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Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Titel: Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre
Autoren: Gianrico Carofiglio
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als Anwalt, der Deontologie oder ähnlichen Dingen in Konflikt zu geraten.
    Ich begriff, klar und deutlich, dass ich eher sein Richter – und vielleicht auch sein Henker – sein wollte als sein Anwalt. Ich wollte eine alte Rechnung begleichen.
    Und das war nicht in Ordnung. Ich sagte mir, dass ich die Sache überdenken müsse, denn wenn ich den Eindruck hatte, diesen Impuls nicht kontrollieren zu können, musste ich dieses Mandat niederlegen. Oder besser: es gar nicht erst annehmen.
    »Was ist nach Ihrer Festnahme passiert?«
    »Nachdem die Zollbeamten das Rauschgift gefunden hatten, schlugen sie mir vor zu kollaborieren. Sie sagten, sie wollten eine... wie nennt man das?«
    »Eine kontrollierte Übergabe?«
    »Ja, genau, eine kontrollierte Übergabe machen. Sie sagten, sie würden mich mit meinem Wagen und dem Rauschgift fahren lassen. Ich solle die Drogen übergeben, als wäre nichts geschehen. Sie würden mir folgen und im geeigneten Moment die Personen festnehmen, die auf die Lieferung warteten. Sie meinten, das brächte mir einen beträchtlichen Strafnachlass, so dass ich mit drei Jahren davonkäme. Ich sagte ihnen, das Rauschgift gehöre nicht mir und ich wisse deshalb auch gar nicht, zu wem ich sie führen solle, aber die Zöllner meinten, dann müssten sie mich eben festnehmen und meine Frau auch, denn es sei offensichtlich, dass wir unter einer Decke steckten. Ich bin in Panik geraten und habe mich schnell berichtigt; ja, sagte ich, das Rauschgift gehöre tatsächlich mir, aber meine Frau wisse nichts davon. An diesem Punkt telefonierten die Beamten mit dem Staatsanwalt, und der ordnete an, lediglich mich festzunehmen; vorher sollten sie aber meine Aussage zu Protokoll nehmen. Also protokollierten sie meine Aussage und verhafteten mich dann. Meine Frau durfte daraufhin gehen.«
    In seinem an sich höflichen Ton schwang Verzweiflung mit.
    Er bat mich um eine Zigarette, und ich sagte ihm, ich hätte keine Zigaretten, da ich seit zwei Jahren nicht mehr rauchte. Auch er hatte, wie er mir sagte, vor über zehn Jahren aufgehört zu rauchen, am Tag nach seiner Einlieferung ins Gefängnis aber wieder damit angefangen.
    Wen hatte er eigentlich bei seiner Festnahme als Verteidiger angegeben? Und weshalb hatte er später beschlossen zu wechseln? Aus der Art, wie er mich ansah, bevor er mir antwortete, schloss ich, dass er auf diese Frage gewartet hatte.
    »Bei meiner Festnahme wollten sie wissen, wer mein Anwalt sei, er müsse benachrichtigt werden. Ich meinte, ich hätte keinen Anwalt. Meine Frau war da noch anwesend – unsere kleine Tochter war von einer Freundin abgeholt worden. Ich sagte ihr, sie solle sich auf die Suche nach einem guten Anwalt machen. Bereits am nächsten Morgen hatte sie einen gefunden.«
    »Wer war das?«
    Hier begann der merkwürdige Teil der Geschichte, sofern Paolicelli die Wahrheit sagte.
    »Meine Frau verließ gerade das Haus, als ein Unbekannter sie ansprach. Er sagte, er sei von Freunden geschickt worden, die uns helfen wollten, und riet ihr dringend, einen Anwalt aus Rom zu meinem Verteidiger zu ernennen, einen gewissen Corrado Macrì; der würde mich da rausholen. Er drückte ihr einen Zettel in die Hand, auf dem ein Name und eine Handynummer standen, und meinte, sie solle diesen Anwalt am besten gleich mit dem Mandat beauftragen, damit er mich noch vor der Vernehmung durch den Haftrichter im Gefängnis besuchen könne.«
    »Und was hat Ihre Frau getan?«
    Paolicellis Frau, die keine bessere Lösung wusste, beauftragte tatsächlich den Anwalt Macrì. Dieser kam innerhalb weniger Stunden aus Rom, als habe er nur auf dieses Mandat gewartet. Er besuchte Paolicelli im Gefängnis und sagte ihm, er solle sich keine Sorgen machen, er würde alles in Ordnung bringen. Als Paolicelli wissen wollte, wer ihn denn geschickt habe und wer der Mann sei, der seine Frau auf der Straße angesprochen hatte, wiederholte er nur, er solle sich keine Sorgen machen. Er müsse lediglich seine Ratschläge befolgen, dann würde sich alles fügen. Vor allen Dingen sollte Paolicelli bei der Vernehmung durch den Haftrichter vom Recht der Aussageverweigerung Gebrauch machen, denn andernfalls würde er möglicherweise seine Lage noch verschlimmern.
    Ich fragte mich, wie viel Phantasie man brauchte, um sich eine Verschlimmerung seiner Lage vorzustellen, sagte es aber nicht laut.
    Jedenfalls legte Macrì Haftbeschwerde ein und kam damit nicht durch – der Richter bestätigte die Notwendigkeit der
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