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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord
Autoren: Heinz G. Konsalik
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durchgestanden haben, ist Limonade gegen den höllischen Schnaps, den wir noch saufen müssen!«
    Sie packten Putra an der Dschellaba und zogen ihn durch den Sand zu einer Stelle, wo sie ihn ohne Mühe in den Hang einer Düne eingraben konnten. Es war nur ein symbolisches Begräbnis … der nächste stärkere Wind würde Putra wieder ausgraben, wieder zudecken, wieder freilegen … immer und immer wieder, ein Aufdecken und Begraben, eine ruhelose Ruhe inmitten der großen Schweigsamkeit über Jahrhunderte hinweg. Der Wind würde mit dem Skelett spielen, die Sonne die Knochen bleichen, und vielleicht, in tausend Jahren, zerfielen sie selbst zu Sand … denn dieses Stück Welt hier war Gottes vollkommenste Schöpfung, war fertig, unveränderbar.
    Die Wüste, sagen die Araber, ist Gottes Stolz …
    Während Eve und Wolff das Loch, in das man Putra geschoben hatte, zuschaufelten, ging Bender zu Noboro zurück.
    Er hatte mit seinen Freunden gesprochen, und sie sahen ihn mit der gleichen Stumpfheit an, wie sie vorher Putra und Surugh angestarrt hatten. Sie verstanden nicht, daß man sie vor sich selbst schützte … sie verstanden nur, daß sie weiter Sklaven blieben, bis sie das Meer erreicht hatten.
    Wann war das?
    Wo lag das Meer?
    Wer würde überleben?
    Mehr Wasser und mehr Essen hatten die neuen weißen Herren versprochen … war das wieder eine Lüge?
    »Wir können weiter, Herr«, sagte Noboro. Er griff schnell nach Benders Hand und küßte sie, ehe Bender sie wegreißen konnte. Ein Schauer durchrann ihn. Ich werde von einem Massenmörder geküßt, dachte er. Aber ihm allein verdanken wir, daß wir alle noch leben. Wird Mord hier zur Notwendigkeit? Bender stieß Noboro zur Seite und stapfte zu seinem Kamel. Er sann über diese Frage nach und gab sich keine Antwort, weil sie zu schrecklich war.
    Von der Düne kamen Eve und Wolff zurück. Der Schweiß rann ihnen über Gesicht und Brust, und es war ein Rätsel, woher der Körper noch soviel Feuchtigkeit nahm.
    Noboros laute, dunkle Stimme überschrie jetzt das Getümmel, das in den Sklavenhaufen gekommen war. Zehn Männer hatte Noboro losgebunden … sie standen herum, begriffen nicht, daß sie ohne Fesseln waren und grinsten breit, als Bender in den Sattel stieg und sein Kamel aufstand.
    »Sie werden treiben, Herr«, sagte Noboro. »Sie kennen Kamele. Sie haben versprochen zu gehorchen, und sie haben keine Waffen.«
    »Ein Brett genügt, ein Strick … du hast's bewiesen, Noboro.« Bender blickte auf die Karawane herab. Einhundertdreißig Menschen, zweiundzwanzig Lastkamele, vier Reitkamele … und irgendwo dort unten das Meer. Dazwischen Hunderte von Meilen heißen Sandes, glutende Sonne, peitschender Wind, nächtliche Kühle, die Angst zu verdursten, die innere Panik, nicht zu den Letzten zu gehören … »Wir kommen nie an, Noboro –«, sagte Bender leise.
    »Unsere Füße laufen von allein, Herr.« Der riesige Nubier winkte. Die zehn Männer rannten zu den Lastkamelen, trieben sie hoch, führten sie heran. Noboro ging durch die Reihen der Sklaven und nahm den Bestraften die schrecklichen hölzernen Joche ab. Die Befreiten umarmten ihn, küßten ihn, und die Frauen begannen wieder mit ihrem Gesang und klatschten in die Hände.
    »Ich schlage vor –«, rief Wolff zu Bender hinauf, »daß wir die Frauen auf die Lastkamele verteilen. Die schwächeren Männer können sich links und rechts an die Kamele hängen und sich mitschleifen lassen. Was halten Sie davon?«
    »Eine gute Idee, Wolff.« Bender ritt zu dem Sklavenhaufen, der sich zu der bisherigen Marschkolonne formierte. Vier immer nebeneinander, außen die Starken, innen die Schwachen … in den letzten Stunden des Tages schleppte man sie dann mit, untergehakt, in einem Netz von Armen.
    Eve stand an ihrem Kamel und lehnte an dem hohen Sattelknauf. Ihr langes, goldenes Haar wehte im Wind. Dick wie Puder lag der weißgelbe Staub auf ihrem Gesicht.
    Auf der anderen Seite des Kamels stand Wolff und hatte die kleine Karte von Sabah Salim auf den Sattel gelegt. Er rechnete aus, wie lange ein Mensch braucht, bis er vor Wind, Sonne und Wüste kapitulierte.
    »Wie weit ist es bis zur Küste?« fragte Eve.
    »Zweihundert Meilen, dreihundert Meilen … wer weiß denn, wo wir hier sind?« Er legte den Finger auf einen Punkt in der Weite. »Hier ist In Radifah, wo man uns verkaufen wollte. Rechnen wir bis dahin noch sechs Tagesmärsche, dann stehen wir jetzt ungefähr dort, wo die Karte weiß ist. Marschieren wir in
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