Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hard News

Hard News

Titel: Hard News
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
einer Wand, die mit verschnörkelten modernen Gemälden bedeckt war und mit gerahmten Fotos, auf denen sie zwei Präsidenten und noch ein paar würdevollen, grauköpfigen Herren die Hände schüttelte oder sie umarmte.
    Das Telefongespräch dauerte, und Rune wurde völlig ignoriert. Sie schaute sich um.
    Zwei Wände des Büros bestanden aus deckenhohen Glasscheiben nach Westen und Süden hinaus. Es befand sich in der 44. Etage des Firmengebäudes des Muttersenders, einen Block vom Studio entfernt. Rune starrte auf einen Horizont, der Pennsylvania hätte sein können. Dem Schreibtisch gegenüber stand ein Regal mit fünf 27-Zoll-Monitoren, Marke NEC, die alle auf verschiedene Sender eingestellt waren. Der Ton war zwar heruntergedreht, aber die Bildschirme feuerten ein elektronisches Knistern in die Luft.
    »Dann tun Sie das«, blaffte die Frau und knallte den Hörer auf die Gabel.
    Mit hochgezogener Braue blickte sie wieder zu Rune.
    »Okay. Die Sache ist die: Ich bin Kameramann beim Lokalsender, und ich …«
    Deutlich gereizt erhob Sutton die Stimme. »Was wollen Sie hier? Wie sind Sie hier reingekommen?« Fragen, die so schnell aufeinander folgten, dass klar war, dass es dort, wo sie herkamen, noch eine Menge weitere gab.
    Rune hätte ihr verraten können, dass sie sich hereingeschlichen hatte, als Suttons Sekretärin in den Flur gegangen war, um sich an dem Kaffeewagen, der jeden Morgen um zehn Uhr kam, einen Tee zu holen. Sie sagte jedoch nur: »Draußen war niemand, und da bin ich …«
    Sutton brachte sie mit einem Wedeln zum Schweigen. Sie griff nach dem Telefonhörer und drückte auf den Knopf der Sprechanlage. Im Außenbüro war ein schwaches Summen zu hören. Niemand antwortete. Sie legte auf.
    »Egal«, sagte Rune, »ich …«
    »Nichts egal«, sagte Sutton. »Gehen Sie.« Sie senkte den Blick auf das Blatt Papier, das sie gelesen hatte, dabei zogen sich ihre Augenbrauen konzentriert zusammen. Kurze Zeit später schaute sie wieder hoch, aufrichtig erstaunt, dass Rune immer noch vor ihr stand.
    »Miss Sutton … Miss Sutton«, setzte Rune an. »Ich habe so eine, also, Idee …«
    »Eine also Idee? Was ist eine also Idee?«
    Rune spürte, wie ihr Gesicht langsam rot anlief.
    »Ich habe eine Idee für eine Story, die ich gerne machen möchte. Für Ihre Sendung. Ich …«
    »Moment mal.« Sutton knallte ihren Mont-Blanc-Füller auf den Tisch. »Ich verstehe nicht, was Sie hier wollen. Ich kenne Sie nicht.«
    »Geben Sie mir einfach eine Minute, bitte«, sagte Rune.
    »Dazu fehlt mir die Zeit. Es ist mir egal, ob Sie hier arbeiten oder nicht. Wollen Sie, dass ich den Sicherheitsdienst rufe?«
    Das Telefon klingelte erneut.
    Rune hielt einen Moment inne. Schöpfte sozusagen Atem. Okay, befahl sie sich, tu’s. » Current Events « , sagte sie rasch, »kam laut Erhebung der CBS/TIME in der letzten Woche bei den Zuschauerzahlen landesweit auf neun Punkte.« Sie musste kämpfen, damit ihre Stimme nicht umkippte. »Vor drei Monaten wurde die Sendung in der gleichen Erhebung mit fünfzehn bewertet. Das ist ein ganz schöner Sturz.«
    Suttons unergründliche Augen bohrten sich in die von Rune. Oh, Mann, sag ich das wirklich? Aber ihr blieb nichts übrig, als weiterzumachen. »Ich kann diese Ergebnisse in die andere Richtung drehen.«
    Sutton musterte Runes Erkennungsmarke am Halsband. Oh, Junge. Gleich werd ich gefeuert. (Rune wurde mit großer Regelmäßigkeit gefeuert. Normalerweise reagierte sie darauf, dass sie sagte: ›Die sind selber schuld‹, und sich zum Arbeitsamt aufmachte. Heute betete sie, dass es nicht passieren würde.)
    Der Hörer wanderte zurück auf die Gabel. »Sie haben drei Minuten«, sagte Sutton.
    Danke, danke, danke …
    »Okay, die Sache ist die, dass ich eine Story machen möchte über …«
    »Was meinen Sie mit Sie wollen eine Story machen? Sie sagten, Sie seien Kameramann. Geben Sie die Idee einem Produzenten.«
    »Ich möchte die Story selber produzieren.«
    Sutton ließ ihren Blick erneut über sie schweifen, wobei sie sich diesmal nicht ihren Namen einprägte, um ihn dem Ressort Entlassungen der Personalabteilung zu melden, sondern sie musterte sie eingehend, studierte das junge, ungeschminkte Gesicht, das schwarze T-Shirt, den schwarzen Stretch-Minirock, die blauen Strumpfhosen und die ausgeflippten roten Cowboystiefel. An Runes Ohren baumelten Ohrringe in Form von Sushi. Am linken Handgelenk trug sie drei Armbanduhren mit abgewetzten, golden und silber gefärbten Lederbändern. An
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher