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Gute-Nacht-Geschichten vom kleinen Apfelbäumchen

Gute-Nacht-Geschichten vom kleinen Apfelbäumchen

Titel: Gute-Nacht-Geschichten vom kleinen Apfelbäumchen
Autoren: Ludwig Hellmann
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sehen. Der kleine Apfelbaum war am Verzweifeln. Die Raupen hatten sich überall breit gemacht. Besonders ärgerte den kleinen Baum, dass die Tiere zwar seine Blätter fraßen, die der Mistel aber verschonten.
    “Hey”, rief er deshalb einer der Raupen im Vorbeikriechen zu, “weshalb fresst ihr nicht auch dort die schmalen Blätter?”
    Die Raupe hielt kurz an, sah zu der Mistel und meinte dann: “Solange noch weiche, zarte Blätter da sind, nehme ich nicht die harten und zähen Dinger dort.” Sprach es und krabbelte weiter.
     
    Doch wie so oft erhielt die Pflanze unerwartete Hilfe von einem Tier. Ein geflügeltes Etwas mit schwarz-gelber Bemalung kam vorbei und stieß einen freudigen Schrei aus.
    “Endlich habe ich euch gefunden, wie ich mich freue!”
    Diese Freude konnten die Raupen überhaupt nicht teilen. Schnell versuchten sie, sich unter den Blättern zu verstecken. Doch es nutzte nichts. Das Tier packte eine der Raupen, betäubte sie mit einem Stich und flog mit seiner Beute davon.
    “Was war denn das?”, wollte der kleine Apfelbaum wissen.
    “Es war eine Schlupfwespe”, sprach der Ahorn. “Sie braucht die Raupen als Nahrung für ihre eigenen Larven. Für die Raupen ist das natürlich eine unangenehme Sache. Die Larven der Schlupfwespe fressen sie auf.”
    “Aber ich bin sie bald los!”, jubelte der Apfelbaum.
    “Freu dich nicht zu früh”, dämpfte der Ahorn die Freude des kleinen Baumes. “So viele Raupen wie bei dir leben, kann die Schlupfwespe nicht gebrauchen.”
     
    Der Ahorn hatte Recht. Nur noch vier Mal erschien diese Wespe. Oder waren es unterschiedliche? Die Pflanzen konnten sie nicht unterscheiden. Doch das war dem Apfelbaum egal. Wichtig war ihm nur, dass die Raupen weniger wurden. Noch eine Weile später spannen sich die gefräßigen Tiere ein und der Apfelbaum konnte die Schäden in aller Ruhe begutachten. Seine Blätter sahen zwar fürchterlich aus, konnten aber trotzdem ihre Arbeit verrichten. Nicht einmal die Wurzel beschwerte sich, und das will schon etwas heißen.
     
    Eines Tages war es dann so weit. Die Kokons, so werden die Gespinste genannt, öffneten sich nach und nach. Heraus kamen wunderschöne Schmetterlinge. Sie ließen ihre Flügel trocknen, bedankten sich beim kleinen Apfelbaum für die Gastfreundschaft und schwebten davon. Und der kleine Apfelbaum? Er war ihnen nicht mehr böse, sondern freute sich mit den anderen Pflanzen und Tieren über ihre bunte Schönheit.
     

18. Die Mistel wird entfernt
     
    Nachdem die Schmetterlinge davon geflogen waren und der kleine Apfelbaum die Schäden der Raupen verwunden hatte, konnte er sich noch über den schönen Sommer mit seinem Wechsel aus Sonne und Regen freuen. Bald jedoch wurde die Freude durch die Mistel getrübt. Nach der langen Zeit des Schweigens, sprach der Apfelbaum den kleinen Schmarotzer an.
    “Sag mal Mistel, wie groß wirst du eigentlich?”
    “Oh”, sprach da die Mistel überaus beleidigt. “Der Herr Apfelbaum gibt sich die Ehre und will nun endlich mit mir sprechen. Ich weiß aber gar nicht, ob ich jetzt reden will.”
    “Na hör mal”, erwiderte der Apfelbaum empört. “Du kommst hier her, stiehlst mein Wasser, lebst auf meinem Ast und spielst jetzt auch noch die beleidigte Leberwurst? Du solltest dich schämen!”
    “Wieso sollte ich mich schämen?”, fragte trotzig die Mistel. “Ich wurde hier geboren und ich habe ein Recht, auf deinem Ast zu leben.”
    Dem kleinen Apfelbaum verschlug es zunächst die Sprache. Als er sich etwas beruhigt hatte, antwortete er: “Sag mal, Mistel. Würde es dir vielleicht gefallen, wenn ich auf deinem Ast leben würde?”
    “Natürlich nicht!”, gab der Schmarotzer zurück. “Aber ich wohne nun einmal bei dir und du musst jetzt mit mir leben. Und um deine Frage zu beantworten: Ich kann größer werden als zwei Fußbälle!”
    Der Apfelbaum war entsetzt.
      “Dann bricht ja mein Ast ab!”
    “Nur keine Angst”, beruhigte die Mistel den Baum. “Ich wachse sehr, sehr langsam. Dein Ast hat deshalb genug Zeit, dicker zu werden.”
    “Na, das beruhigt mich ja jetzt ungemein”, antwortete der Apfelbaum patzig und entschloss sich, nicht mehr mit der Mistel zu reden.
     
    Der Sommer verging und mit dem nahenden Herbst wurden die Äpfel reif. Wie jedes Jahr fanden sich die Tiere zum Festschmaus ein. Doch dieses Jahr kam nicht nur Schnuffel, der kleine Igel, sondern auch seine Geschwister und ein neuer Gast: Die Feldmaus Graufell. Vorsichtig lugte sie durch das
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