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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens
Autoren: Michael Lutz
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erweisen, wäre
er gewissermaßen für eine bisher unbekannte Anzahl von Morden verantwortlich.
Das Bekanntwerden dieser kriminellen Machenschaften würde ihn sein Amt kosten.
Unter Umständen würde auch der Bundeskanzler und mit ihm die gesamte
Bundesregierung in eine Affäre mit nicht absehbaren Konsequenzen hineingezogen
werden. Nervös fuhr er sich mit der Hand über das nur noch spärlich vorhandene
Haar. Nicht auszudenken, was die Presse daraus machen würde! Jetzt galt es,
sich auf die richtige Seite zu stellen. Er schluckte noch einmal. Sein Mund war
trocken.
    »Herrmann von Eckersdorff hatte vor rund drei Monaten einen
Herzinfarkt. Es war, wie mir unmittelbar nach der Diagnose zugetragen wurde,
sein zweiter«, gab Bundesinnenminister Dr. Hubertus Steinhammer preis. »Er
sollte spätestens Ende des Jahres in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden
- nachdem ein geeigneter Nachfolger gefunden wäre. Was meinen Sie - wäre das
eine Erklärung?«
    Lisa nickte, während sie Gromeks Diktiergerät hervorholte.
    »In der Tat, das wäre es. Direktor von Eckersdorff war also
gezwungen, binnen kürzester Zeit seine Leichen aus dem Keller zu schaffen ...
Aber Sie haben nach Beweisen gefragt - einen weiteren habe ich noch.«
    Mit diesen Worten drückte sie den Wiedergabeknopf.
    »Direktor von Eckersdorff ...? Hier Kilar - ... - Es gibt
Schwierigkeiten - ... - Gromek, richtig. Wahrscheinlich weiß er, dass es sich
um unsere eigenen Leute handelt - ... - Keine Ahnung, wie er das so schnell
herausgefunden hat - ... - Ich weiß. Sie favorisieren die Delius, aber nach
Gromeks Entdeckung - ... - Also gut. Es bleibt dabei. Auf Wiederhören.«
    Lisa schaltete das Band wieder ab und ergänzte: »Die Stimme auf
dem Tonband gehört Viktor Kilar. Er ist der Abteilungsdirektor, dem die
Assassinen unterstellt sind, und darüber hinaus Herrmann von Eckersdorffs
rechte Hand.«
    Im Gesicht des Ministers arbeitete es.
    »Kilar, Kilar ... ich glaube, den hat er mir vor ein paar Monaten
einmal vorgestellt.«
    »Beide sind heute Abend zur Feier der Verleihung anwesend«, fuhr
Lisa fort. »Wenn Sie uns nicht helfen, Herr Minister, werden wir dieses Gebäude
nicht mehr lebend verlassen!«
    Für einige Augenblicke schien der Minister seine Aufmerksamkeit
nach innen zu richten, wie um in einem gedanklichen Dialog mit sich selbst den
eigenen Standpunkt zu klären. »Aber wer sollte denn versuchen, sie in diesem
streng bewachten Anwesen umzubringen?« fragte er mit einiger Verspätung. Er war
noch immer nicht überzeugt.
    »Herrmann von Eckersdorff und Viktor Kilar lassen meinen Partner
und mich bereits von Ihrem Sicherheitspersonal suchen. Wenn Sie uns die
Gelegenheit dazu geben, werden wir gern die ganze Geschichte zu Protokoll
geben. Doch es gibt Menschen, die versuchen, genau das zu verhindern. Um jeden
Preis. Und diese Menschen stehen gleich da draußen vor der Tür.«
    Ihr Blick und ihre Stimme waren fest, als Lisa die alles
entscheidende Frage stellte: »Werden Sie uns helfen, Herr Minister?«
    Innenminister Hubertus Steinhammer schaute zu Gromek hinüber.
Einen Moment lang überlegte er, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit gab, die
beiden Eindringlinge festnehmen und ganz einfach fortschaffen zu lassen. Etwas
in ihm wehrte sich dagegen, der zutiefst unbequemen Wahrheit ins Gesicht zu
sehen und die Konsequenzen einzuleiten, die sich daraus ergaben - wenn es denn
die Wahrheit war, was ihm hier aufgetischt wurde. Angewidert wanderte sein
Blick von der Waffe in Gromeks Hand zu dem bleichen Gesicht des Leibwächters,
der unter diesem am Boden lag. Dessen Kollege stand noch immer zwischen den
zerbrochenen Queues, mit einem Auge Gromek, mit dem anderen seine Walther fixierend. Wenn dieser Mann schnell genug wäre, rechnete der
Bundesinnenminister sich aus - er bräuchte ihm nur ein Zeichen zu geben. Nur
ein Zeichen, und die Bedrohung, die sich vor ihm auftat, wäre beseitigt. Sicher
auch der Leibwächter unter diesem Gromek. Das wäre der Preis. Berufsrisiko. Ein
bedauerlicher Zwischenfall ... Alles andere würde sich regeln lassen.
    Ein sichtbarer Ruck ging durch die Gestalt des Innenministers.
Erschüttert registrierte er, welche Richtung seine eigenen Gedanken in den
wenigen unkontrollierten Augenblicken eingeschlagen hatten. Er straffte die
Schultern. So etwas durfte nicht passieren! Die Bundesrepublik Deutschland war
ein demokratisches Land, und er war ein Mann, der für diese Regierungsform
einstehen wollte. Bedingungslos - mit Leib
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