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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Autoren: Yang Jisheng
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Eingreifen der chinesischen Führungsebene zurückzuführen war. All das erhöhte die Stellung Mao Zedongs und der Kommunistischen Partei im sozialistischen Lager enorm. Damals hatte Mao bereits begonnen, aus der Warte eines Führers die Probleme dieses Lagers zu überdenken. In genau dieser Situation kam Mao im November 1957 zum zweiten Mal nach Moskau.
    Auf der großen Tagung zum 40. Jahrestag der Oktoberrevolution kam es nur bei der Rede von Mao Zedong zu Standing Ovations. Sonst standen bei allen Delegiertenkonferenzen der kommunistischen Parteien der verschiedenen Länder die Redenden immer auf einer Tribüne und verlasen die von ihren Zentralkomitees abgesegneten Berichte, nur Mao blieb auf seinem Stuhl sitzen und hielt eine Rede aus dem Stegreif.
    Auf dieser Konferenz in Moskau wurde Mao fast zu einem zweiten Gastgeber und unter den Führungsleuten der Osteuropäischen Parteien betrieb er Lobbyarbeit, um den Konflikt zwischen ihnen und den Sowjetkommunisten zu lösen. Wenn man sagt, früher sei der Sowjetunion natürlicherweise die Führungsfunktion im sozialistischen Lager zugefallen, so schien Mao in dieser Zeit zu Chruschtschow aufgeschlossen zu haben. [928]  
    Chruschtschow hatte auf der 20. Vollversammlung der KPdSU die Fehler Stalins bloßgestellt und kritisiert, was Mao teils freute, teils mit Sorgen erfüllte. Es freute ihn, weil damit der Säulenheilige, der über ihm gethront hatte, gestürzt war und seine Stellung in der Komintern sich verbesserte. Es erfüllte ihn mit Sorge, weil die Kritik an Stalin eines Tages auch ihm selbst würde gefährlich werden können, denn er war ja der Stalin Chinas. Deshalb wurde am Ende die Sprachregelung festgelegt, dass Stalins »Verdienste größer waren als seine Fehler«.
    Mao war dagegen, dass Chruschtschow die »beiden Messer des Leninismus und des Stalinismus« aus der Hand gab. In Wirklichkeit aber konnte das auch dem damaligen Gesellschaftssystem Chinas gefährlich werden.
    Während Mao von seiner Führungsrolle in der Komintern träumte, initiierte Chruschtschow einen friedlichen Wettstreit mit den kapitalistischen Staaten und gab die Parole aus, in 15 Jahren Amerika überholen zu wollen. Mao Zedong wollte nicht zurückstehen und gab das Kampfziel für China vor: »In fünfzehn Jahren können wir England einholen oder überholen.«
    Im August 1958 sagte er zudem: »Wir brauchen keine zwanzig Jahre und aus der Sowjetunion kann man zwei und aus uns vier Amerikas machen.« Manche Forscher glauben, Mao habe den Großen Sprung nach vorn nicht nur aus innenpolitischen Gründen, sondern auch wegen der Komintern in die Wege geleitet. Er wollte der Führer der Kommunistischen Internationale werden. [929]  
    Doch die Führung der Sowjetkommunisten blieb bei ihrer kritischen Haltung dem Großen Sprung und den Volkskommunen gegenüber. Was Mao dazu gebracht hat, Moskau offiziell den Krieg zu erklären, waren eben dieser Zweifel, die Missachtung und die Kritik der sowjetischen Führung dem Großen Sprung und den Volkskommunen gegenüber. Der erste Kanonenschuss, den Mao in Richtung Sowjetkommunisten abgab, konzentrierte sich auf Begriffe wie »friedliche Koexistenz« und »friedlicher Übergang«. Im April 1960 veröffentlichte das Zentralkomitee drei Artikel mit dem Titel »Lang lebe der Leninismus«, die direkt gegen das ZK der Sowjetkommunisten gerichtet waren.
    Die harsche Kritik an den Sowjetkommunisten und Chruschtschow konnte nicht unbeantwortet bleiben. Am 24. Juni 1960 haben die kommunistischen Parteien der sozialistischen Staaten und die Vertreter der Arbeiterparteien in Bukarest eine Tagung abgehalten. Diese Tagung kritisierte, mit Chruschtschow an der Spitze, die politische Ausrichtung der Kommunistischen Partei Chinas. Aus diesem Grund wurde der antirevisionistische Kurs der KPCh immer entschlossener. Das Wort von den »Sowjetrenegaten« war in China in aller Munde. Das und der »rechte Opportunismus« waren komplementäre Begriffe.
    Mao Zedong hat einmal gesagt, Peng Dehuai sei ein Revisionist. Später hat er diesen Hut auch Liu Shaoqi aufgesetzt. Anfang der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts machte Mao den »Kampf gegen den und die Abwehr des Revisionismus« zu einer ausgesprochen wichtigen politischen Pflicht.
    1963, so kann man sagen, war das »Jahr des Antirevisionismus«. Das Zentralkomitee organisierte eine »Antirevisionistische Führungsgruppe des ZK«, deren Leiter Deng Xiaoping war. Sie residierte im Staatsgästehaus Diaoyutai; zwischen
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