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Hard News

Hard News

Titel: Hard News
Autoren: Jeffery Deaver
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beleidigen mich nur. Ich hätte nicht zu Ihnen kommen müssen. Ich hätte zur Konkurrenz gehen können. Ich hätte die Story einfach für mich behalten und selbst machen können. Aber …«
    Sutton lachte und hob die Hand. »Also bitte, Kleine, ersparen Sie mir das. Sie brauchen mir nicht zu zeigen, dass Sie Mumm haben. Den hat in dieser Branche jeder, sonst würde er binnen fünf Minuten auf dem Arsch landen. Sie können mir nicht imponieren.« Sie griff zu ihrem Füller und senkte den Blick auf das Dokument, das vor ihr lag. »Wenn Sie die Story machen wollen, wenden Sie sich an Lee Maisel. Sie werden dann für ihn arbeiten.«
    Mit klopfendem Herzen verharrte Rune einen Augenblick wie erstarrt. Sie beobachtete Sutton, die einen Vertrag überflog wie die Anzeigenseiten in der Sunday Times.
    »Sonst noch was?« Sutton hob den Kopf.
    »Nein«, sagte Rune. »Ich wollte nur noch sagen, dass ich ’ne super Arbeit abliefern werde.«
    »Wunderbar«, sagte Sutton wenig begeistert. »Wie war noch Ihr Name?«
    »Rune.«
    »Ist das ein Künstlername?«
    »So irgendwie.«
    »Okay, Rune, wenn Sie diese Story tatsächlich machen und nicht auf halber Strecke aufgeben, weil es zu viel Arbeit ist oder weil es zu schwierig ist oder weil Sie doch nicht genügend Mumm haben …«
    »Ich werde nicht aufgeben. Ich werde ihn freibekommen.«
    »Nein«, blaffte Sutton. »Sie werden die Wahrheit herausfinden. Wie immer sie auch aussieht, ob Sie ihn damit freibekommen oder ob sie beweist, dass er das Lindbergh-Baby gekidnappt hat.«
    »Genau«, sagte Rune. »Die Wahrheit.«
    »Wenn Sie das wirklich machen, sprechen Sie mit niemandem außer mit Lee Maisel und mir. Ich will regelmäßig Berichte über den Stand der Dinge. Mündliche. Nicht diesen Memo-Mist. Verstanden? Zu niemandem ein Wort. Das ist das Wichtigste, was Sie im Augenblick tun können.«
    »Die Konkurrenz wird nichts erfahren.«
    Sutton seufzte und schüttelte genauso den Kopf wie Runes Mathelehrer, als sie zum zweiten Mal durchgefallen war. »Ich mache mir keine Sorgen um die Konkurrenz. Ich mache mir Sorgen, dass Sie sich irren. Dass er tatsächlich schuldig ist. Wenn wir eine Story an einen anderen Sender verlieren, nun ja, das kommt vor; das gehört zum Spiel. Aber wenn ein Bericht, den wir drehen, ins Gerede kommt, und es stellt sich heraus, dass wir falsch liegen, dann geht es um meinen Arsch. Comprende, Süße?«
    Rune nickte und wandte besiegt rasch den Blick ab.
    Sutton löste die Spannung mit einer Frage. »Eines würde mich noch interessieren.« Sie hörte sich amüsiert an. »Wissen Sie, wen Boggs ermordet haben soll?«
    »Ich habe den Namen gelesen, kann mich aber nicht genau dran erinnern. Aber ich werde …«
    Sutton schnitt ihr das Wort ab. »Sein Name war Lance Hopper. Sagt Ihnen das irgendetwas?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Das sollte es aber. Er war Leiter des Nachrichtensenders hier. Er war unser Boss. Ist Ihnen jetzt klar, wieso Sie mit dem Feuer spielen?«

4
    Lee Maisel war ein massiger, kahl werdender, bärtiger Mann Mitte fünfzig. Er trug eine braune Hose und eine Tweedjacke über einem Button-Down-Hemd ohne Krawatte und einem abgetragenen burgunderrot-beigen Pullover. Er rauchte eine von Alter und Rauch vergilbte Meerschaumpfeife, eine von über einem Dutzend Pfeifen, die auf dem Tisch verstreut lagen. Er sah nicht aus wie ein Mann, der als Chefproduzent eines der beliebtesten Fernsehnachrichtenmagazine des Landes herstellte und mehr als eine Million Dollar im Jahr verdiente.
    »Ich meine, woher sollte ich wissen, wer Lance Hopper war?«, fragte Rune.
    »Ja, woher wohl?«
    Maisel und Rune saßen in Maisels großem Büro in dem Teil der ehemaligen Munitionsfabrik, der dem Hauptsender gehörte. Anders als das Büro von Piper Sutton im Hochhaus der Muttergesellschaft lag das von Maisel in nur zehn Meter Höhe und bot Ausblick auf eine Bowlingbahn. Rune gefiel es, dass Maisel hier unten bei der Truppe war. Er sah sogar aus wie ein General. Sie konnte sich vorstellen, wie er in Nordafrika in Khakishorts und Tropenhelm im Panzer den Nazis nachjagte.
    Rune saß neben einer großen Kaffeemaschine. Sie warf einen unsicheren Blick nach ihr – als enthielte die Kanne den nuklear verseuchten Schlamm, an den der Kaffee erinnerte.
    »Türkisch«, erklärte er. Er goss sich eine Tasse ein und zog fragend eine Augenbraue hoch. Sie schüttelte den Kopf.
    »Piper steht ziemlich unter Strom, stimmt’s?«, fragte Rune. Dann kam ihr der Gedanke, dass sie vielleicht nicht
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