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Hafenweihnacht

Hafenweihnacht

Titel: Hafenweihnacht
Autoren: J.M. Soedher
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dieser Tür.

    Die öffnete sich und ihm stand der Mund vor Überraschung offen. Er merkte es, realisierte, wie er diesen Schielin mit offenem Mund und weiten Augen ansah und konnte nichts dagegen machen. Schielin nickte ihm zur Begrüßung zu und richtete seine Unterlagen. Er war zufrieden, mit dem, was er an Zugers Gesicht erkannt hatte. Fast wäre er erschrocken, als er die Tür absichtlich schnell geöffnet und so unerwartet in dieses entsetzte, bleiche Gesicht geblickt hatte, mit dem offenen Mund und den leeren Augen. Als hätte er ihn erwartet. Wie gebannt musste er auf die Tür gestarrt haben.
    Robert Funk war mitgekommen und richtete das Aufzeichnungsgerät her. Wenzel räkelte sich verhalten, stand auf und ging wortlos hinaus. Kurz darauf kam er mit einem Plastikbecher wieder und stellte ihn vor Zuger auf den Tisch. Er hatte nicht wirklich gedöst, sondern durch einen schmalen Augenschlitz beobachtet, was der Kerl im feinen Zwirn so machte. Die heftigen Kehlkopfbewegungen der letzten Minuten waren Wenzel nicht entgangen, ebenso wenig wie das ständige Knacken der Fingergelenke. In Adrian Zuger wirkten enorme Kräfte.
    Schielin begann: »Ihr Anwalt sollte demnächst hier ankommen. Mich beschäftigt eine Frage. Denken Sie daran, als welcher Mensch Sie diesen Raum verlassen.«
    Adrian Zuger hatte einen Schluck Wasser genommen. Sein Inneres war in Aufwallung – diese Polizisten, konnten die Gedanken lesen? Der eine stellt ihm das Wasser hin und der andere sprach von der Tür, und welche Bedeutung es für ihn hatte, diesen Raum wieder zu verlassen.
    Er nickte zustimmend.
    Schielin bemühte sich um eine versöhnliche Stimme, die nicht nach Vernehmung klingen sollte. »Es geht um die Nacht, in der Drohst starb. Sie waren im Hafen, das wissen wir. Sie waren zweimal dort. Aus welchem Grund sind Sie ein zweites Mal in den Hafen gefahren?«
    »Weil ich mir Sorgen gemacht hatte.«
    Schielin spürte, wie ihm das Herz höher schlug. Ein einziger Satz war es, der sie weit nach vorne brachte. Adrian Zuger redete und er hatte es nicht schnippisch, nicht zynisch, nicht lächelnd gesagt. Es war ernst und ehrlich, das spürte Schielin, wenngleich er mit der Antwort nichts anfangen konnte, sie nicht in ein halb fertiges Puzzle einsetzen konnte, um ein Bild zu erkennen. Er hatte sich Sorgen gemacht?
    »Welcher Art waren Ihre Sorgen?«
    »Jochen … Jochen Drohst.« Zuger nahm noch einen Schluck Wasser. Es war kühl und frisch. Trotzdem wurde der Kopfschmerz stärker.
    »Worüber machten Sie sich Sorgen in Bezug auf Jochen Drohst?«
    »Wir hatten eine Auseinandersetzung.«
    »Im Hafen?«
    »Ja. Ich bin auf ihn losgegangen, habe ihn umgestoßen.«
    »Wann war das?«
    »Irgendwann nach Mitternacht.«
    »Woher wussten Sie, dass er im Hafen war?«
    »Ich hatte ja unzählige Male versucht ihn telefonisch zu erreichen. Aussichtslos. Am Tag zuvor habe ich meine Frau zum Bahnhof gebracht, sie ist nach Tübingen … Sie wissen …«, er hielt inne und Schielin befürchtete die Erinnerung an Frau und Tochter, an die Familie, könnte seine Mitteilsamkeit beenden. Doch er sprach weiter: »Ich habe ihn gesehen, am Bahnhof, wie er von dort in den Hafen gelaufen ist. Nachdem meine Frau weggefahren war, habe ich ihn dort gesucht. Er hat an einem der Stände gewerkelt, Schnitzereien und so, glücklich wie ein Kind. Er hat mir gar nicht zugehört. Ja, er war wie ein Kind in mancher Hinsicht. Schrecklich für erwachsene Menschen. Es waren viele Leute da und am Abend, als er nicht in der Wohnung war, bin ich wieder in den Hafen – ich kenne ihn ja.«
    »Worum ging es bei Ihrem Streit?«
    »Er hat die Quelltexte unserer Programme verändert, üble Geschichte, und er hat Fehler eingebaut.«
    »Es gibt Datensicherungen …«
    »Auch die waren hinüber … sehen Sie … es war für ihn eher wie ein Spiel … ein makabres Vergnügen, für uns hingegen ein schier unlösbares Problem.«
    »Ich verstehe. Sie waren wütend, zornig, wussten nicht, wo er war, konnten ihn nicht erreichen und dann haben Sie ihn auf einmal, diesen verrückten Irren, diesen kindischen Kerl im Hafen gefunden. Es ist Nacht, es ist einsam … Sie haben es ihm so richtig heimgezahlt. Sie haben ihn geschlagen, niedergestoßen und … ins Wasser geworfen …?«
    Zuger wehrte zurückhaltend ab. »Nein, so nicht, das nicht. Ich war zornig, ja, ich habe ihn angeschrien, bin auf ihn los, habe ihn geschlagen und ihn mit einem Bodycheck umgestoßen, da draußen auf dem Steg.«
    »Er hat sich
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