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Grandios gescheitert

Grandios gescheitert

Titel: Grandios gescheitert
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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Hallenser Andreas Libavius, der an den Universitäten in Wittenberg und Jena studierte und später in Basel, Jena und Rothenburg ob der Tauber wirkte. Sein Werk Alchemia aus dem Jahr 1597 gilt als erstes systematisches Lehrbuch der Chemie – aber es enthält auch eine Stelle, in der der Professor die Transmutation beschreibt, also die Herstellung von Gold oder Silber. Darüber hinaus spricht Libavius von der Beschaffenheit des Steins der Weisen und ergeht sich in Schriftmystik.
    Alchemie wurde in verschiedenen Kulturen praktiziert; sowohl in China und Indien als auch im alten Ägypten und der hellenistischen Welt befassten sich Gelehrte mit ihrer Theorie und Praxis. Ob sich dies unabhängig voneinander vollzog oder Lehren und Vorstellungen durch kulturellen Austausch weitergegeben wurden, ist eine strittige Frage. Für die arabische Alchemie und die des lateinischen Mittelalters lieferte Aristoteles das Lehrgebäude von der Beschaffenheit der Natur. Er sah als unteilbare Grundstoffe der Natur vier Elemente am Werk: Feuer, Wasser, Erde und Luft, die jeweils zweien der Qualitäten warm und kalt, trocken und feucht zugeordnet waren. Dazu gesellt sich die Urmaterie, die weder Form noch Eigenschaften besitzt. Die Elemente lassen sich ineinander umwandeln, dabei muss eine der Qualitäten sich verändern: Feuchtes Wasser beispielsweise wird dann zur trockenen Luft. Den Alchemisten galt diese Vier-Elemente-Theorie als Beleg dafür, dass die Transmutation eines Metalls in ein anderes möglich sein musste. Die griechische Metallkunde zählte sieben Metalle, die jeweils einem der fünf damals bekannten (weil mit bloßem Auge erkennbaren) Planeten plus Sonne und Mond zugeordnet wurden. Die Zuordnungen veränderten sich ebenso wie das, was unter die Metalle gezählt wurde, aber stets wurde Silber mit dem Mond – und Gold, natürlich, mit der Sonne assoziiert. Nach damaliger Auffassung waren Gold und Silber vollendet, bestanden aber wie die anderen Metalle aus zwei Grundstoffen: Schwefel und Quecksilber, Letzteres vorherrschend beim Silber, Ersteres beim Gold. Da war es eben noch ein weiter Weg bis zum Periodensystem, mit dem heutige Chemielehrer ihre Schüler traktieren und das in Gruppe 11 mit der Ordnungszahl 79 und unter dem Symbol Au das Gold als eigenes Element führt, während Schwefel oder Quecksilber eigenständige Elemente mit anderen Eigenschaften sind.
    Das westeuropäische Mittelalter erfuhr von der Alchemie indirekt über die Araber; Zentren der Vermittlung waren das islamisch beherrschte Sizilien und Spanien, dort vor allem die Übersetzerschule von Toledo. Ein Großteil des antiken Wissens war nach dem Untergang des Römischen Reiches für das lateinische Europa verloren gegangen, zu groß waren der Bruch und die Erschütterungen im Zeitenwandel der Völkerwanderung. Der Islam bewahrte das reiche Wissen der Antike und gab es, mit tatkräftiger Unterstützung der europäischen jüdischen Kultur, seit der Wende zum 12. Jahrhundert n. Chr. an das christliche Mittelalter weiter. Bereits 1144 veröffentlichte der in Spanien wirkende Engländer Robert von Chester das älteste der als Übersetzung aus dem Arabischen bekannten Werke zur Alchemie des Römers Morienus. Um 1200 übersetzte Alfredus Anglicus – Alfred der Engländer – einen rund zwei Jahrhunderte alten arabischen Text, der dem persischen Arzt und Gelehrten ibn Sina, latinisiert Avicenna, zugeschrieben wurde. Er wurde zu einer der grundlegenden theoretischen Schriften zum Thema Metallherstellung und -umwandlung, basierend auf der Naturtheorie des Aristoteles. Umso mehr Interesse die Alchemie fand, traten neben die Übersetzung antiker Werke zum Thema nunmehr auch zeitgenössische Texte. Einige Bücher fanden weite Verbreitung, mitunter weil sie die Autorenschaft berühmter Autoritäten reklamierten, wenngleich eine solche gar nicht bestand.
    Diese Verbreitung und Fortentwicklung alchemistischer Lehren im Allgemeinen und von der Möglichkeit, aus unedlen Metallen Gold oder Silber herzustellen, im Besonderen bildete die eine Bedingung für den Aufschwung der alchemistischen Praxis. Das Interesse des mittelalterlichen Europa an dieser Kunst bedingten aber ebenso die Zeitumstände: Im 13. Jahrhundert wuchs angesichts eines bemerkenswerten kulturellen wie wirtschaftlichen Aufschwungs die Bedeutung von Metallen, sodass man damit zu experimentieren begann und Alchemisten wichtige Beiträge für die Fortschritte in der Metallurgie leisteten. In krisenhaften Zeiten
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