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Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Titel: Grappa 16 - Rote Karte für Grappa
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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dachte, ich müsste sterben.
    Ich kramte nach dem Booklet und las das Gedicht.
    Das Mädchen:
    Vorüber! ach, vorüber!
    Geh, wilder Knochenmann!
    Ich bin noch jung, geh, Lieber!
    Und rühre mich nicht an.
    Der Tod:
    Gib deine Hand, du schön und zart Gebild,
    Bin Freund und komme nicht zu strafen.
    Sei gutes Muts! Ich bin nicht wild,
    Sollst sanft in meinen Armen schlafen.
    Ich drehte den Schubert leiser und rief Jansen an.
    »Ist was passiert?«, fragte er sofort.
    »Nein, alles paletti. Ich bin raus aus der Klinik«, teilte ich ihm mit. »Und Margit Sauerwald hat mir alles erzählt.«
    »Prima. Und was?«
    »Der Typ trug eine Maske und hatte offensichtlich auf sie gewartet.«
    »Das passt zum Serienvergewaltiger.«
    »Stimmt.«
    »Was hat er mit ihr gemacht?«
    »Das kannst du alles in meinem Artikel lesen. Ich muss erst mal die Informationen auswerten.«
    »Gut, Grappa. Waren die Eltern schon da?«
    »Noch nicht. Die sind irgendwo im Ausland, sagte der Arzt. Und die Bullen sind heute auch nicht aufgetaucht.«
    »Darf ich dich mal was fragen, Grappa?«
    »Darfst du, aber ich kann dir auch schon die Antwort auf deine Frage geben: Ich bin fit und kann ab morgen arbeiten.«
    »Das meinte ich gar nicht!«
    »Was denn?«
    »Warum hörst du nur immer diese Jammermusik? Da fällt man ja von einer Krise in die nächste. Leg dir doch mal eine nette Chill-out-Lala in den Player!«
    »Ich steh weder auf geistigen noch auf musikalischen Dünnschiss«, erklärte ich. »Außerdem stabilisiert Schubert meine Kampfkraft. Das Stück heißt nämlich Der Tod und das Mädchen. «
    »Das kenne ich!«, behauptete der Kulturbanause verwundert. »Aus einem Polanski-Film. Merkwürdig! Da ging es auch um eine Vergewaltigung.«

Bierstädter Fußball
    Natürlich wachte ich schon gegen sechs Uhr auf. Ich muss mich wieder an meinen Rhythmus gewöhnen, dachte ich. Ich kochte starken Kaffee, sah die Post durch und wartete. Anneliese Schmitz öffnete erst gegen sieben Uhr ihre Bäckerei und schüttete die dampfenden Brötchen in die Auslage.
    Ich schmiss mich in Jogginghose und Shirt und sah ziemlich ungebügelt aus – egal. Alle meine Freunde und Bekannten lagen jetzt noch in den Federn und es gab wohl kaum eine Chance, von ihnen mitleidige oder entsetzte Blicke zu ernten.
    Ja, es brannte Licht in der Backstube. Die Türklingel gab ihr übliches Schellen von sich, als ich eintrat.
    »Bin gleich da«, rief jemand. Ich stutzte: Die Stimme war eindeutig männlich. Schon bog ihr Besitzer um die Ecke. Der Mann war gerade mal dreißig, so schätzte ich, hatte Mehlstaub im dunklen Haar und den Körper eines Sportlers, wie ich mit Kennerblick feststellte.
    »Wo ist denn Frau Schmitz?«, fragte ich.
    »Frau Schmitz macht eine Schulung«, entgegnete er. »Ich bin die Vertretung. Was kann ich für Sie tun?«
    »Sie macht was?«
    »Einen Sprachkurs. Englisch, Brasilianisch und Japanisch.«
    »Warum denn das?«, fragte ich verdattert.
    »Wegen der Fußballweltmeisterschaft«, erklärte er. »Wegen der vielen Fans, die in die Stadt kommen.«
    »Und die holen sich hier die Brötchen?«
    »Nein. Tante Anneliese will belegte Brötchen und Kuchen auf der Straße verkaufen. Ganz nah am Kunden. Wir haben uns schon einen Verkaufswagen gemietet.«
    »Tante?«
    »Ich bin ihr Neffe und werde ihr im Sommer beim Verkauf helfen. Ich heiße Moritz Müller.«
    »Was heißt denn Mandelhörnchen auf Japanisch, Herr Müller?«, grinste ich.
    »Ach, Sie sind das!«, meinte er. »Die mit den Mandelhörnchen.«
    »Ja, genau die. Wann kommt Ihre Tante zurück?«, fragte ich.
    »In ein paar Tagen.«
    »Dann nehme ich erst mal zwei Brötchen«, sagte ich. »Und Brot brauche ich auch.«
    Ich blickte auf die Stelle, an der mein Gesundheitsbrot zu liegen pflegte. Auf dem Schild unter den Laiben stand Bierstädter Fußball.
    »Ist das das Brot, das früher mal Drei-Körner-Kruste hieß?«
    »Exakt. Ich habe es umgetauft. Wegen der Fußballweltmeisterschaft.«
    »Super Marketingstrategie«, meinte ich. »Sie haben echt was auf dem Kasten, junger Mann.«
    »Alles wird nach und nach umbenannt«, erklärte der Neffe. »Ein Name, der mit Fußball zu tun hat, und alles geht ab wie Schmitz' Katze.«
    Er nahm die Kugel vom Brett. »Aber es schmeckt genauso, wie Sie es gewohnt sind.«
    »Das will ich hoffen«, brummte ich.
    »Fünf Euro zwanzig«, sagte er und umhüllte die Fußballkugel mit Papier.
    »Haben Sie etwa die Preise erhöht?«, fragte ich. Früher hatte ich für zwei Brötchen und
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