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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest
Autoren: Katri Dietz
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gestorben sind, dann leben sie noch heute? Na ja, so schnell ging das dann doch nicht. Einmal gepoppt und nie mehr gestoppt, das galt vielleicht früher, als wir noch jung und unverheiratet waren.
    Als wir uns verlegen grinsend und hastig wieder anzogen, konnten wir gar nicht glauben, was wir gerade getan hatten. Jonas strich mir eine verschwitzte Strähne aus der Stirn, als ich wieder angezogen vor ihm stand.
    »Und jetzt?«, fragte er.
    »Lass uns doch noch mal in dein Büro gehen«, schlug ich vor.
    Aus dem Theatersaal drang dröhnender Applaus. Das Stück schien zu Ende zu sein, und ich wollte schleunigst hier verschwinden. Nicht dass uns noch jemand sah und die richtigen Schlüsse zog. Also, wirklich, unmöglich von uns, einfach hier, wo uns jeder hätte sehen können, miteinander zu schlafen. Allein bei der Erinnerung fühlte ich wieder ein herrlich aufregendes Kribbeln im Bauch.
    Ich hätte Jonas gar nicht zugetraut, dass er so ranging. Zumindest bei mir nicht. Früher hatte er schon mal angedeutet, er hätte gerne mal Sex an außergewöhnlichen Orten, aber dass wir damit hier und heute anfingen, hätte ich nicht erwartet. Ich musste es unbedingt und sofort Lilly erzählen.
    Jonas nahm meine Hand und führte mich zurück zu seinem Büro.
    »Wenn du möchtest, können wir auch noch was trinken gehen. Maja schläft ja heute bei meinen Eltern.«
    »Wie hast du die eigentlich dazu bekommen, sie zu nehmen?«, fragte ich.
    Bis jetzt hatte ich nicht den Eindruck gehabt, sie wären sonderlich erpicht darauf, sich um ihre Enkelin zu kümmern. Dass Inge gestern Abend spontan eingesprungen war, war auch schon so ein Glücksfall gewesen. Und heute blieb Maja gleich über Nacht außer Haus – was hatten wir doch für ein Luxusleben!
    »Ich hab gesagt, dass wir einen Notfall haben. Ich im Theater und du im Kindergarten. Und dass ich meinen Job verliere, wenn ich heute nicht komme. Und dass wir beide unmöglich Maja mitnehmen können. Anscheinend ist ihnen dann doch bewusst geworden, dass sie uns ein bisschen helfen könnten.« Ein bisschen öfter wäre sogar noch schöner, aber ob sich das ergab, stand noch in den Sternen.
    »Nein, ich weiß, was wir machen.« Schnell erzählte ich ihm von Lillys Date mit Henning.
    »Lass uns doch mit den beiden was unternehmen. Das wird bestimmt lustig!«
    Er stimmte zu, ich rief Lilly an, und wir verabredeten uns in einer Kneipe auf dem Hamburger Berg.
    Die Musik dröhnte. »Ich möchte ein Eisbär sein … am kalten Polar.« Wieso spielten sie jetzt überall dieses Lied? Ich hatte seit gestern nicht mehr an Tim gedacht. Und wie es aussah, würde ich es auch in Zukunft nicht mehr tun. Er war ein netter Typ gewesen, und das Eisbär-Lied würde mich wahrscheinlich noch ein paar Mal an ihn erinnern. Aber das war es dann auch schon gewesen.
    Jonas grölte – unwissend, was das Lied mir bedeutete – den Text mit, hatte einen Arm um mich gelegt, und wir genossen die schummerige und gedrängt volle Kneipenatmosphäre im Exx-Sparr am Hamburger Berg. Hier hatten wir uns vor knapp sechs Jahren kennengelernt. Und wir waren wieder hier – in unserm Revier.
    Lilly und Henning standen draußen und unterhielten sich. Das heißt vielmehr, sie hielten sich eng umschlungen.
    Ich gönnte es ihnen. Jonas und ich kuschelten nicht nur miteinander, sondern auch noch mit allen Anwesenden, alle klebten aneinander, so voll war es. Es war heiß, ich schwitzte, und meine vier Bier zeigten auch ihre Wirkung.
    Mir war schwindelig, und ich war unnatürlich glücklich. In mir rieselte etwas von oben nach unten, dieses herrliche Glücksgefühl, das ich so lange nicht gespürt hatte.
    Als im nächsten Moment eins meiner Lieblingslieder,  Gold  von Klee, ertönte und alles um uns herum tanzte, schmiegte ich mich eng an Jonas und tanzte mit ihm. Wir würden wie Gold sein. Ja, daran glaubte ich. Das wollte ich.
    Jonas sah mich an. Dann hob er eine Hand vor mein Gesicht.
    Wollte er jetzt testen, wie betrunken ich war, ob ich seine Finger noch zählen konnte?
    Nein. Er zog seinen Ehering ab, den er heute denkwürdigerweise mal trug. Dann nahm er meine Hand und zog an meinem Ringfinger.
    »Was soll das denn werden?«, schrie ich. Jonas bekam meinen Ring nicht ab. Natürlich nicht. Ich trug ihn ja auch seit über fünf Jahren Tag und Nacht, er war fest mit mir verwachsen.
    »Kannst du den mal abmachen?«, rief Jonas. Ich versuchte es. Zögernd und nur mit viel Spucke ließ der Ring sich überreden, sich von meinem Finger
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