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Grappa und die keusche Braut

Grappa und die keusche Braut

Titel: Grappa und die keusche Braut
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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duschte lange. Schließlich war Samstag und ich hatte keine Pläne. Noch nicht.
    Kleist war auf seinem Handy erreichbar.
    »Hast du frei heute?«, fragte ich.
    »In etwa zwei Stunden«, antwortete er. »Ich schreibe den vorläufigen Abschlussbericht zu den Internatsmorden.«
    »Klappst du die Akte Lerchenmüller gleich mit zu?«
    »Nein. Da stecken wir noch mitten in den Analysen.«
    »Magst du zu mir kommen?«, fragte ich.
    »Ja. Ich hätte mal wieder Lust zu kochen. Alles, was wir brauchen, bringe ich vom Markt mit. Isst Caro mit?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete ich. »Sie hat das Haus verlassen. Wir haben Stress wegen Mobby.«
    Er lachte, als ich ihm die Geschichte erzählte.

     
    Caro hatte alles liegen und stehen gelassen. Ihr Laptop war noch angeschaltet. Natürlich schaute ich nach, was auf dem Monitor zu sehen war. Sie hatte zuletzt Medizinseiten aufgesucht.
    Ihr scheint es mit dem Berufswunsch Tierärztin wirklich ernst zu sein, dachte ich schon wieder versöhnt.

     
    Kleist war bepackt wie ein Maulesel. Ein Korb mit frischem Gemüse, eine Tüte mit Käsespezialitäten und eine französische Poularde.
    »Dann lass uns mal loslegen«, freute ich mich. Ich wusch den Gockel, würzte ihn und steckte den Kadaver auf den Hildo. Der tönerne Hähnchenbräter war ein Phänomen: Der Körper des Flattermanns wurde vertikal auf den kerzenförmigen Spieß gesetzt. So konnte man sich eine komplizierte Füllung schenken, und die Hitze wurde über den Spieß prima ins Innere des Tiers transportiert. Zwei Stunden bei hundert Grad und das weiße Fleisch würde von den Knochen fallen.
    Kleist zerstückelte das Gemüse. Er konnte wunderbar mit dem Messer umgehen. Mit der Geschwindigkeit eines Profikochs hackte er Zwiebeln, Möhren, Sellerie, Kohlrabi, Lauch und Kartoffeln.
    »In Butter gedünstet wird das ein Gedicht«, meinte er. »Aber es ist noch Zeit. Gäbe es vorher noch eine andere Möglichkeit der Entspannung?«
    »Erst stell ich die Poularde in den Backofen«, lächelte ich. »Die brät ja von allein.«
    »Gut. Aber dreh sie runter auf achtzig Grad. Dann dauert es länger.«
    Das hörte sich nach einem wunderbaren Vorschlag an.

     
    Drei Stunden später machten wir uns über die Poularde her. Die Haut war knusprig braun, das Fleisch weiß und saftig. Das gedünstete Gemüse und ein frisches Weißbrot rundeten das Mahl ab.
    »Hast du eigentlich bemerkt, dass wir die letzten Stunden kein Wort über die Morde verloren haben?«, fragte ich.
    »Ja, ich wundere mich auch, dass wir noch andere Themen haben«, nickte Kleist ernst.
    »Übers Wetter hatten wir ja schon mal gesprochen«, beruhigte ich ihn.
    »Und übers Kochen.«
    Ich ließ ein Stück von dem Flattermann in meinen Mund gleiten. »Wir reden also mehr miteinander als das durchschnittliche bundesdeutsche Ehepaar.«
    »Das gibt im Hinblick auf unsere Beziehung zu den schönsten Hoffnungen Anlass«, fuhr er spitzbübisch fort.
    Sein Handy klingelte.
    »Hast du Bereitschaft?«, fragte ich.
    »Eigentlich nicht.«
    Er drückte die grüne Taste und hörte zu. Er sagte nicht viel, der Gesprächspartner am anderen Ende lieferte offenbar einen Bericht.
    »Ich bin in einer halben Stunde da«, beendete er das Gespräch.
    »Was ist passiert?«, fragte ich.
    »Das war der Kollege, der die Lindenthal observiert«, antwortete Kleist – sich nachdenklich am Kinn kratzend. »Sie hat bemerkt, dass sie beschattet wird, und versucht, ihn abzuschütteln. Er hat so getan, als würde es ihr gelingen, ist aber drangeblieben.«
    »Und?«
    »Frau Lindenthal hat ein Zimmer zur Miete in einem mehr oder weniger einschlägig bekannten Appartementhaus in der City.«
    »Einschlägig?«
    »Die Kollegen von der Sitte nennen es Vögelkuckucksheim. «
    »Netter Name«, grinste ich. »Mit wem kuckuckt die Lehrerin denn da?«
    »Das werden wir herausbekommen«, meinte Kleist grimmig. »Und zwar sofort. Wenn wir erst einen Durchsuchungsbeschluss beantragen, hat sie Zeit genug, aufzuräumen. Deshalb brauchen die Kollegen mich. Ich kann die Regeln etwas leichter biegen. Sie ist noch dort. Ich muss los.«
    Ratlos blieb ich allein am Tisch sitzen und stocherte in meinem Essen herum. Zum Glück kehrte Caro zehn Minuten später nach Haus zurück. Ohne Mobby.
    »Hast du Hunger?«, fragte ich.
    Sie hatte und verdrückte zwei Poulardenschenkel. Ich schenkte uns einen Chardonnay aus Frankreich ein.
    »Lecker«, meinte sie. »Eigentlich esse ich ja kein Fleisch.«
    »Ja, als Tierfreundin sollte man das auch
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