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Gruene Armee Fraktion

Gruene Armee Fraktion

Titel: Gruene Armee Fraktion
Autoren: Wolfgang Metzner
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Jil-Sander-Anzug steckte ihren Kopf zur Tür herein. »Anruf wegen des Toten in Geesthacht. Eine Frau. Sie weiß angeblich, warum der Mann ermordet wurde. Sie bittet um Rückruf. Sofort.«
    Rolfes schaute Mondrian an. »Warst du nicht schon mal da draußen, in diesem Forschungszentrum?«
    »Bei der GKSS? Ja, ich kümmer mich drum«, sagte Mondrian und stand widerstrebend auf. Er zwängte sich durch die Stuhlreihen zum Ausgang des Konferenzsaals und trat auf den Flur.
    Im Treppenhaus wartete er nicht auf den verglasten Lift, der gerade an der Außenfassade des Media Tower hinabrauschte, sondern stieg die Wendeltreppe hinunter und passierte den Showroom, wo man Videoverbindungen zu den »magazine«-Korrespondenten von Peking bis Los Angeles schalten konnte. Im fünfzehnten Stock hörte er eine vertraute Melodie aus dem Raum, der seinem Büro gegenüberlag. Ein Handy, das seinen Besitzer suchte.
    »Smoke on the water, fire in the sky …«
    Um diesen Klingelton hatte Mondrian seinen besten Freund im »magazine« immer beneidet. Bruno Wunder, brauner Krauskopf in kaputten Jeans, hatte sein Mobiltelefon mal wieder vergessen, als er in die Konferenz gegangen war. Mondrian lauschte, bis die Deep-Purple-Melodie verstummt war. Dann betrat er sein hellgrau gestrichenes Büro, aus dem er einen schwindelerregenden Blick auf die glitzernde Fassade der Elbphilharmonie hatte, und beugte sich über den Zettel mit der Telefonnummer, den die Sekretärin ihm gegeben hatte. Hamburger Umland, dachte er, während er die Vorwahl eintippte, irgendwo im Osten. Konnte durchaus in der Nähe des Tatorts sein.
    »Lassen Sie ein Tonband mitlaufen?«
    Kein Name, keine Anrede, keine Begrüßung. Die leise Stimme einer Frau, die seine Nummer auf ihrem Display gesehen haben musste.
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Mondrian überrascht. Danach hatte ihn noch niemand so schnell gefragt. »Und wenn es so wäre?«
    »Es gibt Dinge, die besser unter vier Augen besprochen werden. Ohne Aufzeichnung. Ohne späteren Beweis.« Pause.
    Mondrian wusste, dass er nicht drängen, sondern warten musste. Wenn die Frau etwas loswerden wollte, würde sie von allein reden, das hatten ihn seine langen Jahre als Reporter gelehrt. Sekunden verstrichen, in der Leitung war nur ein Rauschen zu hören.
    Dann wieder die gedämpfte Stimme. »Wissen Sie, was der Tag X ist?«
    »Gorleben. Das Codewort für den Widerstand gegen die Castor-Transporte. Das Symbol für den Kampf gegen die Nuklearindustrie.«
    »Für einen ist gestern der Tag X gekommen.« Die Frau flüsterte jetzt fast. »Weil er zu einer Bande von Verbrechern gehört, die eine ganze Region verstrahlt haben.«
    »Meinen Sie den Mann, der gestern getötet wurde? Kannten Sie ihn?«
    Sie zögerte. »Indirekt.«
    »Wissen Sie, was mit ihm passiert ist? Wie er umgekommen ist?« Mondrian hatte beschlossen, einen Schritt nach vorn zu gehen. »Können Sie uns irgendetwas dazu erzählen?«
    »Morgen früh. Wann können Sie kommen?«

4
    Mittwoch, Nachmittag
     
    Betreff: message
     
    Gesendet: 17:11 uhr
     
     
     
    ermittlungen bisher kein problem, polizei tappt laut kontaktmann im dunkeln. aber auch die medien kapieren noch nichts. meldungen überall, doch ohne name des opfers, funktion,
    hintergrund. bisher checkt niemand die atomconnection.
    müssen also aktiv werden. botschaft vorbereiten.
    alle müssen begreifen, dass es nicht nur um diesen ingenieur geht, sondern um viel mehr.
    wie bisher: alle mails unbedingt verschlüsseln. sicherstellen, dass nur die kommando-ebene zugang erhält.
     

5
    Tespe, Elbmarsch
     
    Die A25 durch die Vier- und Marschlande. Die Brücke vor Geesthacht über die träge dahinströmende Elbe. Nieselregen auf der Windschutzscheibe, als er hinter dem Fluss abbog und am Ufer dem Deich folgte, an sattgrünen Wiesen entlang. Auf dem nassen Asphalt glitt er an Pferdekoppeln vorbei, an sturmzerzausten Obstbäumen und dichten Hecken, die keinen Blick durchließen. Dahinter kauerten geduckte Rotklinkerhäuser mit Reetdächern, die längst vom Moos erobert worden waren.
    »Remember when you were young,
    you shone like the sun.
    Shine on you crazy diamond …«
    Mondrian grölte die dritte Zeile des Pink-Floyd-Songs immer laut mit, wenn er allein in seinem Audi unterwegs war.
    »Now there’s a look in your eyes,
    like black holes in the skies.
    Shine on you crazy diamond …«
    Crazy? Besser ein bisschen verrückt als bloß Mainstream, mittelmäßig, stinknormal wie so vieles da draußen. Aber ein
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