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Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Guten Tag, ich bin das Hausgespenst

Titel: Guten Tag, ich bin das Hausgespenst
Autoren: Marie Louise Fischer
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dachte, es würde dir Spaß machen. Also dann nicht. Aber halte meine Mutter wenigstens nicht bei der Arbeit auf.“
    Amadeus stülpte sich seine Perücke wieder auf. „Versprochen“, sagte er.
    „Ist das dein Ernst?“ fragte Monika überrascht.
    „Parole d’honneur“, bestätigte Amadeus, „großes Ehrenwort.“
    „Du willst uns also nicht mehr erschrecken? Nicht mehr ärgern?“
    Plötzlich lächelte Amadeus mit seinem blassen Mund. „Ich brauch’s ja jetzt nicht mehr.“
    Monika konnte ihn nur verständnislos anblicken.
    „Du hast ja jetzt Notiz von mir genommen“, stellte Amadeus ruhig fest.
    „Die früheren Hausherren etwa nicht?“
    „Manche. Die Stiegelmanns zum Beispiel. Die waren nett zu mir. Aber vor ihnen der junge Professor, der wollte nicht glauben, daß es mich gibt. Da habe ich seine Frau aus dem Haus gegrault.“
    „Und dann?“
    „Hat er immer noch nichts verstanden. Er hat gesagt, sie taugt nichts. Daß ich es gewesen bin, hat er nicht begriffen... er hat es nicht begreifen wollen. Dem konnte ich jeden Streich spielen, der hatte für alles eine natürliche Erklärung.“
    Monika hatte nachgerechnet. „Sag mal, Amadeus, wie alt bist du eigentlich?“
    „Zwölf Jahre…“
    „Aber die Stiegelmanns sollen doch vierzig Jahre...“
    „Ich bleibe immer zwölf Jahre alt“, erklärte Amadeus mit Nachdruck.
    „Ach so!“ sagte Monika, obwohl sie es nicht ganz verstand; sie rieb sich mit dem Zeigefinger die Nasenspitze. „Du ärgerst die Leute also nur, weil sie dich nicht beachten?“
    „Wie würdest du dich wohl fühlen, wenn du unter Menschen lebtest, die einfach keine Notiz von dir nähmen? Die immer über dich wegreden und tun, als wärst du gar nicht da? Das ist...“ Er suchte nach dem passenden Wort.
    „Ennuyant?“ schlug Monika vor.
    „Viel schlimmer! C’est un affront!“
    „Was?“
    „Eine Beleidigung! Und ich habe es nicht nötig, mich beleidigen zu lassen.“
    „Nein, ganz bestimmt nicht.“ Monika mußte gähnen. „Soll auch nicht wieder Vorkommen. Ich bin sehr, sehr froh, daß wir uns ausgesprochen haben.“
    „Ja“, sagte Amadeus, „das war eine gute Idee von mir.“
    „Von dir? Ach ja, so könnte man es auch ansehen.“
    Amadeus begann sich vor ihren Augen aufzulösen, seine Konturen verwischten sich, liefen auseinander, bis nur noch ein formloses Nebelgebilde da war, das sich in Luft auflöste. Monika riß die Augen auf, aber von Amadeus war nichts mehr zu sehen.
    „Amadeus!“ rief sie. „Auf Wiedersehen!“
    „Au revoir“, antwortete eine Geisterstimme aus dem Nichts heraus, „au revoir, Monique!“
    Monika wurde plötzlich müde, so müde, daß ihr, obwohl die Umzugskiste alles andere als bequem war, die Augen zufielen. Ehe sie einschlief, fühlte sie sich emporgehoben. Wieder erlebte sie das wundervolle Gefühl des Schwebens, wie damals auf dem Balkon, nur daß es diesmal viel länger dauerte, bis sie sanft in ihr Bett fiel.
    „Danke, Amadeus“, murmelte sie, „vielen Dank!“ Dann war sie endgültig eingeschlafen.

Amadeus, gib ein Zeichen!

    Am nächsten Morgen wachte Monika erst auf, als ihre Mutter sie an den Schultern rüttelte.
    „Moni, Liebling, es ist höchste Zeit!“ rief Frau Schmidt. „Die anderen sind schon unten!“
    Monika rieb sich die Augen. „Du bist es! Ich dachte zuerst, es wäre Amadeus!“
    „Bist du krank?“ Besorgt legte die Mutter ihr die Hand auf die Stirn.
    „Ich glaube nicht!“ Monika gähnte. „Ich bin einfach müde.“
    „Aber wovon? Du bist doch gestern früh genug ins Bett gegangen?“ Frau Schmidt fiel etwas ein. „Und wir anderen haben wundervoll geschlafen.“
    „Ja, weil ich mit dem Gespenst gesprochen habe.“
    „Was hast du!?“
    „Mit dem Gespenst gesprochen. Es heißt nämlich Amadeus. Zuerst habe ich hier unten auf ihn gewartet, und dann bin ich auf den Dachboden geklettert.“
    „Du hast geträumt!“
    „Nein, Mutti, bestimmt nicht.“ Monika dachte nach. „Ich glaube, ich kann es dir beweisen. Als Amadeus mich herunterbrachte...“
    „Was hat er?“
    „Mich getragen. Das hat er schon einmal getan. Damals, als ich aus Versehen auf den Balkon hinausgegangen bin. Aber das erzähl ich dir ein anderes Mal. Jedenfalls... ich glaube, daß ich gestern nacht auf der Speichertreppe meinen einen Pantoffel verloren habe.“ Monika beugte sich vor und blickte unter ihr Bett. „Oder ist er da?“
    „Nur einer“, mußte Frau Schmidt zustimmen.
    „Na siehst du!“
    „Warte mal!“ Frau Schmidt
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