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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest
Autoren: Katri Dietz
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stehen und liegen und fährt nach Hause zu seiner Familie. Dann gehen sie noch raus, schwimmen oder so, essen zusammen Abendbrot, alles Mögliche. Er hat ein richtiges Familienleben! Und dann arbeitet er abends noch zu Hause weiter. So will ich das auch.«
    »Das hört sich toll an.«
    Eins lag mir aber noch auf dem Herzen:   »Und was ist mit Jessica? Seht ihr euch dann wirklich nicht mehr?«
    »Ich spreche morgen noch mal mit dem Malsaal, dass sie sie übernehmen. Das ist sogar wichtig für ihr Praktikum. Sie soll ja alle Bereiche des Theaters kennenlernen. Und nein, dann sehe ich sie nicht mehr.«
    Ich seufzte erleichtert. Also würde er das wirklich tun, was er gestern gesagt hatte.
    Jonas nahm mich in den Arm. Ich kuschelte mich an ihn. Er war alles für mich. Mein Mann, mein Freund, mein Partner, Vater meiner Kinder, mein Seelenverwandter, mein Leben. Zaghaft schickte die Sonne durch eine dichte Wolkendecke einen kleinen Strahl ins Zimmer. Staubkörner glitzerten und drehten sich, es sah wunderschön aus.
    Was war mit dem Orkantief? Hatte es sich schon verzogen? Nach der letzten Nacht waren die Nachrichten heute bestimmt voll von Sturmschäden, vollgelaufenen Kellern und Blechschäden. Ich konnte nur hoffen, dass das Tief keine weiteren nennenswerten Schäden angerichtet hatte und dass dabei niemand verletzt oder gar ums Leben gekommen war.
    »Wieso ist manchmal alles so schwierig?«, fragte ich.   »Die Lösung ist doch eigentlich so leicht. Warum sind wir so lange um alles herumgehampelt? Und warum musste erst das mit deiner … mit   ihr   passieren, bevor wir etwas ändern?«
    Jonas überlegte kurz.
    »Ich denke, dass das allen früher oder später passiert. Vielleicht nicht so wie bei uns, sondern anders. Dass die Beziehung auf die Probe gestellt wird. Dass man neue Wege gehen muss, um glücklich zu sein, weil die alten Muster nicht mehr funktionieren. Wir versuchen vielleicht, das Lebensmuster unserer Eltern zu übernehmen, weil wir es kennen. Aber das bringt uns nichts, weil wir ja ganz andere Menschen sind, und daran gehen wir kaputt. Wir wollen mehr, wir erwarten mehr, aber dann müssen wir auch mehr investieren. Und feste Strukturen aufbrechen. Und darüber nachdenken, wie es besser gehen könnte. Ich verspreche dir jedenfalls, dass ich dich nicht mehr alleine lasse. Ganz ehrlich. Das war nicht okay.«
    Er drückte mich an sich, und ich glaubte ihm jedes Wort. Dann löste ich mich wieder, um ihn anzusehen.
    »Hey, du!«, lächelte ich.   »Wer bist du, und was hast du mit meinem Mann gemacht?«
    Ich küsste ihn.   »Ach, weißt du was? Egal. Ich behalte dich!« Dann küssten wir uns wieder. Ich konnte gar nicht genug davon kriegen. Es war, als hätte ich jahrelang vergessen, wie toll er küssen konnte! Mir fiel siedend heiß wieder ein, dass wir wie die Verrückten gestern in der Theater-Garderobe übereinander hergefallen waren.
    Allein die Erinnerung entfachte ein Feuer in mir, von dem ich dachte, dass es durch den Wut-Feuerball schon lange ersetzt worden wäre. Aber nein. Ich brodelte wie ein Vulkan, aber diesmal wie einer von der guten Sorte. Reinigendes Feuer statt zerstörerisches loderte in meinem Bauch.
    Viele Monate hatte ich mir eingeredet, dass Sex total überbewertet würde. Das stimmte aber nicht. Sex war wichtig für eine Ehe, vor allem für unsere. Wir waren beide sehr körperlich, brauchten viel Körperkontakt, und wenn wir uns nicht auch im Bett (oder in der Küche, im Wohnzimmer, im Keller, im Theater, im Wald, im Schwimmbad, auf dem Eiffelturm, wo auch immer) unsere Liebe zeigten, dann ging etwas in uns kaputt. Ich hatte vor, das wieder zu reparieren. Heute. Und morgen. Und jeden Tag unseres neuen Lebens.

Epilog
    Januar-Ausgabe   Mütter
    Wir sind   MÜTTER
    Wir stehen nachts dreimal auf, um zu stillen, Flasche zu geben oder jemanden aufs Klo zu setzen. Wir schlafen nie durch. Unsere Kinder sind Vampire, die alle Kraft aus uns saugen.
    Wir stehen morgens um fünf auf, um Betten abzuziehen, Windeln zu wechseln, Wäsche zu waschen und weinende Kinder zu trösten. Schlafende Kinder wecken wir mit einem Kuss. Wir sammeln Scherben ein, saugen Schnipsel auf, schmieren Brote, schneiden Äpfel, schreien, drohen, küssen, umarmen, müssen aufs Klo und haben gar keine Zeit dafür. Wir haben es immer eilig. Wir müssen zum Kindergarten, zur Schule, zum Schwimmen, zum Turnen, zum Krabbeln, zum   PEKIP , zum Arzt.
    Wir stoßen uns die Arme, Beine, Hüften an Ecken und Kanten und
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