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Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Titel: Grappa 16 - Rote Karte für Grappa
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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mein Brot fünfzig Cent weniger bezahlt.
    »Alles wird teurer durch die WM«, behauptete er.
    »Verstehe!« Ich zückte mein Portmonee, kramte nach den Münzen und legte sie ihm passend auf die Theke.
    »Danke und schönen Tag noch«, rief er mir nach.
    »Ihnen auch. Eine Frage habe ich aber doch noch.« Ich drehte mich wieder zu ihm um. »Was muss ich denn künftig verlangen, wenn ich meine Mandelhörnchen haben will?«
    Auch Frau Schmitz mischte also mit beim großen Spiel um Tore, Ruhm und Kohle. Mir schwante, dass sie nicht besonders erfolgreich sein würde, denn die Pfründe waren sicherlich schon längst aufgeteilt. Im WM-Stadion regierte eine Feinkostkette aus München, ein Massen-Caterer und ein USA-Fastfood-Unternehmen fütterten das einfache Volk ab.
    Ich stellte mir Anneliese Schmitz und ihren Neffen Brötchen schmierend zwischen Fußballfans und Hooligans vor und musste lachen. Für einen augenzwinkernden Artikel taugte diese Schau allemal!
    Beim Frühstück las ich alles quer, was mir Peter Jansen über die Serienvergewaltigungen ins Krankenhaus mitgebracht hatte. Die Ermittlungskommission hatte sich nach jahrelanger Arbeit aufgelöst, der Fall war ziemlich mysteriös. Auf einem Zeitungsfoto war die ehemalige Leiterin der Sonderkommission abgebildet. Beate Schlicht arbeitete inzwischen in einer anderen Stadt, deshalb war sie mir in Bierstadt noch nicht über den Weg gelaufen.
    Sechzehn Frauen waren von dem Unbekannten in den vergangenen zwölf Jahren vergewaltigt worden, fünf konnten ihn in die Flucht schlagen – entweder durch heftige Gegenwehr oder weil zufällig Spaziergänger auftauchten.
    Er überfiel seine Opfer von hinten, setzte ihnen ein Schweizer Messer an den Hals und brachte sie so dazu, das zu tun, was er wollte.
    DNA-Material gab es ohne Ende, die Spuren wiesen eindeutig auf ein und denselben Täter hin. Was ungewöhnlich war: Er hatte ein Gesicht und doch wieder keins.
    Es existierten sechs verschiedene Phantombilder von dem Mann, die keinerlei Ähnlichkeit miteinander hatten. Hauptkommissarin Beate Schlicht erklärte das in einem Zeitungsinterview so: Er versetzt die Frauen mit dem Messer in Todesangst – ein Gefühlszustand, der die Wahrnehmung auf die Überlebensnotwendigkeiten verengt.
    Auf Deutsch hieß das: Der Schock trübt die Beobachtung. Ich machte mir kurze Notizen zu den einzelnen Fällen und mir fiel auf, dass Margit Sauerwald erzählt hatte, dass der Täter beim Überfall eine Maske getragen habe. Kein anderes Opfer hatte eine Maske erwähnt.
    Ich las die letzten Berichte: Eine dreiundzwanzigjährige Studentin war im Winter in der Nähe eines kleines Bahnhofs überfallen worden, konnte sich aber retten, weil sie sich heftig wehrte. Alle Opfer hatten ausgesagt, dass der Mann einen Ruhrgebietsdialekt sprach, alle hatten bemerkt, dass er nach Schweiß und Nikotin stank. Die Tatorte ähnelten sich, waren immer in der Nähe von Bushaltestellen oder Bahnhöfen angesiedelt.
    Hauptkommissarin Beate Schlicht wurde im Bierstädter Tageblatt so zitiert:
    An den Haltestellen wird er vermutlich seine Opfer zum ersten Mal sehen. Um nicht aufzufallen, vermeidet er es, dort stundenlang herumzulungern. Seine ›Jagd‹ ist daher zeitaufwändig. Sie findet zu einer Tageszeit statt, wenn nur wenige Menschen unterwegs sind. Das sind Zeiten, in denen er für sein soziales Umfeld nicht erreichbar ist. Das sind Zeiten, die auffallen müssten.
    Doch niemandem war aufgefallen, dass der Täter stundenlang auf der Pirsch war. Entweder lebte er allein oder er hatte eine gute Ausrede parat. Jemand, der beruflich reist, jemand, der woanders wohnt und für seine Vergewaltigungen extra ›anreist‹.
    Die Ermittler hatten die gesamte Polizeimaschinerie in Bewegung gesetzt, zehntausend Männer mussten Speichelproben abgeben, herausgekommen war nichts – außer Protesten der Datenschützer, heftiger Schelte von Opfern und deren Angehörigen und der Schrift gewordenen Häme der Journaille.
    Die Staatsanwaltschaft hatte gerade mal 1.500 Euro Belohnung für Hinweise auf den Täter ausgesetzt. Über zehn Jahre Angst und Schrecken waren dem Staat gerade mal 1.500 Euro wert.
    Jetzt hatte der Täter vielleicht den Fehler seines Lebens gemacht, indem er sich ein Prominenten-Töchterlein als Opfer ausgesucht hatte.
    Da ich mich für Fußball und die damit zusammenhängenden Merkwürdigkeiten überhaupt nicht interessierte, hatte ich noch nie mit Dr. Marcel Sauerwald zu tun gehabt.
    Trotz häufiger
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