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Grappa und die Toten vom See

Grappa und die Toten vom See

Titel: Grappa und die Toten vom See
Autoren: G Wollenhaupt
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löhnen. Der Verdienstausfall war schon deftig.«
    »Die Bank soll dir was vorschießen. Du kriegst bestimmt Schmerzensgeld von dem Golombeck und den drei Nazischlägern.«
    »Nee, ich mach keine Schulden«, sagte sie energisch. »Und bis die vor Gericht stehen, kann es sowieso dauern.«
    »Belästigen dich die Leute von der Sozialen Alternative eigentlich noch weiter?«, fragte ich.
    »Da ist Ruhe im Karton«, antwortete die Bäckerin. »Die alte Golombeck lässt sich auch nicht mehr blicken. Angeblich wollen die ihr Haus verkaufen und wegziehen, wenn der Alte den Prozess hinter sich hat.«
    »Gute Idee. Und jetzt zeig mir, wo der Käse liegt, damit ich mir ein Brötchen schmieren kann.«
    »Frau Grappa!«, empörte sie sich. »Das krieg ich noch hin. Setz dich schomma.«
    Das Bierstädter Tageblatt lag im Bistro bereit. Die Kollegen, die gestern im Sonntagsdienst waren, hatten zwei Seiten Lokales zusammengetragen. Neben zahlreichen Erntefesten in Kleingartenvereinen, einer Jubilarehrung der SPD und einem Tierschutz-Gottesdienst wurde in einer kurzen Nachricht angekündigt, dass die neue Partei Die Rechte eine Kundgebung vor dem Bierstädter Gefängnis angemeldet hatte, um die sofortige Haftverschonung ihres Kreisvorsitzenden SS-Eddi zu fordern, und zwar aufgrund seines geschwächten gesundheitlichen Zustandes.
    Der braune Bombenleger jammerte! Die Demo sollte am Nachmittag stattfinden. Spontane Gegendemos wurden erwartet.
    Frau Schmitz brachte Brötchen und Kaffee. Sie stöhnte leise, als sie sich neben mich setzte.
    »Ich hab ja mit den Eskimos nix am Hut«, bekannte sie. »Aber eine gute Sache machen die: Sie setzen ihre Alten und Schwachen auf eine Eisscholle im Meer und geben der ’nen kräftigen Schubs. Die brauchen keine Pflegeheime.«
    »Wir haben hier kein Meer und keine Eisschollen«, griente ich. »Außerdem ist das ein dummes Märchen, das irgendwelche Rassisten erfunden haben, um die Eskimos als brutale Wilde abzustempeln.«
    »Ich find’s aber besser, als sich im Heim zwanzig Jahre wund zu liegen und gequält zu werden. Hier – ich hab den Artikel extra aufgehoben. Stand in deinem Blatt.« Sie las vor: » Wehe, du wirst alt und schwach! – Schock-Video zeigt Gewalt im Pflegeheim …«
    »Das sind doch nur Einzelfälle, Frau Schmitz.«
    »Auf der Scholle im Eismeer hast du es schneller hinter dir, Frau Grappa«, schniefte sie.
    »Du wirst noch viele schöne Jahre in deinem Häuschen im Negerdorf verbringen, zufrieden und glücklich sein«, prophezeite ich. »Ach, da kommt endlich mein Fotograf.«
    »Der Herr Pöppelbaum«, begrüßte die Bäckerin den neuen Gast. »Wie isses?«
    »Muss, Frau Schmitz. Und selbst?«
    »Muss.«
    »Krieg ich einen Kaffee?«, fragte er.
    »Na, sicha.«
    Er schaute der Bäckerin nach.
    »So richtig fit ist sie ja noch nicht«, bemerkte er.
    »Sag ihr das bloß nicht«, meinte ich, »Sie hadert schon genug mit ihrem Schicksal. Die Kameraden von SS-Eddi machen übrigens Stunk.«
    Ich legte ihm die Zeitung hin. »Ein Termin für uns. Aber erst fahren wir zu Holger Bruns beziehungsweise Hein Behrens.«
    Beweissicherung im Badezimmer
    Das Haus befand sich im Osten der Stadt und hatte vierundzwanzig Klingeln. Eine ruhige Wohngegend war das nicht, direkt gegenüber befand sich ein S-Bahnhof, daneben eine Tankstelle und ein Fast-Food-Restaurant, das bis Mitternacht geöffnet hatte. Hier also lebte der Oberguru des demokratischen Widerstandes gegen Rechtsextremismus.
    Wayne dachte wohl Ähnliches, denn er meinte: »Wenn er die Million hat, kann er jetzt umziehen.«
    »Wenn er uns reinlässt – kannst du gleich mal auf sein Klo gehen?«, fragte ich.
    »Warum? Ich muss nicht.«
    »Dann tu eben so – zieh ein paar Haare aus der Bürste und steck sie ein.«
    »Ach so!« Wayne kapierte. »Du willst einen genetischen Fingerabdruck machen lassen. Warum?«
    »Vielleicht kann ich Kleist überreden, dass er sie mit den Proben aus Italien vergleicht. Ich habe hin und her überlegt: Bruns kann die Papiere nur in Italien bekommen haben. Vielleicht gibt es Vergleichsmaterial aus Cohns Hotelzimmer. Oder von den Sachen der Toten.«
    »Gut, dann geh ich also pinkeln für die gute Sache.«
    Ich klingelte bei Behrens.
    »Ja, bitte?«, fragte eine Männerstimme.
    Ich atmete auf. Immerhin war der Journalist schon mal zu Hause. »Grappa vom Tageblatt. Herr Bruns? Ich muss Sie dringend sprechen.«
    »Kommen Sie rein. Der sechste Stock. Aber der Aufzug ist kaputt.«
    Auch das noch. Treppen erinnerten
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