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Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde

Titel: Guido Guerrieri 04 - In ihrer dunkelsten Stunde
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Surfer – so verrückt sind und sich nur für eine Sache auf der Welt interessieren: auf die Welle zu steigen und so lange wie möglich oben zu bleiben. Der Rest geht ihnen am Arsch vorbei. Er gibt nicht Perfekteres als diesen vorübergehenden Moment.
    Während ich dem Klang von Caterinas Stimme lauschte und den süßlich-salzigen Geschmack der letzten Seeigel genoss, hatte ich das Gefühl, mit dem Surfbrett auf der Welle der Zeit zu reiten, einen unendlichen, vollkommenen Augenblick lang.
    Ich fragte mich, wie es später einmal sein würde, an diesen Moment zurückzudenken. Das war der Punkt, an dem ich von der Welle fiel und mich erinnerte, weswegen ich hier war.
    Bald darauf erhoben wir uns.
    »Was hast du jetzt vor?«, fragte sie mich, während wir Richtung Auto gingen.
    »In Bezug auf was?«
    »In Bezug auf deine Ermittlungen. Du hattest von einem Dealer gesprochen, dem du Micheles Foto zeigen wolltest.«
    »Ach so, ja. Ich denke noch darüber nach. Vielleicht ist das aber gar nicht mehr nötig, denn mir ist eine Idee gekommen.«
    »Was denn für eine Idee?«
    »Komm, steigen wir ein, dann erzähle ich sie dir.«
    Das Auto stand mit dem Kühler zum Meer auf einem Parkplatz, der im Sommer immer voll besetzt ist. An diesem Nachmittag jedoch war außer uns kein Mensch da.
    »Ich will erst noch eine rauchen«, sagte sie und zog ein buntes Zigarettenetui aus der Tasche.
    »Du kannst ruhig auch im Auto rauchen«, sagte ich.
    »Nein, ich hasse den Geruch nach Rauch sogar in meinem eigenen Auto. Ich kann mir vorstellen, dass es für einen Nichtraucher unerträglich ist.«
    Ich wollte gerade sagen, dass ich selbst viele Jahre lang geraucht hatte und Rauchgeruch im Auto damals auch verabscheut hatte. Doch dann dachte ich einfach, dass wir jetzt zum Ende kommen sollten.
    »Da ist etwas, was ich dich fragen wollte.«
    »Nur zu«, sagte sie und stieß den Rauch aus.
    »Weißt du, ob Manuela zwei Handys hatte?«

35
    S ie bekam den Rauch in die falsche Kehle und musste heftig husten, vor Überraschung und Verlegenheit. Wie in einer schlechten Komödie.
    »Wie meinst du das, zwei Handys?«
    »Hatte Manuela ein Handy oder zwei?«
    »Ich … glaube, eines. Warum fragst du mich das?«
    »Bist du sicher? Überlege es dir gut.«
    »Aber warum fragst du mich das?«
    In ihrer Stimme lag jetzt eine Spur von Ungeduld, die in Aggressivität umzuschlagen drohte.
    »Ich habe erfahren, dass Manuela wahrscheinlich zwei Telefone hatte, und ich dachte, du müsstest das wissen.«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Was tut das zur Sache? Weißt du, ob sie zwei verschiedene Nummern hatte, oder weißt du es nicht?«
    »Ich weiß es nicht. Ich hatte nur eine Nummer, unter der ich sie anrief.«
    »Weißt du die Nummer auswendig?«
    »Nein, warum sollte ich? Ich hatte sie eingespeichert, warum sollte ich sie dann noch auswendig lernen?«
    »Hast du sie immer noch?«
    »Was?«
    »Hast du Manuelas Nummer noch in deinem Handy?«
    Sie sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. Sie wusste zwar nicht genau, was im Gange war, aber sie ahnte, dass es nichts Gutes war. Also wurde sie entschieden aggressiv.
    »Verdammt noch mal, was willst du eigentlich? Was zum Teufel sollen diese Fragen?«
    »Hast du dein Telefon gewechselt, seitdem Manuela verschwunden ist?«
    »Nein. Kannst du mir sagen …«
    »Hast du Manuelas Nummer gelöscht?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Darf ich mal das Adressbuch deines Handys sehen?«
    Sie sah mich mit einem ungläubigen Ausdruck an, der sich in kürzester Zeit in eine wütende Grimasse verwandelte, während sie den Rest der Zigarette wegwarf.
    »Leck mich am Arsch, du Scheißkerl. Mach das Auto auf, lass den Motor an und bring mich nach Hause.«
    Ich drückte auf die Fernbedienung, und die Autotüren entriegelten sich mit einem weichen Klicken. Sie stieg sofort ein, und ein paar Sekunden später saß ich neben ihr, obwohl ich lieber woanders gewesen wäre. Weit weg.
    Eine Minute lang, vielleicht auch länger, sprach keiner ein Wort.
    »Darf man erfahren, warum du das Auto nicht anlässt?«
    »Du musst mir erzählen, was es mit Manuelas zweitem Telefon auf sich hat.«
    »Und ich muss in Ruhe gelassen und nach Hause gebracht werden. Einen Scheiß werde ich dir erzählen.«
    »Wenn du willst, bringe ich dich nach Hause, aber gleich danach muss ich zur Polizei gehen, das verstehst du doch, oder?«
    »Meinetwegen kannst du dich auch vor ein Auto werfen. Das wäre sowieso das Beste.«
    Ihre Stimme versagte. Das lag sicherlich an der
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