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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens
Autoren: Michael Lutz
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dem Gebäude. Sofort wurden erste Warnschüsse in die Luft
abgegeben. Die Wachen an der Einfahrt schlossen das Tor. Ein verspäteter Gast,
der gerade hineinfahren wollte, musste vor dem Grundstück warten.
    Die beiden Leibwächter des Innenministers stellten sich neben den
lakonischen Platzynski. Zu dritt fixierten sie nun Herrmann von Eckersdorff.
Einer der beiden flüsterte seinem Chef etwas ins Ohr.
    Mit ausdruckslosem Gesicht richtete Platzynski den Blick seiner
kleinen Augen auf den Sektion-4 -Direktor.
    »Ich höre gerade, dass der Herr Innenminister Sie sprechen möchte.
Bitte folgen Sie mir.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, ging Platzynski voraus. Direktor von
Eckersdorff folgte ihm mit steinerner Miene, hinter sich die beiden Leibwächter.
     
    Auch im Salon im dritten Obergeschoß waren die Warnschüsse gehört
worden. Die Tür flog auf, und einer der beiden davor postierten Wachmänner
streckte seinen Kopf herein: »Unsere Kollegen melden, dass einer der Sektion-4 -Beamten
sich nach einer kurzen Geiselnahme auf der Flucht befindet. Er heißt Viktor
Kilar und hat bereits von einer Schusswaffe Gebrauch gemacht.«
    Gromek, der direkt neben der Balkontür stand, öffnete diese mit
einem schnellen Griff und trat ins Freie.
    Gleichzeitig mit Lisa erblickte er den davon hastenden Kilar. Ohne
Zögern packte Gromek die niedrige schmiedeeiserne Brüstung, stieg hinüber und
begann, abwärts zu klettern: »Du bleibst hier und behältst von Eckersdorff im
Auge. Ich greife mir den Mistkerl Kilar. Wünsch mir Glück!«
    Bevor Lisa etwas erwidern konnte, war Gromek schon verschwunden.
An dem alten Gemäuer mit den vielen Erkern und Vorsprüngen war das Hinabsteigen
nicht allzu schwer. Trotzdem brach Gromeks Armverletzung schmerzhaft auf. Das
letzte Stück fiel er mehr, als dass er kletterte, bevor er in ein frisch
angepflanztes Blumenbeet sprang.
     
    Der Minister, begleitet von Lisa und seinem Referenten, welcher
inzwischen einen respektvollen Abstand zu ihr einhielt und ihr hin und wieder
einen misstrauischen Blick zuwarf, trat wieder in den Salon zurück. Dem
Wachposten an der Tür rief er zu: »Ein Sektion-4 -Agent mit Namen
Gromek hat die Verfolgung des Flüchtigen aufgenommen. Ich erwarte, dass er
volle Unterstützung von Ihren Leuten bekommt. Geben Sie das durch!«
    Der Sicherheitsbeamte bestätigte die Anweisung und schloss die
Tür, die im nächsten Moment schon wieder aufschwang. Herein trat Platzynski,
gefolgt von von Eckersdorff und den Leibwächtern des Innenministers.
    Der Minister versuchte, Herrmann von Eckersdorff nicht anders zu
begrüßen als sonst: »Herrmann, mein Freund. Komm' her und setz dich.«
    Von Eckersdorff trat näher. Mit sichtlichem Unbehagen registrierte
er Lisas Anwesenheit. Die Leibwächter bezogen wieder Stellung neben dem
Billardtisch, hüteten sich aber, ihre Queues auch nur in die Hand zu nehmen.
Platzynski blieb an der Tür stehen. Innenminister Steinhammer wandte sich an
seine vorherigen Gesprächspartner: »Entschuldigen Sie bitte, meine Herren, wenn
ich an unserem überaus fruchtbaren Dialog für heute Abend nicht weiter
teilnehmen kann. Ich muss Sie leider bitten, uns jetzt allein zu lassen.«
    Innerhalb weniger Augenblicke hatte die Herrenrunde sich aufgelöst.
     
    Gromek hatte ein dichtes Tannenwäldchen erreicht. Er lief über den
weich federnden Boden, wobei er sich mühsam durch das Unterholz schlagen musste.
Im Dämmerlicht konnte er Kilars Gestalt gerade noch erkennen.
    Trotz seiner Schreibtischtätigkeit war Kilar in guter körperlicher
Verfassung. Dennoch ging er auf seiner Flucht immer wieder zu Boden. Nervös
rappelte er sich hoch und unterdrückte einen Fluch. Ein Stolperdraht nach dem
anderen! Er hätte gern gewusst, wie viele dieser heimtückischen Dinger sich
noch auf seinem Weg befanden. Schweißüberströmt drehte er sich nach dem
näherkommenden Gromek um und gab einen Schuss auf seinen Verfolger ab, der
jedoch sein Ziel verfehlte.
    Panisch stürzte Kilar weiter.
    Rund 200 Meter darauf gelangte er an eine halbrunde Lichtung, die
den Blick auf einen See freigab, welcher sich still vor ihm auftat. Etwa
weitere 100 Meter voraus lag ein Holzschuppen. »Ein Bootshaus«, ging es Kilar
durch den Kopf. Er musste es erreichen. Um jeden Preis! Es war seine einzige
Rettung.
    In dem morschen Häuschen, das auf einer Anzahl von Pfählen einen
halben Meter über der Wasseroberfläche stand, schaukelten vier fachmännisch
vertäute Holzboote mit Außenbordmotoren. An den
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