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Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer
Autoren: Mark Roberts
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    Prolog
    Im Traum hielt Julia Caton ihr Neugeborenes in den Armen und war von der tiefsten Liebe erfüllt, die sie je erlebt hatte. Langsam verblich der Traum. Es war halb vier Uhr morgens, als sie aufwachte. Vorsichtig setzte sie sich auf die Bettkante. Sie faltete die Hände über ihrem dicken Bauch und flüsterte: «Baby.» Sie streichelte die Rundung. «Ich muss zur Toilette.»
    Das Badezimmerlicht brauchte sie nicht anzumachen, da die grelle Außenleuchte des Nachbarhauses von einem maunzenden Kater in Gang gesetzt worden war und hereinschien.
    Das ist schon einmal eine gute Vorbereitung auf das häufige Aufstehen mitten in der Nacht , dachte sie. Bei dem Gedanken, dass sie bald ihr Baby im Arm halten, stillen und lieben würde, trat ein Lächeln auf ihr Gesicht.
    Die Außenleuchte des Nachbarhauses ging wieder aus. Das Badezimmer versank in Dunkelheit.
    Hinter ihrem schmerzenden Rücken schwang lautlos die Tür auf.
    Julia erkannte den Umriss ihres Kopfes im Spiegelschrank über dem Waschbecken. Draußen gab der Kater einen Laut wie ein weinendes Baby von sich, und die Außenleuchte flammte erneut auf. Im Spiegel bewegte sich ein Schatten. Ihre herabhängenden Hände erstarrten, ihre Augen waren zwei Lichtpunkte im Glas. Dahinter glänzte ein weiteres Augenpaar im Spiegel.
    Sie spürte einen scharfen Schmerz an der Außenseite ihres linken Unterarms, etwas stach plötzlich in ihre Haut. Sie öffnete den Mund und holte Luft.
    Seine Hände schossen zu ihrem Gesicht vor, seine Finger gruben sich in ihren Mund, quetschten ihre Zunge ein und drückten ihren Unterkiefer herunter, sodass ihr Schrei erstarb. Zähne blitzten auf, und das Weiß seiner Augen leuchtete auf der dunklen Oberfläche des Spiegels.
    Als sie in seinen Armen zusammensank, schoss ihr eine Folge schrecklicher Gedanken über den Fremden in ihrem Badezimmer durch den Kopf.
    Sie war die fünfte Schwangere, die er überfiel. Er würde sie fortschaffen. Und sie würde niemals hierher zurückkehren.
    Als ihr die Sinne schwanden, flüsterte eine Stimme in die Leere:
    «Ich komme nicht aus der Dunkelheit. Ich bin die Dunkelheit selbst.»

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    1
    Auf dem Weg zur Brantwood Road hatte Detective Chief Inspector David Rosen gerade die dritte von vier roten Ampeln überfahren, als er von zwei Polizisten in einem BMW-Streifenwagen gestoppt wurde. Bei laufendem Motor hatte er ihnen seinen Polizeiausweis gezeigt, während das Fenster noch herunterglitt, ihr Wortwechsel war knapp und präzise gewesen.
    «Herodes-Killer, fünftes Opfer, erster Angriff.»
    Sie winkten ihn weiter.
    Minuten später bremste Rosen heftig vor dem Absperrband der Polizei. Obwohl Eile angebracht war, erstarrte er einen Augenblick und dachte an die Bestattung, bei der er am Vortag gewesen war. Er hatte das Aufschluchzen von Sylvia Greens Mutter noch im Ohr, als der Sarg ihrer Tochter im Krematorium hinter dem Vorhang verschwunden war. Es war das vierte Begräbnis, das er besucht hatte. Und mit jedem Mord wurde der Abstand zwischen den Taten kürzer.
    Vier Opfer, ihre Gesichter und Namen, ihre Leben, all das drängte sich ständig in seinem Kopf.
    Vier tote Frauen, und doch konnte er sich noch immer kein besseres Bild von dem Mörder machen als ganz zu Anfang. Rosen versuchte, langsam zu atmen, um den Stress, der ihm die Brust zusammenschnürte, abzubauen.
    «Los!», sagte er zu sich selbst.
    Er stieg aus und eilte zur Hintertür des weißen Transporters der Kriminaltechniker, wo Detective Sergeant Carol Bellwood bereits fertig eingekleidet stand, bereit, die Brantwood Road Nr. 22 zu betreten. Er schnappte sich einen weißen Schutzanzug vom Metallbord des Transporters. Kleine Regentropfen hatten sich auf Bellwoods schwarzes Haar gelegt, das am Kopf anliegend zu kleinen Zöpfchen geflochten war.
    «Wie lange sind Sie schon da?», fragte Rosen, als er in seinen Anzug schlüpfte.
    «Seit drei Minuten», antwortete Bellwood.
    Rosen prägte sich die Szene wie bei einem Schnappschuss ein.
    Es war kurz nach sieben Uhr an einem dunklen Morgen im März. Zwei Reihen großer Doppelhäuser aus den 1930er Jahren säumten eine wohlhabende Vorstadtstraße. Entlang der Bürgersteige links und rechts Baumreihen, jedes Haus mit drei Metern Vorgarten zwischen Haustür und Zaun zum Bürgersteig hin.
    Im Osten war der zunehmende Mond über der Brantwood Road nicht die einzige Lichtquelle. Nr. 22, das Haus, zu dem sie gerufen worden waren, war durch einen
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