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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sein.«
    »Vielleicht marschieren wir im Kreis?« Bender lachte rauh. »Immer rundherum im Kreis. Einhundertdreißig verblödete Tiere in einer riesigen Manege … rundherum … Stecken Sie das Ding weg, Wolff. Sie machen mich nervös mit Ihrer Karte. Nach meiner Ansicht sind wir immer nach Süden gezogen.«
    »Aber zweiundzwanzig Tage? Die Sandwüste müßte längst in eine Stein- und Geröllwüste übergegangen sein. Salzseen liegen da …«
    »Legen Sie das Mistblatt weg!« schrie Bender plötzlich. »Verdammt, und wenn wir im Kreise ziehen … ich will meine Zeit heruntermarschieren, ohne meinen Irrsinn im Bild zu sehen …«
    Gegen Mitternacht war plötzlich ein Ton in der Luft, der völlig fremd in der kalten Stille der Wüste war. Bender, Wolff und Eve krochen aus ihrem Zelt und starrten in den sternenklaren Himmel.
    »Es kann alles sein, nur eins nicht: ein Gewitter! Bei diesem Himmel. In der Wüste.« Wolff hielt den Atem an.
    »Es klingt wie Motorengedröhn –«, sagte Eve. Und plötzlich warf sie die Arme hoch. »Es ist ein Motor! In der Luft! In der Luft! Ein Flugzeug! Hört ihr es denn nicht? Ein Flugzeug!«
    Sie fiel Wolff um den Hals, hing sich an seinen Nacken und lachte und weinte in einem Atem.
    »Ein Flugzeug! Ein Flugzeug!«
    »Verdammt, sie hat recht!« brüllte Bender. Der summende Ton kam näher, wurde zum tiefen Brummen, zerriß den Nachthimmel wie mit Hammerschlägen. »Noboro! Alarm! Alle Feuer an! Macht Fackeln! Steckt, was brennt, in die Flammen und schwenkt es herum. Sie müssen uns sehen! Soviel Feuer in der Wüste!«
    Überall flackerten die Flammen auf. Zwei Decken brannten und wurden von sechs Männern als riesige Fackeln hin und her geschwenkt.
    »Merken Sie sich, aus welcher Richtung genau die Maschine kommt!« schrie Bender und rannte zu den Lagerfeuern. »Wolff! Opfern Sie unser Zelt. Stecken Sie es an! O mein Gott … ich rieche das Leben …«
    Als das Flugzeug genau über ihnen war, ein surrender Käfer mit grünen und roten Blinklichtern an den Flügelenden, standen unten in der Wüste einhundertdreißig Menschen, in Feuer gehüllt.
    Lebende Fackeln, schreiend, lachend, taumelnd vor Glück, die Arme in den Himmel gestreckt und in jeder Hand etwas Brennbares.
    »Ist das ein Fackelzug?« schrie Bender. Er schwankte heran, über seinen Kopf zwei brennende Tücher aus Putras Ausrüstung schwenkend. »So hat noch keiner das Leben begrüßt …«
    Die Freude, weiterleben zu können, dauerte genau sieben Minuten.
    Solange brauchte das kleine Flugzeug, um am Horizont aufzutauchen und am Horizont wieder zu verschwinden … nur der Ton des Motors blieb zurück, aber jetzt war er nicht mehr wie Fanfarenklang für die Hoffenden, sondern wie das Zuschlagen von Türen für die in alle Ewigkeit Verurteilten.
    »Das ist nicht möglich!« sagte Bender und stützte sich auf Putras zweites, langes Gewehr. Mit ihm hatte er in die kalte Luft geschossen, nicht weil man die Schüsse etwa oben hören konnte – das war unmöglich –, sondern aus überquellender Freude. Er war in diesen Augenblicken nichts anderes als die schwarzen Sklaven, die heulend umeinandertanzten. »So einen Feuerzauber kann man doch nicht übersehen! Es hat überhaupt nicht reagiert, hat keine Kreise gezogen, ist nicht tiefer gegangen, um nachzusehen, was da mitten in der Wüste los ist, denn daß Flammen über den Sand tanzen, ist ja nicht normal … Es fliegt einfach weiter. Verstehen Sie das, Wolff?«
    »Ich verstehe nur eins! Wir kommen anderen Menschen näher. Wir leben nicht mehr dort, wo nichts ist. Das ist viel wert, Bender.«
    »Sie haben recht, mein Junge.« Bender starrte auf das brennende Zelt. Eve war dabei, den Flammen neue Nahrung zu geben. Sie warf Stoffetzen, Holzstücke, getrocknete Kamelmistklumpen in die aufsprühende Glut. »Sagen Sie ihr, sie soll aufhören.«
    Wolff ging zu Eve und nahm ihr wortlos den Holzteil eines zerschlagenen Kamelsattels aus der Hand. Es war wie das Anstechen einer mit Luft gefüllten Hülle … sie sank gegen ihn, warf die Arme um seinen Nacken und weinte. Alle Kraft fiel von ihr ab … er legte sie vorsichtig in den Sand und kniete sich neben sie.
    »Es gibt eben keine Wunder mehr«, schluchzte sie. »Einen Augenblick lang habe ich daran geglaubt. Ein Wunder mit grünen und roten Blinklichtern …« Sie schloß die Augen, und einen Moment glaubte Wolff, sie sei jetzt, in ihrer größten Resignation, gestorben, habe einfach zu atmen aufgehört, weil es das Klügste war, sich
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