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Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Titel: Guten Tag, ich bin das Hausgespenst
Autoren: Marie Louise Fischer
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gelegen hatten, einen guten Meter über dem Boden schwebend, schaukelnd nach und setzte sich mitten auf den Tisch.
    Danach kam nichts mehr.
    Der Vater fand als erster die Sprache wieder. „Und ich habe immer gedacht“, gestand er ganz erschüttert, „was nicht sein kann, kann nicht sein!“
    „Niemand“, sagte Peter, „niemand wird mir das glauben!“
    „Ich halt’s nicht aus!“ gestand die Mutter. „Nennt mich, wie ihr wollt, ich weiß, es ist eine schreckliche Enttäuschung für euch... aber ich halt’s in diesem Haus nicht aus.“ Sie begann zu weinen.
    „Brauchst du ja auch nicht, Hilde“, sagte der Vater und gab ihr ein sauberes Taschentuch, „wir müssen ja nicht hier wohnen.“
    „Ich weiß, daß es euch nicht soviel ausmacht wie mir!“ Die Mutter putzte sich die Nase. „Aber ich... ich muß den ganzen Tag allein in diesem unheimlichen Haus sein und... und ich habe einfach nicht die Nerven wie ihr!“
    „Ist ja schon gut, Hildchen, das verstehen wir doch alle. Gleich morgen rufe ich Herrn Graunke an und kündige, und wenn wir nicht so schnell eine passende Wohnung finden, ziehen wir eben für den Übergang zu einem Bauern.“ Er wandte sich an die anderen. „Ihr seid doch einverstanden, daß wir ausziehen?“
    „Ich glaube, ich würde es auf die Dauer auch nicht aus-halten“, gestand Liane, „lieber ein friedliches Familienleben als ein eigenes Zimmer und einen Teich voll Seerosen.“
    „Man muß wissen, wann man verloren hat“, bemerkte Peter weise.
    Nur Monika fragte: „Wollt ihr wirklich aufgeben?“
    „Ja, Moni.“
    „Und was wird dann aus Bodo?“
    „Dir scheint ein Pferd lieber zu sein als Mutti!“ erklärte Liane spitz.
    „Du bist gemein!“ schrie Monika, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Der Vater strich ihr über das rote Haar. „Ich verstehe, daß du jetzt traurig bist, Moni, wir sind es ja alle. Nach einem so schönen Traum ist das Erwachen immer bitter.“
    „Aber das Haus, der Stall, die Scheune, die Wiese, der Teich... das ist doch alles kein Traum! Die sind doch wirklich da! Ich will mich nicht vergraulen lassen!“
    „Du bist überstimmt, Moni“, sagte der Vater freundlich.
    „Es hat keinen Zweck zu meutern. Es ist nicht nur wegen Muttis Nerven. Auch ich kann nicht unter Erscheinungen leben, die ich mir beim besten Willen nicht erklären kann. Das würde mich verrückt machen. Immer warten, was als Nächstes geschieht... das halte ich nicht aus!“
    „Ich auch nicht!“ echoten Liane und Peter.
    Die Mutter kämpfte immer noch mit den Tränen.
    Monika wußte, daß sie gegen den Familienrat nichts ausrichten konnte, aber sie war immer noch nicht bereit aufzugeben.

Das Gespenst stellt sich vor

    Den ganzen schönen Sonntag grübelte Monika darüber nach, wie sie es anstellen konnte, daß sie doch auf dem herrlichen Anwesen wohnen blieben. Die anderen taten ganz vergnügt, und wenn Monika auch wußte, daß sie es nicht wirklich waren, war sie sich doch darüber im klaren, daß niemand den Auszug so schmerzlich empfand wie sie selber. Niemand, auch Liane nicht, hatte sich ja so gefreut, Bodo zu Besuch zu bekommen.
    Nach langem Nachdenken kam sie zu dem Schluß, daß nur einer jetzt noch helfen konnte: das Gespenst.
    Sie war entschlossen, mit dem Gespenst zu reden.
    Deshalb stopfte sie sich abends ihr Kopfkissen in den Rücken, setzte sich aufrecht in ihr Bett, machte die Nachttischlampe aus und wartete.
    Wer nicht erschien, war das Gespenst.
    Nach einer ganzen Weile begriff Monika, daß es wahrscheinlich überhaupt nicht kommen würde, solange sie nicht schlief. Woher sollte es auch wissen, daß sie mit ihm reden wollte.
    Sich hinzulegen und einzuschlafen wagte sie aber nicht, weil sie dann vielleicht erst erwachen würde, wenn das Gespenst schon wieder aus dem Zimmer war.
    Dann hatte sie eine Idee. Sie stieg aus dem Bett, zog einen Mantel und ihre Hausschuhe an und verließ leise und auf Zehenspitzen das Zimmer, paßte auf, daß die Tür nicht quietschte und der Holzboden nicht knarrte und schlich sich zur Speichertreppe. Ohne Licht anzuknipsen schlich sie sich nach oben.
    Zum Glück fiel ein Schimmer Mondlicht durch eines der kleinen schrägen Fenster, so daß es nicht ganz dunkel war. Monika setzte sich auf eine der Umzugskisten und wartete. Wenn das Gespenst merkte, daß sie hier oben war, würde es schon darauf kommen, daß sie es suchte.
    Um die Sache noch sicherer zu machen, sagte Monika von Zeit zu Zeit halblaut: „Gespenst, Gespenst, ich muß
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