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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See
Autoren: G Wollenhaupt
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mich immer an die Endlichkeit des irdischen Lebens.
    Ich war kurz vor dem Herzinfarkt, als wir die Wohnungstür erreichten.
    Bruns stand schon in der Tür. »Sie haben Glück, dass Sie mich antreffen. Ich halte heute Abend einen Vortrag in Hamburg und danach geht es weiter nach Flensburg. Was kann ich für Sie tun?«
    »Wir haben nur ein paar Fragen.«
    Wir folgten ihm in eine Art Arbeitszimmer mit Doppelbett. Wenigstens gab es genug Sitzgelegenheiten. Ich musterte möglichst unauffällig die Bücherwand und die Papiere auf dem Schreibtisch. Mir fiel ein Reiseführer auf. Lago Maggiore. Nur keine schnellen Schlüsse ziehen, dachte ich.
    »Ihre Fragen?«
    »Haben Sie sich am Samstag um fünfzehn Uhr in der Einkaufsgalerie mit Max Motte getroffen?«
    Bruns starrte mich an – wie vom Donner gerührt. »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Sie haben recht«, sagte ich. »Ich hätte die Frage nicht zu stellen brauchen, weil ich es weiß. Wir waren nämlich auch da.«
    Ich gab ihm das nachgebesserte Foto.
    »Mein Gott«, murmelte er. »Wie ist das möglich?«
    »Max Motte hatte uns eingeweiht«, erklärte ich. »Wir haben das Treffen fotografisch dokumentiert. Warum verkaufen Sie Dinge, die Ihnen nicht gehören?«
    Bruns schwieg.
    »Wie sind Sie an die Dokumente aus dem Safe gekommen?«
    Bruns setzte sich und atmete schwer.
    »Ich wollte verhindern, dass die Firma Motte ungeschoren aus der Sache rauskommt«, krächzte er.
    »Aber Motte will doch alles aufklären und wiedergutmachen – soweit das möglich ist«, widersprach ich.
    Jetzt lachte Bruns bitter. »Das hat er Ihnen weisgemacht?«
    »Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln. Sie wollen nur von Ihrer Rolle in dem Drama ablenken. Was machen Sie mit der Million?«
    »Welche Million?« Bruns kicherte. »Ich habe keine Million und ich habe auch keine Unterlagen mehr. Motte hat mich ausgetrickst.«
    »Erzählen Sie!«
    Die Geschichte war allzu abenteuerlich. Nachdem sie in der Galerie zusammengekommen waren, liefen Motte und Bruns gemeinsam zum Hauptbahnhof. Bruns hatte dort ein zweites Schließfach gemietet und die Unterlagen darin deponiert.
    »Ich wollte zuerst das Geld sehen«, berichtete er. »Motte schien damit einverstanden. Er öffnete Schließfach und Koffer, ich prüfte das Geld und dann öffnete ich das andere Schließfach. Motte vergewisserte sich, dass es die Dokumente enthielt. Und dann …«
    »Dann?«
    »Dann spürte ich plötzlich einen Pistolenlauf im Rücken. Motte hatte einen zweiten Mann mitgebracht. Der drohte, mich abzuknallen. Motte nahm mir den Koffer mit dem Geld aus der Hand, schnappte sich die Unterlagen und beide verschwanden. Ich stand da wie ein Depp.«
    »Da kann ich nicht widersprechen. Wissen Sie, wer der andere Mann war?«
    »Allerdings. Manfred Motte, der Senior. Bestens bekannt im rechten Milieu.«
    »Dumm gelaufen«, resümierte ich. »Sie können noch nicht mal zur Polizei gehen. Sie haben sich selbst ausgetrickst.«
    Wayne erhob sich. »Ich muss mal pinkeln, darf ich Ihr Bad benutzen?«
    »Ja, aus der Tür und geradeaus.«
    Der Bluthund trollte sich.
    »Moralische Skrupel hatten Sie wohl nicht?«, fragte ich.
    »Nein. Warum sollte ich? Ich wollte das Geld nicht für mich. Ich habe vor, eine Stiftung für Gewaltforschung zu gründen und einige Initiativen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu unterstützen, die auf Spenden und öffentliche Gelder angewiesen sind. Die Bundesregierung will die Mittel ja einfrieren.«
    »Wie löblich«, meinte ich mit leiser Ironie. »Kommen wir zur wichtigsten Frage: Woher hatten Sie die Dokumente überhaupt? Sie haben behauptet, David Cohn nie persönlich getroffen zu haben.«
    »Habe ich auch nicht«, sagte er. »Cohn hat mir die Unterlagen zugeschickt mit der Bitte, sie an einem sicheren Ort aufzubewahren. Er fühlte sich bedroht. Das war kurz vor seiner Reise nach Italien.«
    »Und Sie waren nicht in Italien und haben ihn dort auch nicht getroffen?« Ich fixierte ihn scharf.
    »Nein, das sagte ich doch schon!«
    Ich hörte die Wasserspülung im Bad. Wayne erschien wieder und kniff mir verstohlen ein Auge zu.
    »Haben Sie die Sachen wenigstens kopiert, bevor Sie sie Motte übergeben haben?«
    »Nein, leider nicht.«
    »Die Geschichte stinkt«, meinte ich, als wir im Auto saßen. »Eine Million Euro zu erpressen, zeugt nicht gerade von einem moralisch einwandfreien Charakter. Und dass Bruns die Sachen nicht kopiert hat, glaube ich auch nicht.«
    »Erpressung ist das nicht, Grappa«, widersprach
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