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Grappas Gespuer Fuer Schnee

Titel: Grappas Gespuer Fuer Schnee
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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sehen gibt, können Sie im Anschluss an die Polizeiaktion fotografieren, Herr Pöppelbaum«, sagte Kleist. »Ich will Sie nicht in der Nähe des Hauses sehen. Ist das klar?«
    Wir versprachen, brav zu sein. Kurz darauf waren die vier Polizisten im Wald verschwunden.

    Nun stand ich mit Pöppelbaum unter den Bäumen des Waldes und konnte Natur pur genießen. Girlitze spielten in den Buchen, ein Käuzchen sandte uns seinen krächzenden Ruf. Auf der Lichtung zeigte sich ein scheues Reh und floh dann ins Unterholz. So ein Morgen im Wald hatte was! Die Luft war feucht und rein, duftete nach Latschenkieferbad und Holzfeuer.
    »Schau mal, die rote Waldameise!«, rief ich erfreut und deutete auf einen aufgehäuften Hügel, auf dem Hunderte von Insekten krabbelten. »Wusstest du eigentlich, dass es in einem Ameisenstaat eine ausgeprägte Arbeitsteilung gibt? Wie bei uns in der Redaktion.«
    »Wie spannend, Grappa«, maulte Pöppelbaum – die Ohren Richtung Madig-Datscha weit geöffnet.
    »Am zahlreichsten sind die Arbeiterinnen. Das sind unfruchtbare Ameisen ohne Flügel. Und schließlich gibt es die Königinnen. Einige Hundert. Nur die können Eier legen.«
    »Ich halte es hier nicht aus«, meinte Wayne und trat von einem Bein auf andere. »Ich muss zum Haus!«
    »Du bleibst hier!«, befahl ich unmissverständlich. »Ich bin noch nicht fertig mit meinen Ausführungen. Denn jetzt wird es erst richtig interessant – besonders für dich.«
    »Wieso das denn?«, schnaubte er. »Ich dachte, du willst mich mit der Großtrappe verkuppeln.«
    »Im Juni paaren sich die Königinnen mit den geflügelten Männchen auf einem Hochzeitsflug«, machte ich unbeirrt weiter. »Bei der Begattung erhält jede Königin einen Spermienvorrat, der etwa zwanzig Jahre reicht. So lange leben die Königinnen nämlich.«
    »Du spinnst, Grappa! Wo bewahren die Sperma für zwanzig Jahre auf?«
    »Im Ameisenkühlschrank. Und da die Männchen natürlich völlig nutzlos für den Ameisenstaat geworden sind, werden sie gnadenlos gemobbt und aus dem Hügel vertrieben.«
    »Ach, deshalb heißt Madig Mobby mit Vornamen!«, rief Wayne aus. »Weil er das Mobben der Männerameisen erfunden hat.«
    Na, endlich blödelt er mit, dachte ich, lange genug hat es ja gedauert.
    »Die Männchen sterben an gebrochenem Herzen und exzessiver Spermaabgabe, die Königinnen streifen ihre Flügel an vorhandenen Sollbruchstellen ab und kehren in ihr Nest zurück. Und alles geht im nächsten Jahr von vorne los. Hält die Natur nicht wunderbare Erlebnisse für uns bereit?«
    »Ja, Grappa«, muffelte er. »Und während das Ameisenmännchen den Löffel abgibt, geht uns diese Geschichte hier durch die Lappen. Was glaubst du, was mir Jansen erzählt, wenn ich ohne Fotos nach Hause komme?«
    Bevor ich mir eine passende Antwort überlegen konnte, rührte sich was im Wald. Kleist und seine drei Begleiter bogen um die Kurve des Waldweges. Sie hatten keinen fünften Mann bei sich.
    »Und?«, fragte ich. »Was ist passiert?«
    »Brinkhoff war in dem Haus«, antwortete Kleist. »Wir haben sein Handy dort gefunden. Ich nehme an, dass er es versteckt hat, denn es lag hinter einer Tür. Von ihm selbst leider keine Spur.«
    Das Funkgerät, das sich in der Hand eines Prenzlauer Polizisten befand, meldete sich. Ich konnte nicht verstehen, um was es ging.
    Kleist informierte sich und unterrichtete uns: »Der rote Opel ist aufgetaucht. Er steht am Ufer des Sees. Verlassen.«
    Wie besoffen kann man sein?
    Die Prenzlauer Polizisten hatten den roten Opel auf einen Abschlepper laden lassen und waren damit abgezogen. Kriminaltechniker würden ihn auf Spuren untersuchen.
    Kleist, Pöppelbaum und ich waren an den See bei der Datscha zurückgefahren und saßen in einem einfachen Café am Ufer. Der See war wunderbar blau und sein Wasser kräuselte sich leicht. Idylle. Entspannung. Freier Gedankenfluss.
    Wir redeten kaum. Die Sorge um Brinkhoff beschäftigte uns. Wo konnte er sein? Uns fiel keine Möglichkeit mehr ein, sinnvoll nach ihm zu suchen. Der Frust drückte auf die Stimmung. Ab und zu startete ein Boot vom Ufer und fuhr auf den See hinaus.
    Ein Segelboot fiel auf. Es wechselte ständig die Richtung. Anscheinend übte der Skipper das Kreuzen. Das Boot war weiß und hatte gelbe Segel. Ich entzifferte den Namen des Bootes. Cora.
    Natürlich ein Zufall. Lady Cora war nur einmal an diesem Ort gewesen – damals zusammen mit drei weiteren Callgirls, um Mobby Madig und Erwin Debill die Sommerfrische zu
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