Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hände weg von Zeitmaschinen

Hände weg von Zeitmaschinen

Titel: Hände weg von Zeitmaschinen
Autoren: Alfred Bester
Vom Netzwerk:
Geschlechtsorgane. Was würdest du mit einer Frau anstellen. Wieviel von dir ist mechanisch?«
    »Nicht mehr als sechzig Prozent, Alter«, lachte Tom. »Und ich habe Kinder.«
    »Und die anderen Toms und Dicks und Harrys?«
    »Zwischen dreißig und siebzig Prozent, Alter. Auch sie haben Kinder. Was die Menschen Ihrer Zeit mit den Zähnen gemacht haben, tun wir mit dem Körper. Daran ist doch nichts Schlechtes!«
    »Ihr seid keine Menschen! Ihr seid Maschinen!« schrie der Alte. »Roboter! Monstren! Ihr habt die Menschheit vernichtet.« Tom lächelte. »In Wirklichkeit, Alter, hat sich der Mensch in der Maschine und die Maschine im Menschen so sehr aufgelöst, daß eine Unterscheidung schwer zu treffen ist. Wir fällen sie nicht mehr. Wir sind zufrieden, glücklich zu leben und glücklich zu arbeiten. Wir sind entsprechend konditioniert.«
    »In den alten Tagen«, sagte der Alte, »hatten wir alle richtige Körper.
    Blut und Knochen und Nerven und Mägen. Wie ich. Wir arbeiteten und schwitzten und liebten und kämpften und lebten. Ihr lebt nicht… ihr konditionierten Supermänner, ihr Maschinenmenschen, ihr gezüchteten Bastarde aus Säure und Sperma. Nie habe ich einen Schlag gesehen, einen Kuß, einen Kampf, Leben… Wie ich mich danach sehne, wieder einmal wirkliches Leben zu sehen und nicht dessen Imitation von Maschinen.«
    »Das ist die überkommene Krankheit, Alter«, sagte Tom ernsthaft. »Warum lassen Sie uns Ihren Körper und Geist nicht rekonstruieren und heilen? Wenn wir Ihre Drüsen ersetzen könnten, Ihre Reflexe erneuern und…«
    »Nein! Nein! Nein!« schrie der Alte mit höchster Leidenschaft. »Ich werde nicht zu einem weiteren Tom werden.« Er sprang von seinem Stuhl auf und ging mit dem Stock auf den netten jungen Mann los. Der Schlag riß dessen Gesichtshaut auf und kam so unerwartet, daß der junge Mann erstaunt aufschrie. Ein weiterer netter junger Mann kam auf die Veranda geeilt, ergriff den Alten und führte ihn zum Stuhl zurück. Dann wandte er sich Tom zu, der die frostige Flüssigkeit, die aus der Wunde in seinem Gesicht quoll, beiseite wischte. »Alles in Ordnung, Tom?«
    »Nichts passiert.« Tom sah den Alten scheu an. »Weißt du, ich glaube, er wollte mich wirklich verletzen.«
    »Natürlich wollte er das. Das ist das erste Mal, daß du ihn besuchst, nicht wahr? Du solltest einmal sehen, wie er flucht und was er sonst noch anstellt. Was für ein alter, unkonditionierter Rebell er doch ist. Wir sind ziemlich stolz auf den alten Burschen. Er ist einzigartig. Ein pathologisches Museumsstück.« Der zweite junge Mann nahm neben dem Alten Platz. »Ich gebe eine Weile auf ihn acht. Du kannst dem Botschafter ja zuschauen.«
    Der Alte zitterte und weinte. »In den alten Tagen«, meinte er mit zitternder Stimme, »gab es Mut und Tapferkeit und Geist und Stärke und rotes Blut und…«
    »Na, na, Alter«, unterbrach ihn sein neuer Aufpasser brüsk, »das gibt es auch heute. Wenn wir einen Menschen rekonstruieren, nehmen wir ihm nichts – bis auf die verrotteten Teile seines Geistes und Körpers.«
    »Wer bist du?« fragte der Alte. »Ich bin Tom.«
    »Tom?«
    »Nein. Tom. Nicht Tom. Tom.«
    »Du hast dich verändert.«
    »Ich bin nicht der gleiche Tom, der eben noch hier war.«
    »Ihr seid alle Toms«, schrie der Alte mitleiderregend. »Ihr seid alle die gleichen, gottverdammten Toms.«
    »Nein, Alter. Wir sind alle anders. Sie können es nur nicht sehen.« Der Tumult und das Jubeln kamen näher. Draußen auf den Straßen vor dem Hospital begann die Menschenmenge aufgeregt zu schreien. Eine der Straßen wurde geräumt. Tief unten blitzte etwas auf, und erste Takte von Musik wurden hörbar. Tom faßte den Alten unter dem Arm und hob ihn vom Stuhl.
    »Kommen Sie zum Geländer, Alter«, sagte er aufgeregt. »Kommen Sie und sehen Sie sich den Botschafter an. Das ist ein großer Tag für Mutter Erde. Schließlich ist es uns doch noch gelungen, den Kontakt mit den Sternen zu knüpfen. Das ist der Beginn einer neuen Ära.«
    »Es ist zu spät«, murmelte der Alte. »Zu spät…«
    »Was meinen Sie damit, Alter?«
    »Wir sollten sie gefunden haben, nicht sie uns. Wir sollten die ersten gewesen sein. In den alten Zeiten wären wir die ersten gewesen. Wir kämpften und litten…«
    »Dort ist er!« schrie Tom und deutete die Straße hinab. »Er hält vor dem Institut… Jetzt kommt er heraus… Er kommt näher. Nein, warten Sie! Er ist stehengeblieben… Im Center. Was für eine großartige Geste. Das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher