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Grandios gescheitert

Grandios gescheitert

Titel: Grandios gescheitert
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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falschen Gold gar Münzen schlug und in Umlauf brachte, sollte »all seinen Besitz verlieren und zeitlebens als ehrlos gelten«. Allerdings zielten Verbote zumeist auf Betrüger ab, seltener auf die Alchemie als solche.
    Zuvor schon hatten Ordensversammlungen der Franziskaner und Dominikaner, damals in Glauben und Wissenschaft die maßgeblichen Autoritäten, ihren Mitgliedern alchemistische Betätigung strengstens untersagt und das Verbot immer wieder bestätigt – was im Umkehrschluss bedeutet, dass es immer wieder Verstöße gegen das Verbot gab und man sich daher genötigt sah, es zu wiederholen. Gegen entsprechende Verlockungen war auch die Geistlichkeit keineswegs gefeit.
    Im Unterschied zu den obersten Kircheninstanzen interessierten sich zahlreiche Fürsten aber durchaus für die Alchemie – vor allem wegen der verlockenden Aussicht, mit den richtigen Experten bei Hofe genügend Geld zu produzieren, um im Handumdrehen den eigenen monetären Bedarf zu decken. Und wenn die Goldherstellung nicht gelang, begnügte man sich durchaus auch mit der Geldverschlechterung durch gestrecktes Gold. Interessanterweise sind es im 14. Jahrhundert insbesondere der französische und der englische Hof, die sich um das päpstliche Verbot nicht weiter scherten. Paris und London befanden sich in einem andauernden Zwist, der schließlich in den langwierigen und überaus kostspieligen Hundertjährigen Krieg mündete. Vom englischen König ­Edward III. ist aus dem Jahr 1329 ein Befehl erhalten, demzufolge John le Rous und Wilhelm von Dalby nach London geschafft werden sollten – mit oder ohne ihre Zustimmung. Dem König waren die alchemistischen Fähigkeiten der Männer zu Ohren gekommen. Da sie »mit ihrer alchemistischen Kunst, Silber herzustellen, imstande sind«, sollten sie »mit dieser Kunst uns und unserem Reich durch die Herstellung solchen Metalls viel Gutes tun können«.
    Einige Jahrzehnte später engagierte auch Karl V. von Frankreich den Alchemisten Tommaso von Bologna, auf dass dieser für ihn Gold herstelle. Da tobte zwischen England und Frankreich bereits der Krieg, und zum Kräftemessen gehörte, dass man sich gegenseitig mit minderwertigem Geld das Leben schwer machte. Das ruinierte natürlich auch die eigene Währung, wie sich unter Edwards Nachfolgern Heinrich VI. und VII. erweisen sollte, die ein Jahrhundert später ebenfalls die Dienste von Alchemisten in Anspruch nahmen. Daher erließen auch Könige entsprechende Verbote, wenn Falschmünzer es gar zu bunt trieben, ähnlich verfuhr die Republik Venedig 1488 und die Reichsstadt Nürnberg 1493, die in ihrem Dekret ausdrücklich zwischen anständiger und betrügerischer Alchemie unterscheidet und für Letztere 50 Gulden Strafe oder die Ausweisung aus der Stadt verfügte. Dennoch, die Liste von Fürsten als Auftraggeber von Alchemisten ist lang und reicht von diversen Kaisern des Heiligen Römischen Reiches über die Medici, spanische und ungarische Könige, sächsische, pfälzische und brandenburgische Kurfürsten; aber auch kleinere Potentaten in Braunschweig-Wolfenbüttel, Württemberg oder Hessen-Kassel versuchten ihr Glück. Einige betätigten sich gar selbst als Alchemisten – und keineswegs nur aus Goldgier, sondern oft auch als echte Forschernaturen.
    Aus der Zeit des Barock sind besonders viele Fälle von Fürsten-Alchemie überliefert. Das rührt daher, dass die Herrscher dieser Epoche wegen unaufhörlich steigender Ausgaben für Rüstung und Hofhaltung nie genug Geld zu haben schienen. Für Alchemisten war die Arbeit für einen Fürsten stets heikel, wenn er in der Erwartung stand, Gold herzustellen. Stellvertretend für zahlreiche Schriften warnte das Libellus de Alchimia : »Die siebte Vorschrift lautet, dass du dich vor allem davor hüten sollst, dich für irgendwelche alchemistischen Arbeiten mit Fürsten oder Herrschern einzulassen, zweier Gefahren wegen: Wenn du dich mit ihnen einlässt, dann kommen sie immer wieder zu dir und fragen: Meister, kommt ihr denn voran? Wann werden wir irgendeinen Erfolg zu sehen bekommen? Und da sie das Ende der Arbeit nicht erwarten können, sagen sie, es sei nichts, alles Schwindel, und du wirst das Nachsehen haben. Denn wenn du nicht zu einem guten Ende kommst, ziehst du dir ihren ewigen Unmut zu. Solltest du aber das Ziel erreichen, werden sie dich für immer halten wollen und nicht mehr gehen lassen.«

Das »weiße Gold«: Porzellan
    Die Verlockung, von goldgierigen Herrschern reich entlohnt zu werden, rief
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