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Große Liebe Desiree

Titel: Große Liebe Desiree
Autoren: Mirinda Jarett
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gewagt, sie zu küssen, und nie zuvor hatte sie ähnliches empfunden.
    Er ließ die Hände von ihrem Gesicht über ihren Rücken gleiten, zu ihrer Taille und zog sie näher an sich. Der Aufschlag seines Mantels kratzte leicht an ihrem bloßen Hals, und, mutig geworden, öffnete sie, ohne hinzusehen, die oberen Knöpfe seines Mantels und legte die Hand auf das Jabot, das er darunter trug.
    Zufrieden seufzend löste er seine Lippen von ihren. »Süße Désirée«, flüsterte er und zog eine Spur vieler kleiner Küsse von ihrer Wange bis zum Ohr. Désirée erschauerte vor Entzücken. »Dein Bruder hat mir nicht genug von dir erzählt.«
    Désirée seufzte widerstrebend, zog den Kopf zurück und wünschte, er hätte sie nicht an Obadiah erinnert. Sie würde einiges zu hören bekommen, wenn einer ihrer Brüder sie jetzt sehen könnte, schamlos und lüstern wie die Frauenzimmer in den Spelunken am Hafen. Schlimmer noch war, daß sie es nicht einmal bedauerte. Was war nur über sie gekommen?
    Ihr Blick fiel wieder auf seinen offenen Mantel und auf die Uniform darunter, und sie erstarrte. Goldfarbener Besatz und zwei Reihen polierter Messingknöpfe glänzten auf dem dunklen Stoff und wiesen ihn als Angehörigen der Royal Navy aus. Wie hatte sie das auch nur einen Moment vergessen können?
    Unvermittelt befreite sie sich aus seiner Umarmung, ehe die Scham über das, was sie gerade getan hatte, unerträglich wurde. »Gehen Sie«, befahl sie. »Gehen Sie sofort.«
    Seine Miene blieb unbewegt, er entschuldigte sich nicht und bat sie auch nicht um Verzeihung. Sie glaubte darin zu sehen, wie wenig der Kuß ihm bedeutet hatte, und das steigerte ihre Scham nur noch mehr.
    »Sie sind in diesem Hause nicht willkommen, Kapitän.« Sie schlang die Arme um ihren Körper, der gegen ihren Willen vermißte, was er nicht begehren durfte. »Gehen Sie jetzt
    - und kommen Sie nicht wieder!«
    Er hatte den Schein des Feuers im Rücken, so waren seine Augen im Schatten. »Um Ihres Bruders willen, Madam, werde ich nicht ohne eine Antwort von Ihnen gehen.«
    »Mein Bruder!« rief sie. »Ich weiß nicht, was meinen Bruder dazu brachte, Ihnen zu vertrauen! Einem Engländer, einem Lord, einem Kapitän in Seiner Majestät Royal Navy!«
    Sie wandte sich ab, damit er nicht sah, daß ihre Wangen feucht waren von Tränen. »Vor sechzehn Jahren hielt ein anderer goldbetreßter englischer Kapitän das Schiff meines Vaters an. Ein Kapitän genau wie Sie, der meinem Vater nicht glauben wollte, daß in Yorktown Frieden geschlossen worden war. Yankee-Tücke nannte er das und gab den Befehl zum Beschuß der Breitseite, was meinem Vater und der Hälfte seiner Männer das Leben kostete. Können Sie das verstehen? Ihre englische Ehre und Ihre geschätzte Navy sind schuld am Tod meines Vaters!«
    »Das wußte ich nicht«, sagte er weich, »andernfalls, das schwöre ich, wäre ich nicht gekommen.«
    Sie hörte seine Schritte auf dem Teppich, das Klappen der Tür, als er hinausging und sie zurückließ. Dann, allein in dem dunklen Zimmer, weinte sie herzzerreißend um ihren Vater, um ihren Bruder und um sich selbst.

2. KAPITEL
    Jack war jetzt sicher, daß Désirée nichts wußte. Er hatte ihr geschmeichelt und sie eingeschüchtert, sie beinahe bedroht, und immer noch hatte er nichts als Unschuld in ihren blaßgrünen Augen gesehen. Und dann, Idiot, der er war, hatte er sie geküßt.
    Unruhig wischte Jack den Schnee vom Brückengeländer und sah zu, wie die weißen Klümpchen im dunklen Wasser verschwanden. Es mußte inzwischen weit nach Mitternacht sein, er hatte den Nachtwächter, der die Stunde ausrief, schon vor längerer Zeit gehört. Trotz der Handschuhe waren Jacks Finger klamm vor Kälte. Aber er ging weiter durch die Straßen und die Hafenanlagen der kleinen Stadt, unfähig, die ausgelassene Stimmung der Männer in den Schenken zu ertragen, die mit Humpen voller Rum oder Bier um das Feuer saßen und begierig waren auf spannende Geschichten oder eine Schlägerei, je nach dem, was ihnen eben zuerst geboten wurde. So, wie diese Neuengländer seine Uniform ansahen, würde er vermutlich eher Anlaß zu letzterem geben.
    Diese verdammte Uniform. Er war immer stolz auf sie gewesen, besonders auf die Goldtressen und Epauletten, die er sich schwer verdient hatte und die ihn als Kapitän auszeichneten. Er trug sie jetzt schon so lange, daß er sich in Zivilkleidung unbehaglich fühlte. An den Küsten wurden die meisten Frauen von einer goldbesetzten Uniform angezogen wie
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