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Hacken

Hacken

Titel: Hacken
Autoren: Christoph Braun
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US-Magazin
The Esquire.
Untertitelt »How The Sun Rose On The Silicon Valley«, wie also über dem Silicon Valley die Sonne aufging, erzählt die Story die technologischen Umwälzungen ebenso wie das neue Gebaren der Firmenleitung und ihrer Angestellten. Intel, die Firma des Robert Noyce, wuchs nur ganz langsam zu jenem Marktführer heran, der sie noch heute ist. Wenn Wolfe es treffend schildert, dann war Noyce der erste Unternehmensgründer, der es ablehnte, einen Autoparkplatzfür sich selbst auf dem Firmengelände zu reservieren. Die flachen Arbeitshierarchien, denen auch ich später in meinem Berliner Arbeitsleben begegne, Noyce führte sie ein. Sagt zumindest Wolfe. Nicht, weil der Ingenieur ein so herzensguter Mensch gewesen ist. Noyce erkannte vielmehr, dass flache Hierarchien die Effizienz eines Unternehmens steigern können. Zudem war Noyce ein brillanter Netzwerker, ein Stratege des Wachsens in die Breite. Wenn die Arbeit zu Ende war, dann pflegte er nicht jene Clubs zu besuchen, in die er ob seines Finanz- und Machtstatus’ eigentlich gehörte, die Salons der oberen Zehntausend. Um sich auf dem Stand der Technik zu halten, trank Noyce mit den Entwicklern und Ingenieuren und nicht mit den Geschäftsführern. Sie trafen sich in den Kneipen von Mountain View und all den anderen Orten an der San Francisco Bay, die bald Silicon Valley genannt wurden. Wenn der 24-Stunden-Tag und damit das Arbeitsparadigma jenes Silicon Valley also längst zum Standard der internationalen Geschäftswelt geworden ist, so hat Robert Noyce, geboren 1927 in Iowa, gestorben im Alter von 66 Jahren in Texas, seinen Anteil daran.
     
    Das erste Anzeichen jenes Vermächtnisses, das der Bürgermeister des Siliziumtals hinterlassen hat, ist ein Objekt, ein Spielding. Es ist 1999 und ich trete in direkten Kontakt mit dieser neuen Unternehmenskultur. Seit Mitte der 1990er-Jahre, grob also, seit ich meine ersten E-Mails an Walter Mitty schicke, herrscht Geraune, Geflüstere und Geschrei um diese Unternehmenskultur. Der heiße Talk um die New Economy ist in vollem Gange. Die Dotcom-Blasehat sich längst mit einer Menge heißer Luft gefüllt. Doch in Berlin wird noch eingestellt, und gesucht werden Musikredakteure. »Hän-de-ring-end!«, wie es im Jargon der Medienwirtschaft heißt. So »hän-de-ring-end!«, dass trotz meiner kurzen Zeit als professioneller Popautor das Bewerbungsgespräch so lange dauert wie jene Partie Tischfussball, die ich als Willkommenspräsent und als Gelegenheit zum Aufwärmen spielen durfte. Der Kicker steht im Büro eines Start-ups in Berlin-Mitte, und wirklich, die Kürze des Bewerbungsgesprächs erweist sich als Indikator: Büro, Büro, zum ersten Mal in meinem Leben werde ich fest in einer Firma angestellt. Drei Monate lang werde ich Popnachrichten recherchieren, schreiben und produzieren. Meine direkte Umgebung bildet eine ähnlich coole Gemeinschaft wie jene temporäre Clique, die sich während der Freistunde zum Kaffee im Abhängraum der gymnasialen Oberstufe getroffen hat. Nur stiftet hier nicht das Abitur die Gemeinsamkeit. Eine Haltung ist es: Man teilt sich das Büro in dem Bewusstsein, etwas total »Verrücktes«, »Niedagewesenes«, »Avantgardistisches« zu machen.
     
    Wir arbeiten im Zentrum dessen, worüber die ganze Welt redet, wir arbeiten im Zentrum des Internet. Noch ist nicht abzusehen, wie aus diesem einstigen Spezialmedium ein Massenmedium gestaltet werden kann. Bekanntlich ist zu diesem Zeitpunkt auch noch kaum ein Plan dafür da, mit dem Internet Geld zu verdienen. Doch es ist neu. Es ermöglicht eine ganz andere Beschaffenheit des Miteinanderredens, des Kontaktierens. Und deshalb möchtejeder damit zu tun haben. Die Neugier! Nur so ist es möglich, dass den Finanzinvestoren in jenen Jahren schon die Verheißung genügt. Dass sie sich gar nicht an die Faktizität der Businesspläne all jener BWL-, VWL-, Jura- und Informatikabsolventen halten. Der Dotcom-Hype ist eine Zeit der Wünsche, und sie geht für die meisten Firmen schnell vorbei. Schon nach drei Monaten Kickern verlasse ich jenes Unternehmen, da die Insolvenz schon abzusehen ist. Ganz zu Ende geht meine Zeit der Festanstellung im Internet-Geschäft damit noch nicht. Wie es damals Trend ist, werde ich »geheadhunted« – von einem Technologiedienstleister in Prenzlauer Berg.
     
    Das Start-up ist technologisch ganz weit vorne in den ortsbezogenen Datenanwendungen und von zwei Aktivisten des Chaos Computer Clubs gegründet worden. Hier
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