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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes
Autoren: LaFevers Robin L
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dermaßen verraten würde.«
    Crunard schweigt lange Sekunden. Als er spricht, ist seine Stimme so leise, dass ich mich näher heranwagen muss, um jedes Wort zu verstehen.
    »Vier Söhne, Gavriel. Ich habe vier Söhne an diesen nimmer endenden Krieg mit den Franzosen verloren. Und wozu? Damit sie sich umdrehen und erneut unsere Grenzen angreifen können? Denkt Ihr wirklich, dass es für die Menschen letzten Endes eine Rolle spielt, wer über sie herrscht? Denkt Ihr wirklich, dass die Wahrung der Unabhängigkeit der Bretagne wichtiger ist für ihr Leben und ihren Wohlstand als die Beendigung des ständigen Krieges?«
    »Wie könnt Ihr alles ignorieren, wofür wir die letzten zwanzig Jahre gekämpft haben? Wie könnt Ihr das Andenken Eurer eigenen Söhne so besudeln?«
    »Ihr dürft nicht zu mir von meinen Söhnen sprechen«, sagt Crunard, und seine Stimme ist gepresst vor Zorn. »Nicht nachdem Ihr überlebt habt und sie gestorben sind.« Er wird still, und als er wieder das Wort ergreift, ist er ruhiger. »Ich erwarte nicht, dass Ihr versteht, wie hart es ist zuzusehen, wie die eigenen Söhne sterben, niedergestreckt in der Schlacht für eine Sache, die verblasst, wenn man sie mit dem vergleicht, was man verloren hat. Und ich erwarte schon gar nicht von Euch, dass Ihr versteht, wie es ist zu erfahren, dass einer dieser Söhne noch lebt …«
    »Anton?« Da ist Freude in Duvals Stimme, und ich erinnere mich, dass der jüngste Sohn des Kanzlers und Duval im gleichen Alter waren. Sie waren wahrscheinlich Freunde.
    »Anton«, bestätigt Crunard, »ich habe gesehen, wie er auf dem Schlachtfeld von Saint-Aubin-du-Cormier niedergestreckt wurde. Also könnt Ihr Euch nicht einmal ansatzweise mein Glück vorstellen, als ich die Nachricht erhielt, dass er noch lebte. Ich brauchte nur Anne in die Hände des französischen Regenten zu geben, etwas, das offensichtlich unvermeidlich war, und mein Sohn würde mir zurückgegeben werden.«
    Plötzlich ist alles klar. Jeder Schritt, den Crunard gemacht hat, jede Person, die er verraten hat – all das geschah in der Hoffnung, seinen Sohn freipressen zu können.
    »Also seid Ihr auf die Idee gekommen, das Leben meiner Schwester gegen das Eures Sohnes einzutauschen?«
    »Es schien mir ein fairer Tausch zu sein, denn wäre nicht das Blut meiner Söhne gewesen, das auf dem Schlachtfeld vergossen wurde, würde nichts von alldem ihr gehören. Außerdem habe ich nicht ihr Leben eingetauscht, sondern nur ihr Herzogtum. Das sind verschiedene Dinge.
    Zuerst war es einfach. Ich habe still hinter den Kulissen gearbeitet und die Dinge sanft zugunsten Frankreichs gelenkt, ohne einer Menschenseele Schaden zuzufügen, und dann seid Ihr erschienen. Ihr und Eure verdammten Strategien und Taktiken und Eure Halsstarrigkeit. Hättet Ihr Euch zufrieden gegeben, die Dinge geschehen zu lassen, wäre nichts von alldem passiert. Aber Ihr wart nicht zufrieden. Ihr wart entschlossen, Eurer Schwester eigenhändig ein unabhängiges Herzogtum zu liefern, mitsamt den Mitteln, um es zu unterhalten. Ihr könnt sicher sein, dass ich Euer Leben nicht über das meines Sohnes gestellt habe, also habt Ihr mir keine andere Wahl gelassen, als Euch aus dem Spiel zu entfernen. Jetzt setzt Euch, damit wir diese Partie beenden können.«
    »Spielt Ihr immer mit einer geladenen Armbrust auf dem Schoß Schach?«, fragt Duval, und endlich verstehe ich, warum er mich in den Tunnel zurückgestoßen hat.
    »Nur mit Gegnern, die eine besondere Herausforderung darstellen«, erwidert Crunard.
    Aber das lässt sich leicht genug in Ordnung bringen. Ich nehme meine eigene Armbrust von der Kette an meiner Taille. Sie mag kleiner sein als die Crunards, aber sie ist genauso tödlich. Ich spanne einen Bolzen ein und bewege mich lautlos zur Tür.
    »Ihr macht den ersten Zug, denke ich«, sagt er zu Duval.
    »Nein!«, rufe ich, trete in den Raum und ziele mit der Armbrust auf Crunards Stirn. »Auf diese Weise hat er Euch vergiftet, indem er nämlich die Schachfiguren mit Arduinnas Köder bestrichen hat.«
    »Demoiselle, ich habe Euch in Eurem neuen Gewand kaum wiedererkannt. Was um alles in der Welt hat das Kloster sich dabei gedacht, Euch in solcher Kleidung loszuschicken? Oder habt Ihr Eure Zukunft bei den Nonnen für Duval weggeworfen?« Obwohl seine Stimme trocken und höhnisch ist, erbleicht er, und seine Augen werden wachsam.
    Als ich ihn anstarre, steigt die Wut über all das in mir auf, was dieser Mann mir gestohlen hat, und sie erstickt
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