Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen
Autoren: Leigh Bardugo
Vom Netzwerk:
auf mich zu. Und ich ließ das Licht erlöschen.
    Finsternis brach über uns herein. Leute schrien und ringsumher kreischten die Volkra. Meine ausgestreckten Hände stießen gegen die Reling. Ich schlüpfte zwischen den Streben durch, warf mich in den Sand, überschlug mich und kam wieder auf die Beine. Dann lief ich blindlings zu Maljen, wobei ich das Licht im Halbkreis vor mir aufscheinen ließ.
    Hinter mir ertönte Kampflärm. Die Volkra griffen an und die Inferni schossen Flammen in das Dunkel hinauf. Ich konnte den Gedanken an die Menschen, die ich zurückließ, nicht abschütteln.
    Mein Licht fiel auf den im Sand hockenden Maljen. Der über ihm aufragende Volkra kreischte und peitschte sich dann mit wilden Flügelschlägen in die Finsternis. Ich rannte zu Maljen und half ihm auf.
    Eine Kugel schlug neben uns im Sand ein und ich ließ mein Licht erlöschen.
    Â»Nicht schießen!«, brüllte der Dunkle im Tumult auf dem Skiff. »Wir brauchen sie lebend!«
    Ich ließ mein Licht wieder im Halbkreis aufscheinen, um die über uns kreisenden Volkra zu vertreiben.
    Â»Du entkommst mir nicht, Alina!«, schrie der Dunkle.
    Ich durfte nicht zulassen, dass er uns verfolgte. Ich durfte nicht riskieren, dass er überlebte. Aber der Gedanke an das, was ich jetzt tun würde, erfüllte mich mit Abscheu. Die übrige Besatzung des Skiffs hatte mir nicht geholfen, aber durfte ich sie deshalb den Volkra überlassen?
    Â»Willst du uns wirklich alle dem Tod weihen, Alina?«, schrie der Dunkle. »Weißt du nicht, was es bedeutet, wenn du das tust?«
    Ich musste gegen ein hysterisches Lachen ankämpfen. Ja, ich wusste es. Ich wusste, dass ich ihm dadurch ähneln würde.
    Â»Du hast mich neulich um Gnade gebeten.« Seine Stimme hallte über die öden Weiten der Schattenflur, übertönte das hungrige Kreischen jener Schreckensgestalten, die ihm ihre Existenz verdankten. »Verstehst du dies unter Gnade?«
    Dicht neben uns schlug noch ein Geschoss im Sand ein. Ja, dachte ich, als die Macht in meinem Inneren aufstieg, das ist die Art von Gnade, die du mich gelehrt hast.
    Ich hob eine Hand und ließ sie dann in einem grellen Bogen hinabsausen. Ein ohrenbetäubend lautes Krachen hallte auf der Schattenflur und die Erde bebte, als das Sandskiff in zwei Hälften zerbrach. Verzweifelte Schreie erfüllten die Luft und die Volkra kreischten wie verrückt.
    Ich ergriff Maljen beim Arm und warf eine Kuppel aus Licht über uns aus. Wir stolperten in die Finsternis, ließen Kampflärm und Ungeheuer hinter uns zurück.
    Südlich von Nowokribirsk traten wir aus der Schattenflur und gingen die ersten Schritte auf dem Boden West-Rawkas. Es war heller Nachmittag und das Gras auf den Wiesen war frisch und grün, aber wir hielten nicht an, um all dies zu genießen. Wir waren müde, hungrig und verwundet, aber wir durften uns keine Rast gönnen, denn unsere Feinde ruhten auch nicht.
    Nach einem langen Marsch suchten wir Schutz in einem Obstgarten, wo wir uns bis zum Einbruch der Dunkelheit verbargen, denn wir befürchteten, gesehen und erkannt zu werden. Alles duftete nach blühenden Apfelbäumen, aber die Äpfel waren noch grün und winzig.
    Unter dem Baum fanden wir einen Eimer mit abgestandenem Regenwasser, mit dem wir die schlimmsten Blutflecken aus Maljens Hemd wuschen. Er biss die Zähne zusammen, als er sich den löchrigen Stoff über den Kopf zog, denn die Klauen des Volkra hatten auf Schulter und Rücken tiefe Wunden geschlagen.
    Sobald es dunkel war, marschierten wir in Richtung Küste. Ich befürchtete, dass wir uns verlaufen würden, aber Maljen fand den Weg sogar in dieser fremden Gegend.
    Kurz vor der Morgendämmerung erklommen wir einen Hügel und erblickten den weiten Bogen der Bucht von Alkhem und die glitzernden Lichter Os Kerwos. Wir hätten die Straße eigentlich meiden müssen, weil sie bald von Händlern und Reisenden wimmeln würde, denen ein verletzter Fährtenleser und ein Mädchen in schwarzer Kefta sicher auffallen würden. Aber wir wollten unbedingt einen ersten Blick auf die Wahre See werfen.
    Hinter uns ging die Sonne auf. Ihr rosafarbenes Licht glänzte auf den schlanken Türmen der Stadt, die es reflektierten und golden über die Bucht warfen. Ich sah den ausgedehnten Hafen und dahinter Blau und Blau und nochmals Blau. Das Meer dehnte sich bis zu einem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher