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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat
Autoren: F Steinhauer
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nicht zu tun. Annabelle ist kein kleines Kind mehr. Wir sahen kein Risiko darin, die beiden für eine Stunde ihren Büchern oder MP3-Playern zu überlassen. Das Haus und der Garten sind kindersicher. Es gibt nicht einmal einen Teich, in den eines von beiden hätte fallen können. In unserem Haus ist es nicht gefährlicher als in jedem anderen auch! Ich glaube nicht, dass du uns etwas vorzuwerfen hast, Johannes!«
    »Nein? Nun, vielleicht wirst du eben doch langsam alt und vergesslich? Ich könnte mir vorstellen, dass du schlicht nicht daran gedacht hast, den Schrank wieder zu verschließen!«, gab der Sohn gehässig zurück.
    »Wenn du so wenig Vertrauen hast, wie konntest du dann zulassen, dass die Kinder ihre Ferien hier verbringen? In diesem Fall war es einfach unverantwortlich von dir, die beiden in unsere Obhut zu geben!«, antwortete Olaf Gieselke fassungslos.
    Er hatte damit gerechnet, einen deprimierten Sohn auffangen zu müssen – aber diese Vorwürfe hatte er nicht verdient. Wer konnte denn ahnen, dass ein Fremder hier eindringen und den Enkel mit der Waffe des Hausherrn erschießen würde? Das war ein so absurdes und unwahrscheinliches Szenario – nicht einmal ein Schriftsteller würde sich so etwas ausdenken.
    »Damit hast du vielleicht sogar recht! Hätte ich nur geahnt, dass ihr nicht auf meine Kinder aufpasst! Und es gibt sicher auch einen Grund dafür, warum gerade diese Waffe verwendet wurde!«, fauchte Johannes Gieselke, drehte sich um und stürmte mit polterndem Schritt davon.
    In der Bibliothek hockte Irma Gieselke stumm in einem Sessel, in den sie sich nach der Injektion gesetzt hatte, weil das Bett ihr plötzlich unheimlich vorgekommen war. Sie sah ziellos in den beleuchteten Garten hinaus und presste sich die Hände fest gegen die Ohren.

7
    »Was haben wir?« Peter Nachtigall pinnte das letzte Tatortfoto an die Korkwand.
    »Es gibt keine Spuren gewaltsamen Eindringens«, begann Michael Wiener. »Der Täter hatte entweder einen Schlüssel oder er fand einen anderen Weg ins Haus.«
    »Es gibt noch eine andere Möglichkeit: Jemand hat ihm die Tür geöffnet. Lag dieser ›Schlüssel für alle Fälle‹ an seinem Platz?«
    »Ja. Ganz ordentlich. Aber vielleicht hatte ja vor einiger Zeit ein Familienmitglied seinen eigenen verloren – oder jemand vom Personal«, antwortete Wiener.
    »Das wäre mal wieder typisch, oder?«, regte Skorubski sich auf. »Statt sofort alle Schlösser auszutauschen, wird einfach ein Nachschlüssel angefertigt. Weil der Finder ja nicht wissen kann, zu welchem Haus der Bund gehört! So ein sträflicher Leichtsinn!«
    »Wir werden diese Frage klären. Aber selbst wenn wir davon ausgehen, der Schlüssel sei verloren und gefunden oder gar gestohlen worden, können wir nur erklären, wie der Täter lautlos ins Haus kam, nicht aber, wie er das Gewehr an sich bringen konnte«, gab Nachtigall zu bedenken. »Der Schlüssel für den Waffenschrank war angeblich weggeschlossen. Wo er aufbewahrt wurde, dürfte nur sehr wenigen Menschen bekannt sein.«
    »Dass der alte Herr ein Waffennarr ist, weiß bestimmt jeder in der Gegend. Sicher auch, dass er einige wertvolle Gewehre zu Hause hatte. Zum Beispiel haben die Kollegen eine Winchester gefunden, die über 10.000 Euro gekostet haben dürfte.«
    »Der Täter musste erst einmal unbemerkt ins Haus eindringen, anschließend den Waffenschrank finden und knacken. Wenn er schon gerne bewaffnet durchs Haus streifen wollte, wäre es in diesem Fall nicht einfacher gewesen, eine Pistole mitzubringen?«, fragte Skorubski und begann, kleine und große, doppelläufige und einläufige Flinten auf sein Notizblatt zu kritzeln.
    Nachtigall räusperte sich. »Jemand dringt in das Haus der Familie ein und beschließt, eine der Waffen des Hausherrn zu stehlen. Dazu muss er zunächst den Schlüssel zum Waffenschrank finden – das Schloss wurde ja gerade nicht geknackt, Albrecht, sondern aufgeschlossen. Danach schleicht er bewaffnet durch die Räume, stößt überraschend auf Maurice und erschießt den Jungen. Anschließend legt er das Gewehr auf dem Schreibtisch ab und flieht. Dabei wird er möglicherweise durch Annabelle beobachtet, aber das wissen wir noch nicht. Genauso wenig wissen wir, ob etwas entwendet wurde. Es könnte also sein, dass sich der Täter nach dem Schuss ganz ohne Beute wieder aus dem Staub gemacht hat«, fasste Nachtigall mit rauer Stimme zusammen.
    »Ich geb zu, das klingt hanebüchen«, murmelte Wiener und setzte dann lebhaft
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