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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes
Autoren: LaFevers Robin L
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etwas, das ich nicht hören kann, denn die beiden Männer sind einander jetzt ganz nahe und sprechen mit leiser, drängender Stimme. Ich kann nicht entscheiden, was mich dazu treibt, den Blick von diesen ernsten Verhandlungen abzuwenden, aber irgendetwas tut es, ein kleines Flackern der Vorahnung, oder vielleicht ist es der heilige Mortain selbst, der mir ins Ohr flüstert und sagt: Da. Schau hin. Wie auch immer es geschieht, mein Blick wandert zu den Zinnen der Festung, und ich sehe, wie sich ein schlanker Schatten von der steinernen Mauer löst. Die schmale Gestalt geht bis an den Rand der Zinnen, so nah an die Kante, dass ich fürchte, sie wird sich in den Tod stürzen.
    Aber nein. Sie bleibt direkt am Rand der Mauer stehen und schaut über den Fluss, die Felder und die verhandelnden Männer. Schaut mich an.
    Selbst aus dieser Entfernung spüre ich es, als unsere Blicke sich treffen, und in diesem Moment weiß ich, dass es Sybella ist. Die Verstohlenheit ihrer Bewegungen verrät mir, dass sie sich selbst in ernsthafte Gefahr gebracht hat, indem sie dort hinaufgegangen ist. Als sie sich sicher ist, dass sie meine Aufmerksamkeit hat, fährt sie sich mit dem Arm über den Körper, dann streckt sie den Arm aus, als werfe sie etwas. Vielleicht streut sie Saatkörner in den Wind? Oder wirft Brotkrumen auf das Wasser des Grabens? Ich schaue zum Graben hinab, um festzustellen, ob ich dort einen Hinweis finden kann. Das ist der Moment, in dem ich sehe, dass das Nebentor geöffnet wird und zwei Kolonnen Soldaten herausquellen. Soldaten, die blaue und gelbe Waffenröcke tragen. D ’ Albrets Farben.
    Mein Blick fliegt zurück hinauf zu Sybella, und sie wiederholt die Geste.
    Sie wirft nichts. Sie sagt uns, dass wir fliehen sollen.

Einundfünfzig
    EIN DUTZEND MÄNNER, ZWEI Dutzend Männer; ich höre auf zu zählen, als ich mich der fünfzig nähere. »Hauptmann Dunois!«, rufe ich aus.
    Auf meine Warnung hin schaut Marschall Rieux auf; er registriert die Verstärkung, und dann wirbeln er und der Rest seiner Gruppe herum und galoppieren zurück zur Stadt. Ihre Aufgabe ist erledigt; sie haben uns lange genug abgelenkt, dass d ’ Albret uns in seine Falle locken kann. Dunois’ normalerweise rötlicher Teint wird blass, als er die Truppen durch das Tor drängen sieht. »Euer Hoheit, wir müssen Euch in Sicherheit bringen.« Er beginnt Befehle zu blaffen. »De Waroch! De Lornay! Ihr nehmt euch die Männer vor, sobald sie hier ankommen. Ihr drei« – er zeigt auf die beiden größten seiner Wachmänner und auch mich – »kommt mit mir. Wir werden den Rückzug der Herzogin bewachen.«
    Als wir unsere Pferde wenden, öffnet sich das südliche Nebentor, und eine zweite Kolonne berittener Soldaten strömt heraus. Sie wollen uns einkesseln.
    Und dann ist das Pferd der Bestie neben meinem. Ein wahnsinniges Glitzern lauert in seinen Augen, und ich frage mich, ob er bereits von der Aussicht auf eine Schlacht trunken ist.
    »Ein Kuss, der mir Glück bringen soll, Demoiselle?«
    Ich schaue in sein liebes hässliches Gesicht. Er kommt nicht zurück. Genauso wenig wie de Lornay. Sie werden der Herzogin ein wenig Zeit verschaffen, und das ist alles, was sie gegen die zweihundert Soldaten unternehmen können, die auf uns zureiten. Wenn er einen Kuss von mir will, bevor er geht, werde ich ihm bereitwillig einen geben. Ich nicke, und er legt seinen gewaltigen Baumstamm von einem Arm um mich, zieht mich an sich und drückt seine Lippen auf meine. Die Wucht des Kusses schiebt mich aus dem Sattel, und sein dicker Arm zieht mich fast von meinem Pferd.
    Es ist ein lebensfroher Kuss, und ich verspüre nichts als tiefes Bedauern darüber, dass es vermutlich sein letzter sein wird.
    Kurz bevor er sich von mir löst, flüstert er mir ins Ohr: »Duval hat mich geheißen, Euch einen Kuss zu geben, sollte ich die Chance dazu bekommen. Der Kuss ist von ihm.«
    Er gibt seinem Pferd die Sporen und reitet zu der kleinen Gruppe von Männern, die er in den Tod führen muss. De Lornay kommt in diesem Moment näher. Er sagt nichts, sondern bindet eine der beiden Armbrüste los, die von seinem Sattel hängen, und reicht sie mir. »Die hier wird auf größere Entfernung treffen als das Erbsenschussgerät, das Ihr bei Euch tragt.« Er zwinkert mir zu, dann dreht er sich um und galoppiert neben die Bestie.
    Hauptmann Dunois reitet bereits davon; er beugt sich tief über den Sattel und schützt den Körper der Herzogin mit seinem eigenen. Die beiden Reiter der
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