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Hai Fisch Futter

Hai Fisch Futter

Titel: Hai Fisch Futter
Autoren: Susan Geason
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nächsten Pub, um mich mit einer Dosis normalen menschlichen Lebens, oder was in diesem Teil der Welt als dafür galt, zu regenerieren. Und ich mußte einen heben, ehe ich Val mitteilte, daß einer ihrer flügellahmen Schützlinge offenbar auf Nimmerwiedersehen verschwunden war.

    Ich erwischte Val um neun, als sie gerade zusperrte, und erzählte ihr, was ich herausgefunden hatte.
    »Da waren doch irgendwelche Verwandten«, sagte sie. »Laß mich mal überlegen.«
    Sie machte uns eine Tasse scheußlichen Pulverkaffees und winkte ein paar Möchtegerngäste weg, die sich an der Scheibe die Nasen plattdrückten. »Wagga«, platzte es unvermittelt aus ihr heraus.
    »Was ist damit?«
    »Da kam Selwyn her. Wenn es irgendwelche Verwandten gibt, dann vermutlich in Wagga.«
    »Nicht mal für dich, Val«, sagte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich erwarte ja auch nicht, daß du dorthin fährst, Schätzchen. Obwohl Wagga gar nicht so ohne ist... Ich hab da im Krieg vor meiner Heirat mit Ron mal ein hochinteressantes Wochenende verbracht...«
    Sie zwang sich in die Gegenwart zurück. »Im Telefonbuch stehen sicher irgendwelche Dixons. Du brauchst bloß einen ausfindig zu machen, der Selwyn kennt. Ich würd’s ja selber tun, Jungchen, aber Ron liegt mit Bronchitis im Bett, und Kerry kommt auf ein paar Tage mit den Kindern vorbei.«
    Es funktionierte. Ehe ich mich’s versah, hatte ich ihr versprochen, so lange in Wagga herumzutelefonieren, bis ich jemanden an die Strippe bekam, dem Selwyn Dixon ein Begriff war. Zufrieden erhob sich Val und brachte unsere Tassen in die Küche. Dann gingen wir hinaus und machten uns auf den Weg zum Bahnhof von Kings Cross.
    Das Cross war ruhig an diesem Abend, aber vielleicht lag das auch nur daran, daß ich mit Val zusammen war. Sie war bei den Anwohnern beliebt, und ihre Anwesenheit wirkte wie eine Art Schutzschild. Ich wurde zur Abwechslung einmal nicht von den manischen Kundenauf-reißern für die Life-Sex-Shows belästigt und bekam auch keine Offerten von tranigen Trottoirfegern. Val würdigte den ganzen Dreck und Schmuddelkram keines Blickes; da und dort Bekannten zuwinkend, pflügte sie so ungerührt dahin wie eine Fregatte und zog mich quasi als Beiboot im Schlepptau mit.
    Ich begleitete die alte Frau trotz ihrer Proteste zur S-Bahn und stiefelte dann durch Darlinghurst zu meiner Wohnung, wobei ich mir unterwegs bei einem Thai etwas zum Essen mitnahm und ein Sixpack Hahn besorgte. Da es zu spät war, um der Bürgerschaft von Wagga auf den Senkel zu gehen, schaute ich mir noch irgendeinen hirnrissigen Schwachsinn in der Glotze an und haute mich aufs Ohr.

2

    Ich döste, als gegen Mitternacht das Telefon klingelte. Es war Shona McBride, eine neuseeländische Krankenschwester auf einem Arbeitsurlaub, die einen Narren an mir gefressen hatte. Da sie es leid gewesen war, Wechselschichten zu schieben und sich für ein lausiges Gehalt um die Wehwehchen wildfremder Menschen zu kümmern, hatte Shona ihre Schwesternkluft gegen die einer Bedienung in einem Coffee-Shop in Darlinghurst eingetauscht, wo ich auch ihre Bekanntschaft gemacht hatte.
    Shona war auf der Flucht — es gab da irgendeine in der Schwebe hängende Geschichte mit einem drogensüchtigen Freund zu Hause in Wellington — , und wenn sie meinte, sich in meine Arme retten zu müssen, war ich bestimmt der letzte, der sie daran hinderte. Abgesehen davon, daß ich zur freien Verfügung stand, war ich etwas verschnupft: Julia Western, die Frau, in die ich seit letztem Jahr bis über beide Ohren verschossen war, hatte mich sitzenlassen — vorübergehend, hoffte ich — , um in Mailand mit einem Stipendium der Australischen Kommission für Bildende Künste Bildhauerei zu studieren.
    Shona wollte vorbeikommen, und ich hatte nichts dagegen. Fünfzehn Minuten später trudelte sie mit den Überresten eines Schokoladenkuchens aus dem Coffee-Shop bei mir ein. Groß und wohlproportioniert wie eine Galionsfigur, war Shona eine imposante Erscheinung, mit langem glatten schwarzen Haar und den perfekten Zähnen, die man bekommt, wenn dem städtischen Trinkwasser Fluor beigesetzt ist. Um ehrlich zu sein, bestand einer von Shonas Hauptanziehungspunkten darin, daß sie nur für sechs Monate im Lande war. So jedenfalls ihre Rede: Dieselbe Leier hatte ich schon von zweihunderttausend anderen Neuseeländern in Sydney gehört.
    Nach dem x-ten Verhör über meine Vergangenheit hatte ich Julias Existenz gebeichtet. Von da an hatte Julia in meinem Doppelbett
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