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Grappa und die keusche Braut

Grappa und die keusche Braut

Titel: Grappa und die keusche Braut
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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lassen«, stimmte ich zu.
    »Kann ich noch etwas Wein haben?«
    Caro und ich hatten die Flasche bald ausgetrunken. Irgendwann erzählte ich ihr von Lindenthals Wohnung im Vögelkuckucksheim.

    »Ich habe mich immer gefragt, wo sie und Patrick sich getroffen haben«, murmelte sie. »Im Schloss ging das ja nicht. Da haben die Wände Ohren und die Steine Augen. Und sie waren bestimmt nicht nur im Lila. «
    »Ich hab dich das vor langer Zeit schon mal gefragt, Caro«, sagte ich. »Warst du in Patrick verliebt?«
    »Um Himmels willen, nein. Ich mag keine Jungs«, gestand sie. »Glaube ich wenigstens. Aber – ob ich Frauen mag, kann ich auch nicht sagen. Ich liebte Patrick, weil er ein wunderbarer Mensch war. Allerdings hatte ich nie Lust, mit ihm zu … schlafen.«
    »Das kommt alles noch«, tröstete ich sie. »Irgendwann siehst du einen Menschen und hast plötzlich das dringende Bedürfnis, dich in seine Arme zu kuscheln, seine Haut zu riechen, ihn anzufassen und dich anfassen zu lassen. Dann ist es egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist.«
    »Ist das dann Liebe?«
    »Nein«, lächelte ich. »Das ist Erotik. Lieben kannst du ja schon.«
    »Und hassen auch«, lächelte sie versonnen.

Liebe Grüße zum Geburtstag

    Sonntagmorgen. Ausschlafen bis zum Mittag. Als ich endlich aufgestanden war, saß Caro schon am Rechner.
    »Guten Morgen«, gähnte ich.
    »Heißer Kaffee steht in der Küche«, entgegnete sie, ohne die Augen vom Monitor zu nehmen.
    »Was gibt es denn Spannendes?«
    »Nichts. Ich schreib nur ein paar Mails an meine Freunde.«

    Ich frühstückte und duschte. Wenn ich jetzt allein gewesen wäre, hätte ich mich wieder im Bett verkrochen, gelesen und Musik gehört oder den Garten genossen. Mir wurde klar, dass ich auf Dauer niemanden um mich herum ertragen konnte. Auf dem Weg zur komischen Alten bin ich schon ziemlich weit, dachte ich.
    Was hatte die Durchsuchung des Liebesnestes in der City wohl ergeben? Ich musste den Vorsprung, den ich gegenüber den elektronischen Medien hatte, nutzen.
    »Jetzt haben wir die Chance, die Lindenthal wegen des Mordes an Lerchenmüller dranzukriegen«, berichtete Kleist bereitwillig. »Wir fanden eine Rizinuspflanze im Blumentopf, eine Injektionsspritze mit Rizinrückständen. Und einen Mörser. Eine echte Giftküche.«
    »War die Lindenthal noch da, als ihr aufgetaucht seid?«
    »Aber ja.« Er lachte. »Sie hatte den ganzen Kram schon in eine Tüte gepackt – vermutlich, um ihn verschwinden zu lassen.«
    »Dann hast du ja alles, was du brauchst!«

     
    Ich erzählte Caro von der neuerlichen Verhaftung. »Nur wegen Lerchenmüller?«, meinte sie. »Und was ist mit der Klasse?«
    »Caro! Man kann nicht alles haben. Das Massaker kann man ihr nun mal nicht nachweisen. Aber sie geht in den Knast – das ist sicher.«

     
    Fünf Wochen später hatte sich mein Leben wieder normalisiert. Die Schulferien waren vorbei. Caro war ausgezogen, Schloss Waldenstein hatte einen neuen Direktor bekommen und Lara Lindenthal wartete auf ihren Prozess.
    Caro und ich blieben in Verbindung. Sie bereitete sich intensiv auf ihr Abitur vor und hatte erkannt, dass sie doch nicht lesbisch war. Denn sie hatte sich in einen jungen Lehrer verguckt, der sein Referendariat auf Schloss Waldenstein absolvierte.
    Dann kam der Tag, an dem mich Wayne Pöppelbaum mitten in der Nacht anrief.
    »Ich habe eine Meldung über einen Todesfall reinbekommen«, berichtete er. »Ich dachte, dass sie dich interessieren würde.«
    »Tote interessieren mich doch immer«, gähnte ich.
    »Es ist Lara Lindenthal.«
    »Bitte?« Ich war mit einem Schlag hellwach. »Wie ist das passiert?«
    »Keine Ahnung«, antwortete er.
    »Wo bist du?«
    »Im UG, Treppenhaus.«

     
    Vierzig Minuten später war auch ich beim Untersuchungsgefängnis. Auf der Straße stand ein Leichenwagen, leer. Pöppelbaum lungerte mit der Kamera im Anschlag vor dem Gebäude herum. Friedemann Kleist grüßte mich mit einem kurzen Kopfnicken. Er hatte wohl auch schon geschlafen, denn sein dunkles Haar war verwuschelt und er hatte sein Hemd falsch zugeknöpft.
    »Kannst du schon etwas sagen?«, fragte ich, als er vor mir stehen blieb.
    »Diesmal muss ich dich wirklich vertrösten«, antwortete er.
    »Selbstmord?«
    »Dafür gibt es keine Anzeichen. Auch nicht für äußere Gewalt. Möglicherweise ist sie einfach gestorben. Wir müssen die Obduktion abwarten.«

     
    Das war wohl das Ende der Geschichte. Weder die Schüler noch Lerchenmüller würden gerächt
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