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Guten Abend, Gute Nacht

Guten Abend, Gute Nacht

Titel: Guten Abend, Gute Nacht
Autoren: Jeremiah Healy
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war. Er war damals schon alt genug, daß es ihm weh getan hat, aber wenigstens hatte ich einen guten Job als Sekretärin in einer Versicherungsagentur. Sie sind pleitegegangen, aber ich habe sofort einen neuen Job gefunden, wieder bei einer Versicherung. Bei Craig and Bulley, so heißt die Agentur, bin ich jetzt seit dreizehn Jahren.«
    Ich erinnerte mich an den Namen aus meiner Zeit als Detektiv bei der Empire Insurance. Ich schaute mich anerkennend im Zimmer um. »Sie scheinen es zu was gebracht zu haben.«
    »Ach, das.« Nervös spielte sie mit den Händen. »Das ist alles von meinen Eltern. Es war ihr Haus. Als mein Mann uns verlassen hat, haben mein Vater und meine Mutter mich und William aufgenommen. Mein Bruder... Ich hatte einen Bruder, Thomas, aber er ist in Vietnam gefallen.«
    Ich fragte mich, bei welcher Einheit er wohl gewesen war, und wo, sagte aber nur: »Ja?«
    »Thomas war so etwas wie ein Vorbild für William. Er war bei den Marines und hat William Souvenirs und solche Dinge mitgebracht. Hier in Rox’ gab es nicht viele Demonstrationen gegen den Krieg und solche Dinge. Zu viele Leute hatten Angehörige drüben, wissen Sie, deshalb ist William irgenwie in dieses militärische Fahrwasser gekommen, hat immerzu gesagt, er wollte auch eines Tages ein Marine werden. Und dann...«
    »Und dann?«
    Sie seufzte. »Dann ist Thomas gefallen. Es war seine zweite Stationierung drüben, kurz vor Ende des Krieges, als dort alles... ach, ich weiß auch nicht, so hoffnungslos ausgesehen hat.«
    »Und das hat William sehr mitgenommen?«
    »Es war, als hätte er seinen Vater noch einmal verloren. Diesmal allerdings hat es William auf die Straße getrieben. Er hat angefangen, sich mit Kids aus Gangs herumzutreiben.«
    »Ich glaube, ein paar von denen habe ich kennengelernt, als ich zu Ihnen gekommen bin.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Ich hatte den Eindruck, als wären sie auch in der Versicherungsbranche. «
    »Versicherungsbranche ?«
    »Autoversicherung. Schutz vor mutwilliger Beschädigung.«
    »Oh«, sagte sie, sichtlich erschüttert. »Das tut mir leid. Ich hoffe, alles ist in Ordnung. Ich hätte in Ihr Büro kommen sollen...«
    Ich hob eine Hand. »Der Wagen ist alt, und in meinem Büro stinkt es nach frischer Farbe. Alles ist bestens. Bitte, fahren Sie fort.«
    »Na ja, die Kids haben William eine Menge Schwierigkeiten eingebrockt. Schwierigkeiten mit der Polizei, aber nichts Ernstes. Ladendiebstahl, Herumtreiberei, ein paar Schlägereien. Er hat nie jemanden übel verletzt, aber mein Vater hat davon erfahren. Er ist an einem Herzinfarkt gestorben. Meine Mutter auch, aber wegen Dad, nicht wegen William, wissen Sie.«
    »Ich verstehe.«
    »Was William gemacht hat, war alles nur Kleinkram, aber ich hatte trotzdem Angst um ihn. Doch eine alleinstehende Frau kann nicht besonders viel ausrichten.«
    »Von der Straßengang nach Calem ist es ein großer Sprung.«
    »Oh, ja. Als William auf der High School war, hat er bei den Tests immer sehr gut abgeschnitten. So gut, daß seine Freunde sauer auf ihn waren und ihm das ganze schrecklich peinlich wurde. Also hat er angefangen, absichtlich zu versagen. Bei den Antworten auf Fragen, meine ich, um sich ein bißchen mehr anzupassen, nicht so sehr aufzufallen. Jedenfalls, eine seiner Lehrerinnen hat es bemerkt. Sie ist wirklich sehr gut mit ihm zurechtgekommen und hat es geschafft, daß er auf die U Mass — die University of Massachusetts — draußen am Columbia Point kam. Dort konnte er kostenlos zu einem Psychologen gehen, was er auch gemacht hat. Er ist wieder auf die richtige Bahn gekommen. Es war wie eine Erlösung.«
    »Wie hieß dieser Psychologe?«
    »Dr. Lopez. Mariah Lopez.«
    »M-a-r-i-a-h?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Und die Lehrerin?«
    »Sie meinen, Sie wollen mit ihr sprechen?«
    »Ja.«
    »Sie hieß Sheridan. Emily Sheridan. Aber sie ist vor, warten Sie, zwei Jahren, pensioniert worden und dann zurück nach Arizona gezogen.«
    »Hat es William auf der Uni gefallen?«
    »Ja. Er war zwei Jahre dort und hat sich wirklich sehr gut gemacht. Seine Lehrer haben nur von ihm geschwärmt. Da lag dann aber auch genau ein Teil seines Problems.«
    »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Hm«, sagte sie, griff nach der Kaffeetasse, zögerte dann aber. »Die Lehrer waren der Ansicht, daß er es auch auf einer besseren Schule als der U Mass schaffen könnte, und einige von ihnen, darunter auch Dr. Lopez, haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihn auf dem Goreham College
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