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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes
Autoren: LaFevers Robin L
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Es sind keine Diener da, kein Duval, niemand.
    Kurz darauf trete ich in den Hauptraum, dann gehe ich schnell zu meinem eigenen Zimmer. Sobald ich drin bin, schließe ich die schwere Tür und verriegele sie.
    Mein Bett ist leer, aber zerwühlt, als sei es nicht mehr gemacht worden seit dem Tag, als ich nach Nantes aufgebrochen bin. Es sind Kerzen da, aber kein Feuer im Kamin, an dem ich sie entzünden könnte. Ich verschwende kostbare Minuten damit, Feuerstein und Zunder zu reiben, damit ich ein wenig Licht in den dunklen Gängen habe. Meine Hände zittern so heftig, dass es mich fünfVersuche kostet, bevor der Zunder Feuer fängt. Als endlich ein kleines Feuer im Kamin brennt, entzünde ich eine Kerze, dann gehe ich zu der Wand in der Nähe des Kamins.
    Ich starre sie an und wünschte, ich hätte daran gedacht, de Waroch zu fragen, wie er es geschafft hat, dass der Mechanismus funktionierte. Schließlich stochere ich an einem Ziegelstein nach dem anderen, bis einer nachgibt, gerade ein klein wenig, aber genug, um den Riegel zu lösen, der die steinerne Tür so fest verschlossen hält. Ich lege die Schulter an die sichtbar gewordene Tür und drücke. Sie gibt gerade einmal um zwei oder drei Zentimeter nach. Ächzend drücke ich abermals, stemme die Füße auf den Boden und werfe meinen ganzen Körper gegen die Tür, bis sie sich endlich weit genug öffnet, dass ich hindurchschlüpfen kann.
    Ich bin mir nicht sicher, wo ich meine Suche beginnen soll, denn wenn Duval wach ist, könnte er überall sein. Er könnte, so begreife ich, sogar von hier fortgegangen sein. Obwohl ich, wenn Crunard ihn gefangen genommen hätte, gewiss seinen Kopf an der Stadtmauer aufgespießt gesehen hätte.
    Bei dem Gedanken sackt mir das Herz wie ein Stein in die Knie, und ich stoße mich von der Tür ab. Ich sende meine Sinne auf der Suche nach dem Tod aus, voller Angst, dass ich ihn finden werde. Als ich es nicht tue, gestatte ich mir den ersten tiefen Atemzug, seit ich mein Zimmer erreicht habe. Solchermaßen ermutigt beginne ich meinen verschlungenen Weg zu der Stelle, an der de Lornay und die Bestie Duval bei meinem ersten Besuch hier gefunden haben. Schmerz durchbohrt mich, als ich an diese beiden Männer denke, aber ich schiebe den Gedanken beiseite. Mein Ziel ist es jetzt, Duval zu retten.
    Ich verirre mich zweimal, dann zeigt mir das schwache Licht meiner Kerze endlich den Zipfel einer Decke. Voller Angst, vergeblich zu hoffen, aber außerstande, mich daran zu hindern, lasse ich mich neben Duval auf die Knie fallen. Er atmet noch, aber es sind flache, gequälte Atemzüge. Ich fühle seinen Puls; er ist schwach und schlägt schneller als die Flügel eines Kolibris. »Gnädiger Herr«, wispere ich.
    Er dreht den Kopf in Richtung meiner Stimme, und seine Lider flattern schwach.
    Nicht zu spät, nicht zu spät, schlägt es in meiner Brust und sirrt es durch meine Adern. Ich weiß nicht, ob es ein Gebet ist oder ein Flehen oder eine Forderung.
    Schließlich umfasse ich sein Gesicht mit beiden Händen und genieße das raue Kratzen seiner Barthaare. Dann beuge ich mich vor, drücke meine Lippen auf seine und küsse ihn.
    Seine Lippen sind trocken und rissig, aber das kümmert mich nicht. Ich kann den bitteren Geschmack von Gift wahrnehmen. Ich bedecke seinen Mund mit meinem eigenen und intensiviere den Kuss, küsse ihn, wie die Bestie mich geküsst hat, gründlich, zügellos, als schlucke ich den feinsten Wein aus einem Silberkelch. Mein Herz schwebt in ungeahnte Höhen, als ich spüre, dass er sich unter mir regt.
    Dann öffnet er den Mund, und unsere Zungen treffen sich, ein überwältigendes Gefühl. Meine Hände auf seinen Wangen werden taub, genau wie meine Lippen. Ich küsse und küsse ihn, will jeden Tropfen Gift aus seinem Körper in meinen ziehen. Als er endlich die Augen öffnet und meinen Namen murmelt, lache ich, und der Jubel, den ich verspüre, quillt von meinem Mund in seinen. Er muss mich ansehen, ich muss sein Gesicht sehen, also ziehe ich mich zurück – aber nicht allzu weit.
    Seine Augen sind umwölkt von Verlangen und Glück, seine Haut scheint mir bereits weniger bleich zu sein. Er hebt die Hand und streicht mir eine verirrte Haarsträhne hinters Ohr. »Ich habe nicht erwartet, Euch hier zu finden«, sagt er.
    Es kostet mich eine volle Minute zu begreifen, dass hier nicht Guérande bedeutet, sondern dass er denkt, er sei in das Reich des Todes gereist. »Ihr lebt, gnädiger Herr.« Ich kann mir nicht helfen; ich lache
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