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Hades und das zwoelfte Maedchen

Hades und das zwoelfte Maedchen

Titel: Hades und das zwoelfte Maedchen
Autoren: Aimée Carter
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sich hinab und legte seinem Hund ein Halsband samt Leine um, während er seinen Schock zu verbergen versuchte. „Ich bitte nochmals um Entschuldigung. Wenn ich irgendetwas tun kann, um das wiedergutzumachen …“
    „Nein, wirklich kein Problem“, beschwichtigte Diana und legte ihrer Tochter einen Arm um die Schultern. „Das ist doch die perfekte Ausrede für uns, uns mit Cupcakes vollzustopfen. Wir besorgen uns auf dem Heimweg ein paar Hotdogs.“
    „Lassen Sie mich Ihnen wenigstens das Geld dafür geben“, bat er, weil das jeder Sterbliche getan hätte, doch Diana schüttelte den Kopf.
    „Wenn Sie helfen wollen, könnten Sie ein paar Fotos von uns machen“, bot sie an und hielt ihm eine Kamera entgegen. „Wenn ich es probiere, werden sie nie so richtig etwas.“
    Henry nahm die Kamera, ein modernes Modell, das leichter in seinen Händen lag, als er erwartet hatte. „Natürlich“, antwortete er und spähte durch das Objektiv. Selbst so strahlte Kate ihm entgegen wie ein Leuchtfeuer, als wäre sie die einzige Flamme in einer Welt der Dunkelheit.
    Er würde sie beschützen. Er würde für sie töten. Er würde für sie vergehen, wenn es nötig wäre, um dafür zu sorgen, dass sie das Leben bekam, das sie verdiente. Und selbst wenn er sie niemals auf die Weise lieben würde, wie Diana es sich wünschte, würde er ihr doch all die Zuneigung und den Respekt erweisen, die sie verdiente.
    „Bitte schön“, sagte er schließlich, als er den gesamten Film verknipst hatte. „Sie sehen beide bezaubernd aus.“
    Kate grinste und versuchte sich den lila Zuckerguss abzulecken, der irgendwie auf ihrer Nase gelandet war. „Sie sind lustig“, erklärte sie und hielt ihn mit jenem zeitlosen Blick fest. „Mama, kann er mitkommen zum Hotdog-Stand?“
    Diana sah zu ihm auf, und er zögerte. Nichts hätte er lieber getan, als mehr Zeit mit den beiden zu verbringen, aber wohin würde das führen? Sie war ein kleines Mädchen. Keinem von ihnen würde es etwas bringen, wenn er sich jetzt, als Erwachsener, mit ihr anfreundete. Und er wäre ihr nützlicher, wenn er sie aus der Ferne beschützte.
    „Danke“, antwortete er, als er Diana die Kamera zurückgab. „Aber ich fürchte, ich muss gehen. Es war mir eine Freude, dich kennenzulernen. Und alles Gute zum Geburtstag, Kate. Ich wünsche dir noch unendlich viele davon.“
    Wieder kicherte Kate, dann warf sie ihm eine Kusshand zu. Als Diana lachte und sie an sich zog, wandte Henry sich ab und ging fort. Damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte nicht erwartet, dass sie zu verlassen eines der schwersten Dinge sein würde, die er je getan hatte. Aber wenn es nach ihm ging, würde er dafür sorgen, dass er das nie wieder tun müsste.
    Als er in die Unterwelt zurückkehrte, wartete auf seinem Schreibtisch ein Päckchen auf ihn. Neugierig wickelte er es aus dem lila glitzernden Geschenkpapier und rümpfte gleichzeitig angewidert die Nase. Wer, um alles in der Welt, würde ihm so etwas schicken?
    Doch sobald er erkannte, was sich darunter verbarg, war jede Frage über den Absender wie weggeblasen. Eingehüllt in lavendelfarbenes Seidenpapier lag ein Schwarzweißfoto von Diana und Kate, wie sie mitten im Central Park lachend Cupcakes in beiden Händen hielten. Es musste Diana gewesen sein, die das Bild gerahmt hatte, und sanft schimmerte es im Kerzenlicht, eine Reflexion kurz vor der Vollendung. Es fehlte nur noch der letzte Schliff von seiner Hand.
    Es war lange her, dass er eine Reflexion erschaffen hatte – ein Bild, das mehr Wunsch als Realität war. Doch für ihn war dieses Foto beides. Hier sah er seine Zukunft; ein Leben, das er möglicherweise eines Tages haben würde, wenn er hart genug darum kämpfte. Wenn er Kate beschützte. Wenn er ihr, sobald die Zeit reif war, einen Grund gab, ihn zu wählen.
    Vorsichtig schob er die Reflexion in seine Tasche und holte tief Luft. In der Zwischenzeit musste er noch etwas anderes erledigen.
    „Wohin gehen wir?“, fragte James misstrauisch, als Henry ihn den Mittelgang des Thronsaals entlangführte. Gemeinsam betraten sie das Vorzimmer, und obwohl Henry die letzten tausend Jahre damit verbracht hatte, ihm aus dem Weg zu gehen, reichte er James nun die Hand.
    „Vertrau mir.“
    Skeptisch beäugte James ihn, und auch wenn Henry ihm seine Unsicherheit nicht zum Vorwurf machen konnte, wurde er langsam ungeduldig.
    „Wenn ich dir irgendetwas Schreckliches antun wollte, hätte ich es schon vor Jahrhunderten getan“, erklärte Henry.
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