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Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall

Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall

Titel: Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall
Autoren: Louise Fu , Asmin Deniz
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brauchte einen
Moment, bis das, was er gehört hatte, tatsächlich in sein Bewusstsein gedrungen
war.
    Auch
wenn Seda keine Gelegenheit ausließ, ihn aufs Glatteis zu führen oder sich an
seinem verunsicherten Gesicht zu weiden, wenn er krampfhaft versuchte
herauszufinden, ob sie ihn gerade auf den Arm nahm oder nicht, so wusste er
doch, dass sie mit einer solchen Geschichte keinen Spaß treiben würde. Einen
Mord zu erfinden um ihn wachzumachen war eine Sache – eine Leiche detailgetreu
zu beschreiben eine andere. Damit trieb niemand, den er kannte, Scherze.
    »Ich
habe mein Auto noch am Meridian Club stehen ...«
    »Das
macht nichts. Herr Schmalfuß holt sie mit dem Fahrrad ab. Kein Problem, das
macht er gerne.«
    » Was?
Mit dem Fahrrad? Aber ich ... Seda! Seda?«
    Die
Leitung war unterbrochen.
    Kadir
sank auf den Küchenstuhl und atmete tief ein. Der Sicherheitsbeauftragte des
Emir Palace würde auf dem Gepäckträger eines alten Hollandrades vorfahren, an
einen alten Mann mit Strohhut und in gebügelten Bermudas geklammert wie ein
kleines, hilfloses Äffchen an den Rücken seiner Mutter. Mit ein wenig Glück
würde Kommissar Refik Dalga, bei dem er ohnehin nicht hoch im Kurs stand, genau
in diesem Moment aus dem Hotel treten und beobachten, wie er unbeholfen von dem
Drahtross kletterte.
    Hervorragend,
seine Reputation war gerettet.
    »Tut
mir leid, anne , ich muss dringend los! Danke für den Tee, das war genau
das, was ich jetzt brauchte.«
    »Und
sei pünktlich heute Abend, mein Sohn!«, rief Latife hinter Kadir her, der die
Treppe hinunterpolterte. »Denk daran! Dein Onkel Yusuf kommt zusammen mit Nevin
Arslan, die ...« Latife lauschte dem fernen Klicken der Haustür und flüsterte, »…doch
hoffentlich bald Nevin Bülbül sein wird.«
    Latife
rieb sich die Hände und lächelte. Ihr hübsches Baby, ihr attraktiver Sohn an
der Seite der bezaubernden Nevin mit den hohen Wangenknochen und den grünen Katzenaugen,
was für ein herrliches Hochzeitsfoto würde dies geben, so schön, dass ihre
Nachbarinnen dunkelrot würden vor Neid, wenn sie es herumgehen ließe von Hand
zu Hand. Was für ein bezauberndes Foto! Nevin, einen halben Schritt vor Kadir,
in langem, ausgestellten Brautkleid mit zarter durchbrochener Spitze und seidenglänzend,
den Schleier in einer weichen Woge um die Taille gelegt, den schmalen
Herzchenkopf in einer Andeutung an Kadirs Smokingbrust gelehnt, ey ,
herrlich! Im goldenen Rahmen würde dies Bild einen Ehrenplatz im Wohnzimmer bekommen,
immer sichtbar, wenn sie die Augen von ihrer Stickerei oder vom
Fernsehbildschirm hob. Und die Enkelchen, was für bezaubernde Enkelkinder sie
bekommen würde, Jungen und Mädchen, immer im Wechsel, ein Kind hübscher und
klüger als das nächste und allesamt vernarrt in ihre nene , um die sie
sich scharrten und von der sie sich haltlos verwöhnen lassen würden!
    Die
Tür der Nachbarwohnung öffnete sich einen Spalt und Hatun steckte ihren noch
unfrisierten Kopf heraus: »Latife, Liebe, hast du es schon gehört? Eine Leiche,
eine ausländische halbnackte Leiche im Pool vom Emir Palace! Ich hab es
vom Sohn der Friseuse meiner Schwägerin, der in der Wäscherei vom Dereköy Star
arbeitet. Glücklicherweise war die Leiche nicht im Meer, eyyyyh , stell
dir vor, nie wieder könnte ich einen Fuß ins Wasser setzen!«

Kapitel 3
- Die Wucht der Guillotine -
    Kommissar
Refik Dalga zwirbelte seinen Bart und schob sich die Mütze in den Nacken. Die
Sonne stand schon hoch und er spürte, wie ihm der Schweiß unter den Achseln und
auf dem Rücken ausbrach. Liebend gerne hätte er seinen schweren Blouson
ausgezogen, doch das kam nicht in Frage. Er beobachtete die Männer in den
weißen Ganzkörperanzügen, die um den Pool herumtappten wie plumpe Riesenbabys
von einem anderen Stern.
    Man
hatte die Leiche aus dem Pool gezogen und in einen Sack verstaut, den
dazugehörigen Kopf mit einem Kescher aus dem Wasser gefischt und in einen
kleineren Beutel gestopft, der Dalga an die festen Müllbeutel erinnerte, die er
seiner Frau immer aus Antalya mitbringen musste, weil es diese Sorte in Dereköy
angeblich nicht gab. Nichts war gut genug hier in Dereköy für sie, nicht einmal
die Müllbeutel. Antalya, dachte Dalga finster, hoffentlich schickten sie keine
Beamten aus Antalya zu seiner Unterstützung, er konnte sich lebhaft vorstellen
wie das ausginge. Der Hauptkommissar und seine Leute würden ihr Quartier in
einem Promenaden-Café aufschlagen und den ganzen Tag Tee trinken und
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