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Große Liebe Desiree

Titel: Große Liebe Desiree
Autoren: Mirinda Jarett
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mühsam flackernde Feuer hielt, das Zeb gerade angefacht hatte. In dem formellen vorderen Salon war es beinahe so kalt wie draußen in der Nacht vor den hohen Fenstern mit den zwölf Scheiben, und Désirée, die selbst zitterte, widerstrebte es, den Mann zu stören.
    Außerdem, wann sonst würde sie die Gelegenheit haben, ihn so eingehend betrachten zu können? Sogar von hinten sah er nicht so aus, wie sie es nach Zebs Beschreibung erwartet hatte. Abgesehen von den Männern ihrer eigenen Familie kannte sie niemanden, der neben dem hohen Kaminsims so groß wirkte. Immerhin mußte sie zugeben, daß der Fremde ein Gentleman war oder wenigstens den Schneider eines Gentleman beschäftigte. Der elegante Mantel war exakt auf seine breiten Schultern zugeschnitten, und sein langes goldblondes Haar wurde ordentlich von einer schwarzseidenen Schleife zusammengehalten.
    Ein bißchen altmodisch, dieses lange Haar. Die meisten jungen Männer trugen ihres kurzgeschnitten, dem französischen Stil entsprechend, aber vielleicht war die republikanische Mode noch nicht bis in sein Land vorgedrungen. Noch immer hatte er ihre Anwesenheit nicht zur Kenntnis genommen, und Désirée dachte wieder sehnsüchtig an die heiße Schokolade und an ihr Bett, in dem ein Ziegelstein, erhitzt und mit einem Handtuch umwickelt, ihre Füße wärmen würde.
    »Guten Abend, Sir, und bitte verzeihen Sie, daß ich Sie warten ließ«, sagte sie schließlich, sorgsam darauf bedacht, deutlich zu sprechen, für den Fall, daß seine Englischkenntnisse gering waren. »Und entschuldigen Sie auch das dürftige Feuer.«
    »Keine Ursache, Madam.« Sein Englisch war perfekt, wenn er auch ganz sicher nicht aus New England stammte. »Ich habe schon wesentlich mehr ertragen für deutlich weniger Lohn als die Gesellschaft einer so bezaubernden Dame, wie Sie es sind. Und schließlich bin ich es, der in Ihrer Schuld steht dafür, daß Sie mich zu einer so ungewöhnlichen Zeit empfangen.«
    »In der Tat.« Désirée verzog den Mund. Er hatte sie bisher nicht einmal angesehen. Wie konnte er da wissen, ob sie bezaubernd war oder nicht? Sie war an den Umgang mit Händlern und Seeleuten gewöhnt, mit denen sie geschäftlich zu tun hatte, und die Männer, die sie kannte, machten nicht solche Komplimente, jedenfalls nicht ihr. »Sie sagten meinem Diener, daß Sie etwas Wichtiges mit mir zu besprechen hätten.«
    »Das ist richtig.« Er seufzte und drehte sich endlich zu ihr um. Beinahe hätte sie hörbar nach Luft geschnappt. Warum hatte Zeb sie nicht darauf vorbereitet, daß der Fremde der attraktivste Mann war, der je ihr Haus betreten hatte? Er hatte eine wohlgeformte Nase, einen entschlossen wirkenden Mund, und sogar im Schein des Feuers waren seine Augen unverkennbar blau, blau wie der Sommerhimmel. Blau genug, um sie romantischen Unsinn denken zu lassen. Die Blässe ihrer Wangen war verschwunden, seit ihrem sechzehnten Lebensjahr war sie nicht mehr so tief errötet.
    Dankenswerterweise schien der Mann das nicht zu bemerken. Er tippte kurz mit den Fingern auf den polierten Marmor des Kaminsims, dann drehte er sich halb zu ihr um und hob mit einem selbstsicheren und dennoch beinahe jungenhaft wirkenden Lächeln den Blick zu Désirée.
    An diesem Blick merkte sie, daß die Komplimente ihm so wenig bedeuteten, wie sie vermutet hatte. Und als sie das erkannte, war ihr, als teilten sie ein Geheimnis, als gäbe es da eine Vertrautheit, die sie mehr für ihn einnahm, als alle schönen Reden von Providence bis Kanton es je vermocht hätten.
    Doch streng ermahnte sie sich, ihr eigenes Lächeln zu unterdrücken. Er hatte sie aufgesucht, um Geschäftliches mit ihr zu besprechen, nicht um sie kokettieren und flirten zu sehen wie irgendeinen dummen Backfisch. Ihre Brüder würden ihr nicht Zutrauen, in ihrem Namen Entscheidungen zu treffen, wenn sie sich von einem hübschen Gesicht beeinflussen ließ.
    »Ihr Anliegen, Sir?« fragte sie, und innerlich zuckte sie zusammen beim scharfen Klang ihrer eigenen Stimme. »Wie Sie ganz richtig bemerkten, ist es schon sehr spät.«
    »Oh, verzeihen Sie, Madam.« Er lächelte wieder, und beim warmen Klang seiner Worte schien ihre Härte dahinzuschmelzen.
    »Zu Ihren Diensten. Ich bin Kapitän Lord John Herendon, und es wäre mir eine Ehre, wenn Sie mich Jack nennen würden, wie es meine Freunde tun.«
    »Ich kann verstehen, warum.« Sie wußte, daß sie seinen Spitznamen nicht benutzen sollte, ebensowenig, wie sie ihm erlauben sollte anzudeuten, daß
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