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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau
Autoren: Bauer Angeline
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du?«
    »Kathi, gnädige Frau.«
    Das Mädchen kam bald wieder. »Die Wirtin könnte einen frischen Fisch holen lassen, eine Karausche vielleicht. Vom Gemüse hat sie nur Kartoffeln, Blumenkohl oder Rotkohl, aber es gibt noch wilden Blattsalat. Und Fischpastete hat sie auch.«
    »Dann die Kartoffeln, etwas Blumenkohl, den Fisch mit zerlaufener Butter und Salat. Ich möchte hier auf dem Zimmer essen, sagen wir in zwei Stunden. Inzwischen werde ich ausgehen und mir die Stadt ansehen.«
    »Aber es wird doch schon dunkel!« Kathi sah sie erstaunt an. »Haben Sie denn gar keine Angst ohne männliche Begleitung?«
    Mélanie antwortete mit einer Gegenfrage. »Hast du männliche Begleitung, wenn du abends noch losgeschickt wirst – zum Beispiel, um für einen hungrigen Gast einen Fisch zu besorgen?«
    »Nein, gnädige Frau, ich bin allerdings auch bloß eine Magd.« Das Mädchen machte einen Knicks. »Bei mir gibt es nichts zu holen, außer vielleicht …« Sie brach ab. »Na ja, eben daß ich eine Frau bin, Sie wissen schon.«
    Mélanie nickte. Ja, sie wußte schon, und vielleicht hatte Kathi ja auch recht, doch das Mädchen wußte schließlich nicht, wie es sich anfühlte, wochenlang in einer Kutsche zu reisen, mit Schmerzen im Unterleib auf schlecht gefederten Sitzen durchgeschüttelt zu werden, bis einem auch noch der Rücken schmerzte und die Glieder steif wurden. Und dazu eingeklemmt zwischen übelriechenden Leuten und abhängig von der Willkür eines Postillions. Nein, Mélanie brauchte frische Luft und ein bißchen Bewegungsfreiheit. Sie wollte weit ausschreiten und Boden unter den Füßen spüren.
    »Sie könnten zur Abendmesse in den Dom gehen«, sagte das Mädchen. »Oder vielleicht über die Krämerbrücke spazieren. Dort sind auch jetzt noch viele Leute unterwegs. Es ist nicht weit. Sie müssen nur vor auf die Marktstraße, und dann geht es links zum Dom, und zur Brücke biegt man nach rechts ab.«
    Mélanie bedankte sich bei Kathi und bat sie, das Essen um acht Uhr zu servieren. Dann warf sie sich ein langes Cape über, setzte eine Schute auf und verließ das Haus über die Hintertreppe.
    Der Mann, der dort stand und wartete, grinste zufrieden, als er sie entdeckte. Er erkannte sie an der geraden Nase und den schönen blauen Augen. Er hatte dieses verdammte Frauenzimmer richtig eingeschätzt! Henry Michelon, hatte er zu sich gesagt, die wird heute noch ausgehen! Sich die Füße vertreten. Und dann wirst du es ihr besorgen, diesem Pariser Miststück!
    Nun schlich er ihr nach. Ihm war klar, daß er nicht lange zaudern durfte. War sie einmal auf der Brücke oder auf dem Domplatz, würde es zu viele Menschen geben, die ihr zu Hilfe eilen konnten. Nur ein paar Schritte weiter gab es jedoch einen Hinterhof mit einer Treppe, die in ein Kellergewölbe führte. Seit der Laden, der dazu gehörte, ausgebrannt war, stand es leer. Dort konnte er ungestört an ihr vollenden, was er damals in den Weinbergen an der Mosel begonnen hatte.
    Der Kadaver einer toten Katze lag auf der Straße. Mélanie hob den Rock an, wollte über sie hinweg steigen, als plötzlich wie aus dem Nichts ein Schatten neben ihr auftauchte. Noch bevor sie einen Gedanken fassen konnte, sagte ihr Instinkt, daß sie sich in Gefahr befand. Blitzschnell griff sie unter das Cape, wo sie ihr Messer verborgen hatte – aber diesmal hatte Michelon damit gerechnet. Mit schnellem Griff packte er ihr Handgelenk und drehte ihr den Arm auf den Rücken. Mit der anderen Hand hielt er ihr den Mund zu, damit sie nicht schreien konnte. So zog er sie in den Hinterhof zur Treppe.
    Mélanie versuchte sich zu wehren, aber immer wenn sie sich aufbäumte, verstärkte er seinen Griff, und ein wahnsinniger, nicht auszuhaltender Schmerz fuhr ihr durch den Arm in die Schulter.
    Niemals hätte sie diesem Griff entkommen können, wenn nicht gerade, als sie bei der Treppe waren, oben ein Fenster aufgegangen wäre und jemand sein Nachtgeschirr ausgekippt hätte. Ein Schwall stinkenden Urins entleerte sich über Mélanie und ihren Angreifer. Sie nützte diesen Moment, in dem Michelon sich vor Ekel mit dem Ärmel übers Gesicht fuhr, und krallte sich mit festem Griff in seine Männlichkeit. Vor Schmerz aufschreiend, ließ er sie los und beugte sich vornüber. Mélanie fuhr im selben Moment herum – und da erkannte sie ihren Angreifer.
    »Sie!« schrie sie, faßte aber schon im nächsten Moment in ihre Röcke und stürzte hinaus auf die Straße. Dort trat sie mit dem Fuß auf etwas,
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