aus ihrem Kopf. »Lesen Sie den Brief« war alles, was sie sagte. Rune nickte in Richtung des Ordners, den sie der Frau gegeben hatte. Sutton fand ihn und las. »Das ist eine Kopie. Haben Sie das Original?«, fragte sie.
    »Ich dachte, die Polizei könnte ihn als Beweisstück brauchen, wenn er einen neuen Prozess bekommt. Das Original ist in meinem Schreibtisch eingeschlossen.«
    Sutton schloss den Ordner. »Ich schätze, ich habe da eine beachtliche Menschenkennerin vor mir«, sagte sie. »Was sind Sie, irgend so ein Gerechtigkeitsmedium? Sie spüren Schwingungen, dass der Mann unschuldig sei, und damit hat sich’s? Hören Sie, meine Liebe, auf die Gefahr hin, mich wie ein Journalistikprofessor anzuhören, lassen Sie mich Ihnen etwas sagen. Bei den Nachrichten gibt es nur eins, was zählt: die Wahrheit. Sonst nichts. Sie haben ein gottverdammtes Gefühl, dass der Mann unschuldig ist, gut, schön für Sie. Aber wenn Sie aufgrund von Gerüchten Fragen stellen, nur weil Sie irgendein geistiges Fax bekommen
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