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Testplanet Kratos

Testplanet Kratos

Titel: Testplanet Kratos
Autoren: Edmund Cooper
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1.
     
    Der Roboter war so groß wie ein Mensch, aber nichts Menschliches war an seinem Äußeren. Er war nicht mehr und nicht weniger als eine hocheffiziente, sehr komplexe Maschine mit einer synthetischen Identität, die in sein elektronisches Gehirn eingegeben worden war. Man hatte »Matthew« auf seine Brust- und Rückenplatte gemalt.
    Der Roboter beugte sich über den Bewußtlosen auf der Intensivbehandlungsliege im Wiederbelebungsraum und massierte ihn sanft. Er trug Thermalhandschuhe, damit seine Stahlfinger dem kalten Fleisch keinen Schaden zufügen konnten und die Strahlungswärme jene Körperpartien erreichte, die sie am dringendsten benötigten.
    Sanfter, rhythmischer Druck auf der Brust hatte den Atmungsvorgang angeregt. Der Bewußtlose stieß ein schwaches, unbewußtes Ächzen aus. Der Roboter registrierte den Laut als Fortschritt. Eine Zehe zuckte, dann ein Finger. Der Körper, der so gut wie tot gewesen war, kämpfte sich seinen Weg ins Leben zurück.
    Der nackte Mann ächzte ein zweites Mal. Sein Herzschlag stabilisierte sich. Die Augenlider flatterten. Der Roboter änderte die Massage. Schließlich streifte er sich die Thermalhandschuhe ab und preßte dem Bewußtlosen eine Sauerstoffmaske auf Nase und Mund.
    Nach weniger als einer Minute erlangte der Mann das Bewußtsein wieder. Er öffnete die Augen und schrie gepeinigt auf. Doch der Roboter wußte, woher die Pein des Mannes rührte. Die Sichtanalyse-Zentren im Gehirn des Mannes empfingen widersprüchliche Signale. Mit geschickten Fingern plazierte ihm der Roboter sein silbernes Plättchen über das eine Auge. Der Mann seufzte und beruhigte sich wieder. Er konzentrierte sich mit dem unbedeckten Auge auf den Roboter und starrte ihn an. Der Roboter entfernte die Maske von Mund und Nase.
    »Sir«, fragte der Roboter. »Sind Sie in der Lage, von mir Informationen entgegenzunehmen?«
    Der Mann lächelte matt. »Ich bin dazu in der Lage.«
    »Sir, Sie haben sich für die Zeit von annähernd fünfhundertundvierzig Stunden Standard-Erdzeit im Zustand des Scheintods befunden. Etwa fünfundachtzig Prozent aller Scheintod-Personen erleiden nach der Wiederbelebung eine zeitweise Amnesie. Ich bin daher beauftragt, Sie an die wichtigsten Daten zu erinnern. Sie sind James Conrad, Kommandant des überlichtschnellen Schiffes Santa Maria. Das Schiff befindet sich gegenwärtig in einem stabilen Orbit um den Planeten Altair Vier, der bei dem Extrasolaren Planeten-Erfassungs- und Normierungs-Dienst der Vereinten Nationen unter dem Namen Kratos geführt wird. Ihre Aufgabe besteht darin festzustellen, ob Kratos für eine menschliche Kolonisierung geeignet ist. Ihre Mannschaft besteht aus sechs Menschen, die als ENTS bezeichnet werden, und sechs Robotern vom Typ SP-9. Ich bin SP-9/1 und werde Matthew genannt. Ich verfüge über Kommando-Vorrichtungen, die die Unabhängigkeits-Schaltungen der fünf anderen Roboter außer Kraft setzen können. Und ich bin darauf programmiert, allen gesetzmäßigen Befehlen zu gehorchen, die Sie erteilen. Verstehen Sie meine Worte?«
    Der nackte Mann seufzte. »Ich verstehe deine Worte, aber was soll das mit den ›gesetzmäßigen Befehlen‹?« verlangte er zu wissen. »Gehorchst du meinen Befehlen nun, oder gehorchst du ihnen nicht?«
    »Sie können mir jeden Befehl geben, und ich gehorche ihm, insofern er nicht ein anderes menschliches Wesen gefährdet, zu Schaden bringt oder zu seinem Tod führt.«
    »Das hört sich vernünftig an.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Haben wir eigentlich Brandy an Bord der Santa Maria? «
    »Jawohl, Sir. Wir haben achtundzwanzig Liter Brandy der Marke Hennessy XO in Frachtraum Eins geladen. Wir verfügen des weiteren über Vorräte von verschiedenen anderen alkoholischen Flüssigkeiten, darunter siebenundsiebzig Liter …«
    »Das reicht. Matthew, hol mir ein großes Glas Brandy.«
    »In Ihrem momentanen Zustand wäre das wohl nicht ratsam, Sir.«
    James Conrad setzte sich auf. Die Bewegung bereitete Schmerz und kostete einige Mühe, aber er biß die Zähne zusammen. »Hol den verdammten Brandy! Und beeil dich gefälligst. Ich habe soeben das Kommando übernommen.«
    »Jawohl, Sir.«
     

 
2.
     
    Der Mann mit dem Verband um den Kopf, der auch ein Auge verdeckte, stand in Grundstellung und trug die Dienstmütze unter dem Arm. Gemäß den Dienstvorschriften trug er sie unter dem falschen Arm. Aber der Mann hatte nur noch einen Arm. Daher mußten die Dienstvorschriften in seinem Fall eine Ausnahme zulassen. Der
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