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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen
Autoren: Leigh Bardugo
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Einrichtung, aber es wäre wünschenswert, wenn sich der Adel in noch stärkerem Maße für das gemeine Volk einsetzen würde.«
    Â»Unser Herzog ist ein sehr großzügiger Mann«, sagte Ana Kuja.
    Oben auf der Empore nickten sich Junge und Mädchen wissend zu. Ihr Wohltäter, Herzog Keramsow, war ein gefeierter Kriegsheld und Freund des Volkes. Nach seiner Rückkehr von der Front hatte er sein Anwesen in ein Heim für Waisenkinder und Kriegswitwen umgewandelt. Jeder war angehalten, den Herzog in seine abendlichen Gebete einzuschließen.
    Â»Wie sind diese Kinder?«, fragte die Frau.
    Â»Das Mädchen hat ein Talent zum Zeichnen. Der Junge fühlt sich am wohlsten im Wald und in den Wiesen.«
    Â»Ja. Aber wie sind sie?«, wiederholte die Frau.
    Ana Kuja spitzte die faltigen Lippen. »Wie sie sind? Sie sind undiszipliniert und dickköpfig und kleben aneinander wie die Kletten. Sie …«
    Â»Sie hören jedes Wort«, sagte der junge Mann mit der karmesinroten Kefta.
    Junge und Mädchen schraken auf. Sein Blick war direkt auf ihr Versteck gerichtet. Sie kauerten sich hinter die Säule, aber es war zu spät.
    Ana Kujas Stimme war so schneidend wie ein Peitschenhieb. »Alina Starkowa! Maljen Oretsew! Runter mit euch! Aber sofort!«
    Alina und Maljen stiegen zögernd die schmale Wendeltreppe am Ende der Empore hinab. Sobald sie unten standen, erhob sich die Frau in purpurner Kefta von ihrem Stuhl und winkte sie zu sich.
    Â»Wisst ihr, wer wir sind?«, fragte die Frau. Ihr Haar war stahlgrau, ihr Gesicht faltig, aber wunderschön.
    Â»Ihr seid Hexer!«, brach es aus Maljen heraus.
    Â»Hexer?«, fauchte sie und fuhr zu Ana Kuja herum. »Lehren Sie so etwas an dieser Schule? Aberglauben und Lügen?«
    Ana Kuja war dies so peinlich, dass sie errötete. Die Frau in Purpur drehte sich wieder zu Maljen und Alina um, ihre dunklen Augen blitzten. »Wir sind keine Hexer. Wir üben die Kleinen Künste aus. Wir sorgen für die Sicherheit dieses Landes.«
    Â»Genau wie die Erste Armee«, sagte Ana Kuja leise, aber mit unmissverständlicher Schärfe.
    Die Frau erstarrte, gab dann aber zu: »Genau wie die Armee des Zaren.«
    Der junge Mann ging vor den Kindern lächelnd in die Hocke. Er fragte leise: »Ist es Hexerei, wenn sich das Laub verfärbt? Oder wenn ein Schnitt auf eurer Hand heilt? Ist es Hexerei, wenn Wasser auf dem Herd zu kochen beginnt?«
    Maljen machte große Augen und schüttelte den Kopf.
    Doch Alina runzelte die Stirn und sagte: »Jeder kann Wasser zum Kochen bringen.«
    Ana Kuja seufzte verzweifelt, aber die Frau in Purpur lachte nur und wandte sich dem Mädchen zu.
    Â»Sehr richtig. Jeder kann Wasser zum Kochen bringen. Aber nicht jeder kann lernen, die Kleinen Künste zu beherrschen. Deshalb sind wir hier: Wir sind gekommen, um euch auf die Probe zu stellen.« Sie sah Ana Kuja an und befahl: »Lassen Sie uns jetzt allein.«
    Â»Halt!«, rief Maljen. »Was, wenn wir Grischa wären? Was würde dann mit uns geschehen?«
    Die Frau sah auf die beiden Kinder hinab. »Falls einer von euch wider Erwarten tatsächlich ein Grischa sein sollte, werdet ihr das Glück haben, eine besondere Schule zu besuchen, wo die Grischa lernen, ihre Gaben zu nutzen.«
    Â»Ihr würdet die schönsten Kleider tragen und das beste Essen bekommen. Alles, was euer Herz begehrt«, fügte der Mann in Karmesinrot hinzu. »Würde euch das gefallen?«
    Â»Besser könntet ihr eurem Zaren nicht dienen«, sagte die in der Tür stehende Ana Kuja.
    Â»Das ist wahr«, erwiderte die Frau erfreut und etwas versöhnt.
    Da die Erwachsenen abgelenkt waren, bemerkten sie weder, dass Junge und Mädchen einen Blick tauschten, noch, dass das Mädchen nach der Hand des Jungen griff. Dem Herzog wäre dies nicht entgangen. Er hatte viele Jahre an der hart umkämpften Nordgrenze verbracht, wo die Dörfer ständig belagert wurden und die Bauern ihre Schlachten ohne große Unterstützung des Zaren oder anderer ausfochten. Er hatte eine Frau gesehen, die barfuß und vollkommen furchtlos in ihrer Tür vor einer ganzen Reihe von Bajonetten gestanden hatte. Er hatte erlebt, wie ein Mann sein Heim mit nichts als einem Stein in der Hand verteidigt hatte.

Ich stand am Rand einer überfüllten Straße und betrachtete die hügeligen Felder und verlassenen Bauernhöfe des
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