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Grappa 09 - Grappa-Baby

Grappa 09 - Grappa-Baby

Titel: Grappa 09 - Grappa-Baby
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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stellte ich mich vor, »und das ist mein Stiefbruder Thorsten. Es geht um unsere Tante – aber das sagte ich ja bereits.«
    »Kommen Sie.« Die Angestellte ging voran, und wir gelangten in eine große, hohe Halle mit gediegener, teurer Einrichtung.
    »Einen Augenblick noch«, lächelte die Empfangsdame. »Ich werde eine unserer Honorarkräfte bitten, Sie durchs Haus zu führen. Außerdem werde ich für Sie eine Mappe zusammenstellen, die Sie mitnehmen können, wenn Sie wieder gehen.«
    »Vielen Dank, das ist sehr freundlich«, strahlte ich die Maus an. »Ihr Haus macht einen guten Eindruck – das sehe ich auf den ersten Blick. Nicht wahr, Thorsten?« Ich boxte Frank meinen Ellenbogen in die Seite.
    »Jaja ... ganz toll«, stammelte er.
    »Mein Stiefbruder fühlt sich nicht besonders wohl«, plapperte ich. »Er schlägt nach unserer Tante – manisch-depressiv – Sie verstehen? Die einzige Normale in unserer Familie bin ich. Kleiner Scherz, was, Thorsten?«
    Frank grinste gequält.
    Endlich rückte unser Führer an. Er war ein unauffällig gekleideter junger Mann, zum Glück schmächtig und ziemlich klein, das richtige Format für die Unterbringung in einer Besenkammer. Das Außergewöhnlichste an ihm war die Frisur, die nach Hundesalon aussah.
    »Guten Tag, ich bin Thorsten«, begrüßte er uns.
    »Ach, wie ulkig«, meinte ich. »Mein Bruder heißt auch so. Dann wollen wir mal, oder?«
    Ich nickte der Frau am Empfang huldvoll zu, dann trotteten wir hinter Thorsten her.
    Zunächst ging's eine breite Holztreppe hinauf, die zu einem Flur führte, an dessen Seiten wohl die Zimmer der Patienten lagen.
    Thorsten öffnete eins von ihnen mit einem Generalschlüssel. Es war hell und gemütlich eingerichtet, hatte mit einem Krankenzimmer nichts gemein. Lediglich die Klinke am Türinneren war durch einen schön geschnitzten Knauf ersetzt worden, und die Fenster waren absturz- und fluchtsicher vergittert.
    Das Tuten erklang.
    »Was ist das denn?«, fragte ich.
    »Gleisbauarbeiten«, erklärte unser Führer, »nur eine kleine Belästigung, die nicht mehr sehr lange dauern wird. Gefällt Ihnen das Zimmer?«
    »Sehr schön«, lobte ich. »Das richtige für Tante Rosi, oder?«
    Frank nickte stumm.
    »Welche Leiden haben Ihre Patienten?«, fragte ich.
    »Meist psychische Probleme«, antwortete Thorsten. »Depressionen, Nervenleiden, viele erholen sich in unserem Hause nach Nervenzusammenbrüchen oder persönlichen Krisen. Wir versuchen, nicht nur ärztlich zu behandeln, sondern auch eine entspannte und harmonische Atmosphäre zu schaffen.«
    »Die reinste Sommerfrische«, strahlte ich. »Fast wie ein Urlaub. Gibt es einen Garten?«
    »Wir haben hinter dem Haus einen sehr großen Park«, erklärte der Führer. »Ich möchte Ihnen jetzt den Speisesaal zeigen. Kommen Sie?«
    Thorsten ging vor, steckte den Schlüssel wieder ins Schloss und öffnete. Diesmal hatte ich keine Lust, die gediegene Einrichtung zu loben, denn es wurde Zeit, etwas zu unternehmen.
    »Wir müssen seinen Schlüssel haben«, flüsterte ich Frank zu, als Thorsten das Fenster öffnete, denn die Luft war etwas stickig.
    Ich bemerkte, dass der lange Holztisch, an dem die Patienten angeblich täglich speisten, von einer ganz feinen Staubschicht bedeckt war. Hier hatte in den letzten Tagen niemand seinen Teller drauf gestellt.
    »Soll ich ihn niederschlagen?«, flüsterte Frank zurück. Sein Blick hatte sich an einem Kerzenleuchter aus Messing festgesaugt.
    »Bloß nicht«, warnte ich. »Zu viel Blut – außerdem sollten wir die Verluste in Grenzen halten. Es reicht, wenn wir den Burschen knebeln und in irgendeinem Raum deponieren.«
    »Gleich hier?«
    »Später. Zuerst soll er uns noch weiter rumführen.«
    Thorsten näherte sich uns erneut. »Hier muss mal ein bisschen Luft rein.«
    Ich trat auf ihn zu. »Frische Luft ist was Feines«, sagte ich und drückte ihm die Pistole in die Seite. »Wenn Sie keine Zicken machen, dann passiert Ihnen nichts.«
    Thorsten guckte verdutzt auf das Schießeisen und hielt erst mal den Mund.
    »Keinen Mucks, ist das klar?«, legte ich nach.
    »Was wollen Sie?«, stammelte er.
    »Das Haus sehen – und zwar auch die Stellen, die nicht auf dem Besucherprogramm stehen. Die Zimmer mit den Patienten, die nicht heraus dürfen. Brigitte Burger zum Beispiel. Oder Kristin Faber.«
    »Ich kenne keine Frau Burger und keine Frau Faber«, sagte Thorsten störrisch.
    »Kein Problem. Dann suchen wir sie eben gemeinsam«, beschloss ich und stubste
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