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Hai Fisch Futter

Hai Fisch Futter

Titel: Hai Fisch Futter
Autoren: Susan Geason
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Vettel sie einen Spalt und erklärte unwillig, daß Selwyn Dixon in Nummer 13 wohnte. Nicht abergläubisch, so viel stand schon einmal fest.
    Auf mein Klopfen erfolgte keine Reaktion. Wie ich im Flur stand und überlegte, ob ich mir gewaltsam Zutritt verschaffen sollte, erschien oben auf der Treppe ein fetter, unrasierter Typ, der in einem schmuddeligen Trikothemd und verdreckten grauen Hosen mit speckigen Hosenträgern steckte, und funkelte mich wütend an.
    »Was machn Sie’n da?« stieß er keuchend hervor.
    »Ich suche Selwyn Dixon.«
    »Dann sinnwer schon zwei. Er schuldet mir ’ne Woche Miete.«
    »Wohl der Eigentümer?« fragte ich.
    »Der Hausmeister.«
    In dem Gang war es zum Ersticken muffig. »Ich bin ’n Freund von Selwyn. Er ist seit ein paar Tagen spurlos verschwunden, und wir fürchten, daß ihm was zugestoßen ist.«
    »Wie zum Beispiel?« wollte der Kalfakter wissen und kratzte sich mit schwarzen Fingernägeln an der Brust.
    Beulenpest, Beriberi, Wassersucht, du Siffkopf, dachte ich. »’n Schlaganfall vielleicht. Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
    Er dachte nach. »Vor ’ner Woche ungefähr.«
    Es war wie in einem dieser Albträume, wo man im Schlamm feststeckt und die Beine nicht bewegen kann. »Wie wär’s, wenn Sie mich die Bude mal unter die Lupe nehmen lassen«, schlug ich vor, während ich gegen eine Anwandlung von Platzangst ankämpfte.
    Die Versuchung, den Dickwanst mit einem saftigen Arschtritt über die Treppe hinabzubefördern, wurde unwiderstehlich, als er in seine Gesäßtasche griff und ein Schlüsselbund hervorholte. Nachdem er gut die Hälfte der Schlüssel durchprobiert hatte, bekam er die Tür von Nummer 13 zwar endlich auf, blieb aber mitten im Türgang stehen, so daß ich mich an ihm vorbeiquetschen mußte, um hineinzugelangen. Ich versuchte, nicht zu atmen.
    Nach dem an die Vorhölle erinnernden Flur war es drinnen erstaunlich spartanisch und sauber. Ein mit einer grauen Decke überzogenes Armeefeldbett beanspruchte fast die ganze Zimmerfläche. Die einzigen anderen Einrichtungsgegenstände waren ein schmaler, furnierter Kleiderschrank, ein Holzstuhl und ein Barkühlschrank mit einem Wasserkocher, Instantkaffee, Zucker, ein paar Tassen und Löffeln und einer Packung Milk-Arrowroot-Kekse darauf. Auf dem Fensterbrett thronte eine kleine elektrische Heizplatte.
    Speckbacke wich nicht vom Fleck. Weiß der Geier, warum: Hier gab es nun wirklich nichts zu klauen.
    »Ich schau mich mal um, ja?« sagte ich.
    Er machte eine Tun-Sie-sich-keinen-Zwang-an-ist-mir-doch-egal-Geste, wich aber nicht von der Tür, neben der er schwer durch den Mund atmend verharrte, während ich Selwyns weltliche Besitztümer durchging. Ich fand unten im Schrank einen kleinen Pappkoffer und auf dem Stuhl neben dem Bett ein Glas mit einer Zahnbürste und einer Tube Zahnpasta — wo immer sich Selwyn befand, er reiste mit beängstigend leichtem Gepäck — , konnte aber weder einen umgestürzten und um zehn nach drei stehengebliebenen Wecker noch sonst ein Anzeichen dafür entdecken, daß Selwyn in diesem Zimmer das Opfer eines Überfalls geworden war.
    »Was wissen Sie’n so über Selwyn?« fragte ich den Fettsack.
    »Nich eben viel. Er ist in einer Tour am Quasseln, aber es geht hier rein und da raus.«
    Zu wahr. »Für wen arbeitet er?«
    »Matt Simmons, glaub ich.«
    Matt Simmons war ein Pferdetrainer, dessen Visage oft neben prämierten Renngäulen und ihren selig glotzenden Besitzern in der Zeitung zu bewundern war. Im Turfgeschäft wird zwar an allen Ecken und Enden kräftig geschoben, aber ich konnte mich an keinen größeren Skandal erinnern, der mit seinem Namen in Zusammenhang stand. Obwohl es vor gut einem Jahr für jede Menge Schlagzeilen gesorgt hatte, als er irgendwo im Hunter Valley ein Gestüt aufgezogen hatte, dessen Wert in die zig Millionen Dollar ging.
    »Hat Selwyn je was von seiner Familie erzählt?« fragte ich.
    Der Typ schüttelte den Kopf. »Wüßte nicht, daß er eine hat.«
    Ich dankte ihm, gab ihm meine Karte, bat ihn, mich anzurufen, falls Selwyn auftauchen sollte, zwängte mich an seinem Schmerbauch vorbei und sah zu, daß ich die Treppe hinunterkam. Er rief mir vom Eingang aus nach: »Wenn er sich nicht bald blicken läßt, vermiete ich das Zimmer weiter.«
    Draußen empfand ich den smoggeschwängerten Straßenmief im Vergleich als geradezu wohlriechend. Mein flüchtiger Blick in Selwyns Leben hatte meine psychischen Energien aufgebraucht, und ich rannte fast in den
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