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Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Titel: Grablichter - Almstädt, E: Grablichter
Autoren: Eva Almstädt
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Die kühle, feuchte Luft fühlte sich an wie ein Tauchbad. Einen Moment lang blieb sie schwer atmend auf der rauen Teerpappe liegen, dann erinnerte sie sich an das Brennholz, das darunter lagerte. Sie zog ihre Jacke vom Fenstersims zu sich herunter und tastete sich auf Händen und Knien zum Ende des Daches. Da sie sich nicht an der verbogenen Regenrinne festhalten wollte, sprang sie das letzte Stück in die Tiefe. Der Schmerz des Aufpralls fuhr ihr in Knöchel und Knie – und signalisierte ihr, dass sie es geschafft hatte!
     
     
    Die Silhouetten der kahlen Bäume rund um das Haus waren schwarz, der Nachthimmel samtgrau. Weit in der Ferne sah sie zwei rote Lichtpunkte die Tiefe Trift hinunter verschwinden. Pia hatte jedoch keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wer das gewesen sein mochte. Sie musste Gerlach suchen, und die Mühlberg, die immer noch in diesem Höllenkasten stecken konnten.
    Das Haus war nicht mehr zu retten, vermutete Pia. Bald würden Kirchhagens aufmerksame Bewohner den Lichtschein am Horizont sehen und Feuerwehr und Rettungskräfte alarmieren.
    Sie fand den schmalen Pfad, der sie neulich zu dem Schuppen geführt hatte, und tastete sich leicht humpelnd vorwärts. Im Gebüsch knackte ein Ast. Vor ihr bewegte sich etwas in der Dunkelheit. Es sprang auf sie zu und eine Hand griff fest an ihren Oberarm. Pia hätte nie gedacht, bei einer Begegnung mit Gerlach einmal so große Freude zu empfinden.
    »Pia, wie bist du rausgekommen? Kannst du hexen?«
    »Aus dem Fenster geklettert. Die Mühlberg sollte die Scharniere mal besser ölen!«
    Sie fielen sich in die Arme. Pia roch beißenden Rauch, vermischt mit der dezenten Note eines teuren Herrenparfüms. Sie blieben einen Augenblick lang so stehen, dann ließen sie sich abrupt wieder los, beide verlegen wegen des ungewohnten und irgendwie unpassenden Gefühlsausbruchs.
    Pia hatte sich schneller wieder im Griff. »Wo steckt Henriette Mühlberg?«
    »Die hockt da hinten, im Gebüsch. Ohne sie hätte ich es nicht geschafft.«
    »Habt ihr die zweite Treppe gefunden?«
    »Ja, wir sind in der Küche rausgekommen und dann durch einen Seitenausgang aus dem Haus gelangt. Die Mühlbergkeucht wie eine alte Dampflok. Sie braucht unbedingt ärztliche Hilfe.«
    »Ich glaube, die ist schon unterwegs«, sagte Pia und deutete auf die zuckenden blauen Lichter, die sich die Tiefe Trift entlang dem Haus näherten.
     
    Das Bestattungsinstitut lag in völliger Dunkelheit. Abweisend trotzte die Backsteinfassade mit den nachtblinden Fenstern dem aufdringlichen Verkehr auf der Hauptstraße. Es war noch gar nicht mal spät. Die letzten Pendler waren auf dem Weg von der Autobahn ins ländlich gelegene Eigenheim.
    »Hattet ihr ernsthaft erwartet, die Burmeisters vor dem Fernseher anzutreffen?«, raunte Broders seinen Kollegen zu. Pia und Gerlach, nach ihrem Erlebnis im Mühlbergschen Haus zwar angeschlagen, aber fest entschlossen, das vorletzte Kapitel der Ermittlung nicht zu verpassen, standen mit Gabler und Broders im Schatten der hohen Hecke, die Dettendorfs Grund und Boden vom Haus der Burmeisters trennte. Ihre Dienstwagen, ebenso wie die sie begleitenden Streifenwagen, standen außer Sichtweite des Hauses in der Pfarrstraße. Etliche Uniformierte waren einsatzbereit und bezogen rund um das Haus Position.
    Pia und Gerlach hatten die anderen über die jüngsten Entwicklungen im Fall Olsen unterrichtet. Es war an der Zeit, dass Simon Burmeister ihnen die Wahrheit erzählte. Laut Henriette Mühlbergs Aussage hatte er gelogen, als er der Polizei gegenüber behauptet hatte, den Mann auf dem Foto, Arnold Plessow, noch nie gesehen zu haben. Er war in die Ereignisse von vor dreißig Jahren verwickelt, und in den Mord an Lisanne Olsen wahrscheinlich auch. Henriette Mühlbergs Aussage belastete ihn schwer. Hatte er ihr sogar das Haus über dem Kopf angezündet? Wenn sie sofort zugriffen, konnten sie den mutmaßlichenTäter und Brandstifter vielleicht direkt nach der Tat stellen und zur Vernehmung bringen. Es war jedoch fraglich, ob sie ihn zu Hause antreffen würden, dachte Pia. Der Leichenwagen stand zwar auf seinem Platz, aber ein weiteres Fahrzeug fehlte.
    »Korittki und Broders nehmen den Hintereingang zu der Werkstatt, Gerlach und ich, wir versuchen es vorn. Alle anderen behalten Hof und Fenster im Auge. Los.«
    »Ich tippe darauf, dass er in seiner Werkstatt ist«, sagte Pia leise zu Broders, während sie im Schatten der Hecke zum Anbau hinter dem Haus gingen. Sie versuchte,
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