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Handbuch für anständige Mädchen

Handbuch für anständige Mädchen

Titel: Handbuch für anständige Mädchen
Autoren: Elaine Di Rollo
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ihn danach. Wir brauchen ihn zurück. Mr Blake braucht ihn zurück.« Er räusperte sich. »Nun denn. So viel dazu.«
    »Spielen Sie Whist, Mr Blake?«, rief Tante Pendleton vom anderen Ende der Tafel herüber.
    »Sei’s drum, was er spielt oder auch nicht spielt«, meinte Mr Talbot mit Donnerstimme. »Er ist Fotograf. Er ist hier, um Fotos zu machen, nicht zum Kartenspielen.« Er versetzte Mr Blake einen kräftigen Schlag auf den Rücken. »Nun, Sir, Sie müssen Hunger haben.«
    Mr Blake hatte in der Tat Hunger und war eine Zeit lang nicht in der Lage, seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes als die Speisen auf seinem Teller zu richten. Er nahm die Gespräche am Tisch nur vage wahr, da sein Gehirn durch seine Essgier zu benebelt war, um ihnen zu folgen. Einmal sah er auf und stellte fest, dass Alice ihr Essen auf dem Teller hin und her schob, ohne etwas davon anzurühren. Kein Wunder, dass sie so dünn war. Er lächelte ihr zu, doch sie sah weg. Er spießte eine weitere Röstkartoffel auf.
    Schließlich sah sich Mr Blake in der Lage, an der laufenden Diskussion teilzunehmen. Es schien um andere Hausgäste zu gehen.
    »O ja«, sagte Tante Lambert gerade. »Mr Bellows. Er ist nun schon länger als alle anderen hier.«
    »Ist er immer noch hier?« Mr Talbot wirkte verblüfft. »Ich hatte ihn ganz vergessen. Ist da sonst noch jemand?«
    »Im Moment nicht«, sagte Alice. »Zumindest glaube ich es nicht. Die Übersetzer sind fort. Ebenso Dr. Slater.«
    »Dr. Slater. Ist das der Mann gewesen, der sich das Gesicht verbrannt hat?«, fragte Tante Rushton-Bell.
    »Wie bitte?«, sagte Mr Blake.
    »Dr. Slater hat nach einem Mittel gegen Gesichtspusteln geforscht.« Alice wandte sich an den Fotografen. »Sein eigener Teint war leider stark von der Krankheit befallen, und er hat sich etwas von dem Präparat, das er zusammengestellt hatte, in sein eigenes Gesicht geschmiert, um zu sehen, ob es Abhilfe schafft.«
    »Aber es hat ihn verbrannt«, unterbrach Tante Statham. »Wie Säure. Es war, als habe er sich die Haut mit einem Bimsstein abgerieben.«
    »Er ist schreiend durchs Haus gelaufen und hat sich das Gesicht zerkratzt, um das Zeug abzubekommen, wie ich mich entsinne«, fügte Tante Lambert hinzu. »Er kam in mein Ankleidezimmer gestürzt und tauchte den Kopf in mein Waschbecken. Anscheinend hatte er sein eigenes am Morgen entleert und vergessen, es zu füllen, bevor er mit seinen Experimenten anfing. Es war gerade noch rechtzeitig. Der arme Kerl konnte wochenlang kaum sprechen, selbst nachdem man die Verbände entfernt hatte. Danach sah er nie wieder ganz normal aus. Seine Hautkrankheit ist er auch nicht losgeworden.«
    »Er hat alles an sich selbst ausprobiert«, sagte Alice. »Hauptsächlich hat er seine eigenen Arzneien getrunken und deren Wirkungen beobachtet. Er verfügte auch über ein besonderes Emetikum, das er einnehmen konnte, wenn er das Gefühl hatte, sich versehentlich vergiftet zu haben.«
    Die Blicke der gesamten Tischgesellschaft ruhten auf Mr Blake. Erwartete man, dass er eine Bemerkung zu Dr. Slaters exzentrischem Verhalten abgab? Sollte er sich nach Einzelheiten bezüglich Mr Bellows erkundigen? Rasch schluckte er seinen Mundvoll Kartoffeln hinunter. Doch er blieb ihm unangenehm in der Speiseröhre stecken, wie eine Maus in einer Orgelpfeife, und er brachte lediglich ein gedämpftes »Aha« zustande.
    »Er war überzeugt, dass sich die Heilmittel gegen sämtliche Gebrechen der Menschheit in Pflanzen finden lassen, wenn wir nur gründlich genug danach suchten«, sagte Alice.
    »Na ja, zu irgendetwas müssen sie ja gut sein«, murmelte Mr Talbot. »All das nutzlose Grünzeug.«
    Mr Blake bemerkte, wie sich Alices Miene verfinsterte. »Die Natur inspiriert uns, was die Richtung unseres eigenen Fortschritts betrifft«, sagte sie. »Selbst ohne ihre Heilkräfte haben Pflanzen uns viel zu bieten. Einige der besten menschlichen Schöpfungen ahmen ihre Prozesse und Strukturen nach.«
    »Wie zum Beispiel, mein Liebes? Wie zum Beispiel?«
    »Tja, der Crystal Palace, zum Beispiel. Das Gebäude, in dem die Weltausstellung untergebracht war. Ein Gebäude, das in seiner Bauweise sehr stark unserem Wintergarten ähnelt.«
    »Ein ausgezeichnetes Beispiel, Alice!«, rief Tante Lambert und klatschte in die Hände. »Der Crystal Palace ist ein Wunder an Größe und Komplexität. Und wovon ließ sich Paxton inspirieren? Na, von der Natur! Von Pflanzen.«
    »Genau«, sagte Alice. »Paxtons Konstruktion beruht auf
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