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Guten Abend, Gute Nacht

Guten Abend, Gute Nacht

Titel: Guten Abend, Gute Nacht
Autoren: Jeremiah Healy
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Schwarze, die auf einer Treppe zwischen mir und dem Haus der Daniels hockten. Alle trugen ärmellose Muscleshirts, Jogginghosen und Turnschuhe. Zwei trugen Socken, einer nicht. Aus einem Ghettoblaster kam leiser Rhythm-and-Blues. Ich kannte das Stück nicht.
    Als ich auf einer Höhe mit ihnen war, erhob sich der größte der drei und machte einen Schritt auf mich zu. Nicht drohend. Er kam einfach nur auf mich zu.
    »Fünf Bucks«, sagte er.
    »Fünf Bucks?«
    »Damit wir auf deine Karre aufpassen, Mann.«
    »Damit ihr nichts passiert?«
    »Genau.«
    »Tja, Leute«, sagte ich, »ich bin heute abend hier, weil ich jemandem einen Gefallen tue. Der Sohn von Ms. Daniels hat ein paar Probleme, und ich habe einem Freund versprochen, ich würde mal vorbeischauen und sehen, ob ich helfen kann.« Einer der anderen Kids auf der Treppe meldete sich zu Wort. »Hab mir schon gedacht, daß du wegen Willie-Boy hier bist.«
    »William Daniels heißt er, hat man mir gesagt.«
    »Zehn Bucks«, sagte der ursprüngliche Wortführer.
    »Zehn?« wiederholte ich.
    »Fünfzehn«, sagte der Wortführer.
    Ich verschränkte die Arme. »Habt ihr was gegen den jungen Daniels?«
    »Ja«, meinte der Typ, der auf der Treppe hockte. »Wir haben was gegen ihn.«
    »Was denn?«
    Zum ersten Mal meldete sich jetzt auch der Dritte zu Wort. »Bist’n Bulle?«
    Wortführer sagte: »Die Schrottkiste da ist keine Bullen-Karre.«
    »Könnte doch seine Privat-Schleuder sein«, wandte der Dritte ein.
    Ich sagte: »Cops werden besser bezahlt. Ich bin Privatdetektiv, will nur helfen.«
    »Wem?« fragte Wortführer.
    »Einem Freund, wie ich schon gesagt habe. Und jetzt: Was habt ihr gegen Daniels?«
    »Der wollte einen auf Weißer machen«, meinte Treppenhocker.
    »Hat sich mächtig Mühe gegeben«, sagte der Dritte.
    »‘Ne weiße Vorstadt-Pussy und alles«, sagte der auf der Treppe.
    »Und was hat ihm das gebracht? Null«, meinte Wortführer. »Tja«, sagte ich, »hier bring ich ihm aber auch nicht viel.« Und ging weiter.
    »He?« sagte Wortführer.
    »He, was?« sagte ich über die Schulter zurück.
    »Was ist mit unserer Kohle?«
    »Mit eurer Kohle?«
    »Ja«, sagte der Dritte.
    »Unser Zehner«, meinte Treppenhocker.
    »Unsere fünfzehn Mäuse«, korrigierte Wortführer.
    »Jungs«, sagte ich, den Fuß schon auf der Treppe zur Haustür der Daniels. »War wirklich nett, mit euch zu plaudern.« Ich versuchte mein Glück an der Fliegentür. Sie öffnete sich. »Aber ihr kriegt nicht mal einen Dime, damit ihr auf meine Karre aufpaßt.«
    »Scheiße, Mann«, zischte Wortführer.
    »Ihr seid noch jung«, sagte ich. »Ihr werdet’s überleben.«
    Ich betrat den Hausflur.
    Nachdem ich zum zweiten Mal angeklopft hatte, wurde die eigentliche Haustür einen Spalt geöffnet. Eine schwarze Frau mittleren Alters lächelte mich durch drei Sicherheitsketten unsicher an.
    »Mr. Cuddy?«
    »Richtig.«
    »Bitte, kommen Sie herein.«
    Sie führte mich in ein kleines Wohnzimmer. Das Äußere des Hauses war dem Inneren nicht gerecht geworden. Die Möbel waren alt, massiv und poliert. Auf den bunten Polstermöbeln lagen Zierdeckchen. Die Feuerstelle unter dem marmornen Kaminsims war mit rosafarbenen Kacheln verkleidet. Auf einem Couchtisch mit Intarsienarbeiten aus den dreißiger Jahren stand genau in der Mitte ein Tablett mit Porzellantassen und — Untertassen und dazu passender Teekanne, sowie einer gläsernen Kaffeekanne.
    »Bitte, nehmen Sie doch Platz. Möchten Sie Tee oder Kaffee?«
    Normalerweise trinke ich weder das eine noch das andere, aber wo sich sich schon mal die Mühe gemacht hatte, sagte ich: »Tee, bitte. Zucker, keine Milch.«
    »Zitrone?«
    »Nein, danke.«
    Wir schwiegen, während sie einschenkte. Sie nahm Kaffee. Ihre Hände zitterten leicht, doch sie verschüttete nichts.
    Ich probierte den Tee, machte ihr ein Kompliment. Sie nannte mir den Namen der Teesorte, doch der war praktisch unaussprechlich, ich hätte ihn ohnehin sofort wieder vergessen.
    Ich sagte: »Lieutenant Murphy hat mich gebeten, mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen.«
    Sie nippte an ihrem Kaffee, stellte die Tasse wieder ab. »Es... Es ist nett von ihm, daß er Sie gefragt hat, aber es... es fällt mir einfach nicht leicht, darüber zu sprechen.«
    »Vielleicht wäre es leichter, wenn Sie mir etwas über Ihren Sohn erzählen. Nennen Sie ihn William?«
    »Ja, William. Sein voller Name ist William Everett Daniels — mein Vater hieß Everett. Mein Mann hat uns verlassen, als William vier
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