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Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Titel: Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Rauschgifthandels festgenommen. Beim anschließenden Prozess wurde ich im abgekürzten Verfahren zu sechzehn Jahren Haft verurteilt, und zu einer extrem hohen Geldstrafe – so hoch, dass ich mich nicht einmal an den genauen Betrag erinnere.«
    Tja... Schicksal, Faschist. Jetzt zahlst du für alles, wofür du damals nicht bezahlt hast.
    »Ich war auf der Heimreise aus dem Urlaub, aus Montenegro. Im Hafen von Bari führten die Zollfahnder Stichproben mit Drogenspürhunden durch. Als sie zu meinem Wagen kamen, führten sich die Tiere auf wie verrückt. Ich wurde auf die Wache gebracht, und mein Wagen wurde auseinandergenommen. Beim Abschrauben des Bodenblechs kamen vierzig Kilo lupenreines Kokain zum Vorschein.«
    Vierzig Kilo lupenreines Kokain rechtfertigten ein so hohes Strafmaß allerdings, selbst im so genannten abgekürzten Verfahren. Das Märchen von den Stichproben konnten sie jedoch ihren Großmüttern erzählen, die Herren Zollfahnder. Sie hatten bestimmt einen Hinweis bekommen. Irgendjemand musste ihnen gesteckt haben, dass ein Drogenkurier die Grenze passieren würde, und daraufhin hatten sie das Stück von der Routinekontrolle aufgeführt. Um ihren Informanten zu schützen.
    »Das Rauschgift gehörte mir nicht.«
    Paolicellis Worte unterbrachen jäh meinen Gedankengang.
    »Wie meinen Sie das? War außer Ihnen denn sonst noch jemand in Ihrem Wagen?«
    »Jawohl, meine Frau und meine Tochter. Wir kehrten gerade von einer Woche Urlaub am Meer zurück. Das Rauschgift war nicht von mir. Ich habe keine Ahnung, wer es in meinen Wagen geschmuggelt hat.«
    Da haben wir’s, dachte ich. Schämt sich, weil er das Rauschgift im selben Wagen transportiert hat wie Frau und Kind. Typisch Faschist: taugt noch nicht mal zum Verbrecher.
    »Verzeihung, Herr Paolicelli, Sie meinen, jemand hat das Kokain ohne Ihr Wissen in Ihren Wagen geschmuggelt? Wie soll das zugegangen sein? Ich meine, wir reden hier immerhin von vierzig Kilo, von einem Riesenpaket im Unterboden Ihres Fahrzeugs. Also, ich bin zwar kein Experte auf dem Gebiet, aber so etwas zu verstauen kostet doch Zeit. Haben Sie das Auto denn irgendjemandem ausgeliehen, solange Sie in Montenegro waren?«
    »Ausgeliehen nicht, aber es stand die ganze Woche über auf dem Hotelparkplatz. Und der war so voll, dass wir den Schlüssel an der Rezeption abgeben mussten – damit der Portier das Auto, wenn nötig, umparken konnte. Wenn Sie mich fragen, hat irgendjemand, der mit dem Portier unter einer Decke steckte, die Drogen in meinen Wagen geschmuggelt – vermutlich in der letzten Nacht vor unserer Abreise. Und in Italien, irgendwo hinter der Grenze, hätte dieser Jemand, oder ein Gehilfe, das Rauschgift dann wieder an sich gebracht. Ich weiß, es klingt absurd, aber dieses Zeug gehörte nicht mir. Das schwöre ich Ihnen.«
    Ja, eben. Es klang absurd.
    Es war eine der vielen absurden Geschichten, die man in Gerichtssälen, auf Polizeiwachen, in Gefängnissen zu hören bekommt. Typen, die beispielsweise mit einer Pistole erwischt werden, behaupten durch die Bank, die hätten sie vor einer Minute zufällig gefunden, in der Regel unter einem Busch oder Baum oder in einer Mülltonne – ein Klassiker. Und obwohl die Knarre frisch geölt ist und eine Kugel im Lauf hat, behaupten sie, dass sie gar nicht wüssten, wie man so etwas benützt; sie seien gerade im Begriff gewesen, zur Polizei oder zu den Carabinieri zu gehen, um das Ding abzuliefern. Eben aus diesem Grund trugen sie die Kanone ja geladen im Hosenbund und trieben sich – beispielsweise – vor einem Juwelierladen herum oder in der Nähe eines zwielichtigen Rivalen.
    Ich wollte Paolicelli sagen, es sei mir vollkommen egal, dass er vierzig Kilo Rauschgift von Montenegro nach Italien geschmuggelt habe, und es interessiere mich auch nicht, ob er das vorher schon getan habe und wie oft. Er könne mir also ruhig die Wahrheit erzählen, das würde die Sache sogar einfacher machen. Ich sei Strafverteidiger und vertrete nun einmal Leute wie ihn. Und natürlich falle es mir im Traum nicht ein, mir irgendein Urteil über meine Mandanten anzumaßen. Das war es mehr oder weniger, was ich ihm sagen wollte, aber ich tat es nicht, denn ich merkte plötzlich, was da in meinem Kopf ablief. Und es gefiel mir überhaupt nicht.
    Mir wurde klar, dass ich ein Geständnis von ihm wollte. Um absolut sicher zu sein, dass er schuldig war, und um ihn seinem langjährigen Sträflingsschicksal entgegenführen zu können, ohne mit meiner Verantwortung
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