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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes
Autoren: LaFevers Robin L
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wie ich möglichen Feinden ausweichen soll, die noch auf dem Schlachtfeld kämpfen. Ich weiß nur, dass ich mit meinem letzten Atemzug zu ihnen gelangen werde, wenn es nötig ist.
    Als ich aus den Bäumen unterhalb des Bergrückens komme, überrascht mich Stille. Da ist kein Laut einer Schlacht, kein Aufeinanderprallen von Schwertern, kein Wiehern sterbender Pferde. Es ist vollkommen und unheimlich still. Ich zügele mein Pferd, damit es nicht aus der Deckung galoppiert, und der Hengst kommt stolpernd zum Stehen.
    D ’ Albrets Streitmacht hat sich bereits hinter die Stadttore zurückgezogen. Sobald sie sahen, dass ihre List vereitelt war, sind sie wieder davongeritten. Nur Leichen sind auf dem Feld zurückgeblieben. Ich steige von meinem Pferd und binde es an einen Baum. Meine Hand bewegt sich zu der Reliquie an meiner Taille, als ich den Rest des Weges zu Fuß gehe und Mortains Dolch mit festem Griff umfasse.
    Ich wate durch ein Meer zerschmetterter Glieder und blutender Wunden. Ich versuche, den Blick nicht allzu lange verweilen zu lassen, denn es tut weh. Obwohl die Hälfte von ihnen ihr Land verraten haben, sind sie im Tod doch nichts anderes als sterbende Männer, deren Leben aus ihnen heraussickert, um die Erde zu tränken. Es überrascht mich festzustellen, dass ich nicht mein ganzes Herz in Guérande zurückgelassen habe. Es fällt mir schwer, den verbliebenen Rest vor ihrer Qual zu verschließen.
    Oder vor ihren Rufen. Leise, mitleiderregende Rufe, die über das Meer der Gefallenen treiben. Ich hülle mich in meinen Umhang und wünsche mir, ich hätte Wachs, um mir die Ohren zu versperren, damit ich ihr Murmeln und Ächzen nicht hören muss. Ich schaue suchend in ihre Gesichter, die voller Prellungen und blutverschmiert sind, im Todeskampf verzerrt. Als ich mich der Mauer von Nantes nähere, stoße ich auf einige Männer, die ich als unsere eigenen erkenne, und keiner von ihnen lebt noch. Bis ich endlich ein vertrautes Gesicht sehe.
    Ich raffe die Röcke und laufe zu de Lornay hinüber. Er liegt auf dem Boden, und sein Körper ist übersät von Schnittwunden. Zwei Pfeile ragen aus seinen Rippen. Ich befürchte, dass er bereits tot ist, bis ich nahe genug bin, um seinen gequälten Atem zu hören.
    Ich falle in dem blutdurchweichten Schlamm auf die Knie. »De Lornay?«
    Beim Klang meiner Stimme öffnen sich seine Lider flatternd. Ein Ausdruck der Ehrfurcht tritt in seine Augen, als er mich sieht. »Ismae?«, krächzt er.
    Ich ergreife seine Hand. »Ich bin hier.«
    »Ist sie davongekommen?«
    »Ja, gnädiger Herr. Sie ist sicher bei Hauptmann Dunois und zweihundert Männern aus Rennes.«
    Er schließt die Augen, und ich kann das Beben der Erleichterung spüren, das ihn durchläuft.
    »Habt Ihr die Bestie gesehen?«, frage ich.
    Er beginnt den Kopf zu schütteln, hält jedoch inne, als ein Hustenanfall ihn überwältigt. Blut sickert zwischen seinen Lippen hervor. »Er wurde überwältigt. Sie haben ein Dutzend Männer auf ihn angesetzt.« De Lornay hält inne, um Luft zu holen. Als er wieder zu sprechen beginnt, ist seine Stimme schwächer. »Sie haben ihn niedergemetzelt und mit zurück in die Stadt geschleift.«
    Galle steigt in meiner Kehle bei dem Gedanken auf, dass die Bestie de Waroch durch den Schmutz geschleift wurde, um wie ein gemeiner Verräter auf den Stadtmauern aufgehängt zu werden.
    »Es tut mir leid«, flüstert er. »Es tut mir leid, dass ich Euch so schlecht behandelt habe. Ich wollte nur Duval beschützen.«
    »Ich war nicht diejenige, die ihn vergiftet hat«, erwidere ich.
    »Nein, aber Ihr hattet sein Herz gestohlen, und ich hatte Angst, dass Ihr es ihm aus der Brust reißen würdet, wenn Ihr gingt.«
    Jedes unfreundliche Gefühl, das ich je für diesen Mann gehegt habe, flieht, und ich bin voller Kummer. Kummer, dass ich erst jetzt sein wahres Wesen kennenlerne. Kummer, dass wir diese Kluft nicht früher überwunden haben. Kummer, dass wir nicht zugelassen haben, dass wir Freunde wurden.
    »Ich würde Euch um Vergebung bitten, Ismae, damit ich eine Sünde weniger habe, über die ich nachgrübeln kann.«
    »Ihr habt meine Vergebung, gnädiger Herr.« Und er hat sie wirklich. Ich hoffe, dass es ihm das Herz leichter macht.
    »Gut.« Sein Mund zuckt in einem Versuch zu lächeln. »Dann möchte ich Euch auch um einen Gefallen bitten.«
    »Bittet darum, und Euer Wunsch ist Euch erfüllt.«
    »Tötet mich.«
    Die schreckliche Bitte nimmt mir die Luft. »Bitte«, fleht er. »Ich möchte lieber
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